Am 20. September ist der Weltkindertag. In 146 Ländern der Erde wird er gefeiert, auch in Deutschland. Dort übrigens vor allem in Thüringen, denn in diesem Bundesland ist er ein gesetzlicher Feiertag. Irgendwas muss also dran sein. Nur was? Und was hat das mit Kultur zu tun? Klare Antwort: Erstmal nur wenig, aber letztlich sehr viel.
Wir beginnen mit einem Bekenntnis. Wenn man ein neues Kulturportal aufbaut - und es vielleicht „Kulturschnack“ nennt - dann denkt man viel über Rubriken und Formate nach, über Design und Marke. Natürlich diskutiert man auch über Zielgruppen und deren Ansprache. Aber geben wir es freimütig zu: Kinder gehörten dabei nicht zu unseren ersten Adressaten. Das allerdings hat wenig mit einer bewussten oder unbewussten Haltung zu tun, sondern viel mehr mit dem Prinzip "First things first“. Zunächst ging es um eine allgemeine Ansprachen für alle. Ausdifferenzierungen in irgendwelche Richtungen waren zunächst nicht geplant.
Absolut auf Augenhöhe
Und dennoch war unausgesprochen von Anfang an klar: Kinder spielen bei uns eine Rolle! Und zwar: gleichberechtigt mit den Erwachsenen. Das heißt: Wir bauen keine kunterbunte Kleckser-Kategorie auf, um zu demonstrieren, dass es nun aber wirklich, wirklich um Kinder geht. Nein, die Beiträge über sie - und Projekte, die sie betreffen - stehen in einer Reihe mit allen anderen. Weil wir glauben, dass sie genau dort hingehören.
Warum? Man muss an dieser Stelle Sätze aufschreiben, die eigentlich total banal sind, aber trotzdem immer wieder in Vergessenheit geraten: Kinder sind unsere Zukunft. Sie müssen sich mit dem rumschlagen, was wir ihnen hinterlassen. Und sie haben dabei (nur) die Möglichkeiten, die wir ihnen geben. Na dann viel Erfolg, ne?
Behält man das im Kopf - was könnte man anderes tun, als sie ernst zu nehmen? Als ihnen zuzuhören, wenn sie etwas sagen. Als ihnen Chancen einzuräumen - und zu respektieren, was sie daraus machen? Wir sind in dieser Hinsicht ganz sicher nicht perfekt. Aber wir geben uns Mühe, genau das zu tun. An dieser Stelle ein Shout out an Thüringen: Mit dem 20. September haben sie dort einen sehr geeigneten Termin zum Feiertag erklärt. Daran werden wir denken am 31. Oktober.
GESCHICHTE DES WELTKINDERTAGS Die 9. Vollversammlung der Vereinten Nationen am 21. September 1954 war die Geburtsstunde des Weltkindertages. Damals empfahl sie ihren Mitgliedsstaaten, einen weltweiten Kindertag einzurichten. Drei Ziele wurden damit verfolgt:
Die Idee stieß auf breite Zustimmung, der „Universal Children’s Day“ war geboren und bereits ein Jahr später beteiligten sich 40 Länder daran. Heute wird der Weltkindertag in mehr als 145 Staaten gefeiert. Die Art und Weise der Umsetzung sowie die Wahl eines geeigneten Datums stellte die Generalversammlung den UN-Mitgliedsstaaten frei. Deutschland entschied sich für den 20. September. Über lange Jahre wurde der Weltkindertag in Deutschland von der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen. Erst seit 1989, als das Deutsche Kinderhilfswerk begann, diesen Tag mit einem Kinder- und Familienfest zu feiern und auch politische Forderungen zur Durch- setzung der Kinderrechte zu erheben, begann der 20. September, sich in der Bundesrepublik zu etablieren. Inzwischen werden in mehr als 400 Städten und Gemeinden Kinder- und Familienfeste gefeiert, Ausstellungen gezeigt, Diskussionen von Kindern mit Politikerinnen und Politikern über die Kinderfreundlich- keit in ihrer Kommune geführt usw. Besonders diese gemeinsamen Anstrengungen sind es, die den Weltkindertag inzwischen zu einem bundesweit viel beachteten Ereignis gemacht haben. Quelle: Deutsches Kinderhilfswerk e.V.
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Da geht noch mehr
Natürlich macht es Sinn, Beiträge über und für Kinder besonders zu kennzeichnen. Schließlich gibt es ja Fälle, in denen man genau das - und nur das - sucht. Deswegen werden wir in Zukunft sicher eine Filterfunktion einbauen. Trotzdem bleiben wir dabei: Kultur für Kinder - und von Kindern - darf durchaus auf Augenhöhe mit unserer ach-so-elaborierten Erwachsenen-Sicht auf die Dinge stehen. Denn wie Kinder die Welt interpretieren, mag im Vergleich zwar einfacher sein - dafür aber auch kreativer, lustvoller, fantasiereicher, unbekümmerter, gutgläubiger. Und all das kann uns, die wir in verkrusteten Strukturen denken und handeln, nur gut tun.
Darüber hinaus entwickeln Kinder und Jugendliche auch ganz eigene Kunstformen, die wir Erwachsenen niemals ganz nachvollziehen können (und deshalb gern als Kinderkram abtun). Das ist eine ganz eigene Spielart der Kultur, die aus anderen Voraussetzungen eigene Ergebnisse kreiert. Sind die weniger kenntnisreich, ausgebildet, reflektiert? Mag sein. Aber hat das Einfluss auf die Qualität? Nicht unbedingt. Beziehungsweise: wahrscheinlich überhaupt nicht, weil es schlicht eigene Maßstäbe gibt. Und deswegen bleiben Kinder und Jugendliche nicht nur als Zielgruppe, sondern auch als Künstler:innen überaus spannend.
Fromme Worte? Ja, aber immerhin mit Taten untermauert. In den letzten Wochen und Monaten haben wir über schon einiges über Kinder- und Jugendtheater geschrieben, sogar mehrmals, und wir haben Institutionen vorgestellt, die sich insbesondere der Zielgruppe Kinder widmen und wir haben dem Bundeswettbewerb „Jugend musiziert“ sehr viel Raum gegeben. Selbst bei Street Art Festivals haben wir geschaut, was der Nachwuchs macht. Und natürlich hatten wir am Zukunftstag auch jemanden zu Gast. Klar: Da geht noch mehr. Geht es immer. Aber eines ist hoffentlich deutlich geworden: Kinderkram ist für uns kein Kinderkram - sondern eine Herzenssache.
Infantilisten an die Macht
Bisher waren Begriffe wir Kinderkram und Infantilismus eher abwertend konnotiert. Als könne von den Jüngsten nicht viel Kluges kommen. Wir sehen das anders. Der „Zauber der Jugend“ ist mehr als ein Selbstzweck, wir können gesamtgesellschaftlich davon profitieren.
Auf dem Kulturschnack werden wir Projekte von und mit Kindern und Jugendlichen weiterhin aufgreifen wie alle anderen auch. Und wenn uns jemand fragt, werden wir jederzeit davon berichten, wie wichtig uns das ist. Weil die Kinder die Künstler:innen und Kulturkonsument:innen von morgen sind; vor allem aber, weil ihre Meinungen, Gedanken und Hoffnungen wichtig sind - für uns alle. Sind wir deshalb Infantilisten? Vielleicht. Aber das sind wir gern, denn die müssen an die Macht.
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