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ALLE SIND ANDERS

Normal: ein schnödes Wort, weitgehend emotionsfrei, aber trotzdem tagtäglich zigfach gebraucht. Aber wofür steht es eigentlich genau? Was ist normal? Und was ist, wenn's anders ist? Unnormal, abnormal? Ihr merkt es sicher auch: Diese Begriffe klingen eher negativ. Ist es etwa falsch, nicht normal zu sein? In ihrer neuesten Produktion haben sich das Blauschimmel Atelier, Jugendkulturarbeit, das Jugendtheater Rollentausch und die Theater-AG der IGS Kreyenbrück gemeinsam mit diesen Frage beschäftigt.


Kein Ei gleicht dem anderen: Wir alle haben unsere Eigenarten. (Grafik: Jugendkulturarbeit)

Viele von uns tun es im Alltag völlig unbewusst: Wir richten uns an einer Mehrheit aus, folgen bekannten Pfaden, versuchen uns anzupassen, mit dem Strom zu schwimmen. Das mag ein innerer Herdentrieb sein oder das Bedürfnis nach Zugehörigkeit. Jedenfalls ist dieses Verhalten unübersehbar. Aber was ist eigentlich, wenn man keine Wahl hat? Wenn man auf eine Weise "anders" ist, die sich nicht mit einem angepassten Verhalten kaschieren oder korrigieren lässt? Wenn man also keine Chance hat, auf eine Weise zur Mehrheit zu gehören, die für viele andere ganz normal (sic!) ist?


Mit Fragen wie diesen beschäftigt sich das Blauschimmel Atelier Tag für Tag. Im Haus in der Klävemannstraße 16 treffen viele unterschiedliche Menschen zusammen, für die ganz unterschiedliche Normalitäten existieren. Die einen leben ein Leben ohne Einschränkungen, die anderen haben Beeinträchtigungen oder Eigenschaften, die sie auf den ersten - oder zweiten - Blick von der Mehrheit unterscheiden. Dabei beweist das Atelier, wie positiv man diese Andersartigkeiten interpretieren kann und und wie sehr sie zur Vielfalt unserer Gesellschaft beitragen. Auch im kulturellen Bereich.


 

„NORM_MAL_ANDERS - FERPEKTE_MORFEN“

THEATER-TANZ-MUSIK-PERFORMANCE PREMIERE SONNTAG, 12. JUNI 2022, 19.30 UHR THEATER WREDE + KLÄVEMANNSTRASSE 16 26122 OLDENBURG JUGENDTHEATERTAGE 7. JULI 2022, 18 UHR EXERZIERHALLE AM PFERDEMARKT (TICKETS HIER)

 

Vier gewinnt


Immer wieder kooperiert das Blauschimmel Atelier dabei mit anderen Gruppen und Akteuren. Besonders bewährt - weil besonders produktiv - ist die Zusammenarbeit mit der Jugendkulturarbeit, der Jugendtheatergruppe „Rollentausch“ und der Theater-AG der IGS Kreyenbrück. In dieser Konstellation kommt es immer wieder zu bemerkenswerten Ergebnissen, die nicht nur für Jugendliche sehenswert sind, sondern auch für Erwachsene. Anders ausgedrückt: Für alle, die Freude daran haben, sich selbst und unsere Gesellschaft zu hinterfragen - und sich zu Gedankenspielen inspirieren zu lassen.


In seiner neuesten Produktion „NORM_MAL_ANDERS - FERPEKTE_MORFEN“ macht das Quartett die Unterschiede selbst zum Thema. Schon der Titel stellt klar, dass wir es hier nicht mit einem vielfach inszenierten Klassiker zu tun haben. Im Gegenteil: Hier war Raum für Experimente. Mit Mitteln von Theater, Tanz und Musik wurden zahlreiche eigene Erfahrungen und Blickwinkel der beteiligten 15 jungen und 15 erwachsenen Menschen bearbeitet und zu einem Stück verwoben. Euch erwarten berührende Texte, dynamischen Bewegungs-Choreographien und schräge experimentelle Klänge - so abwechslungsreich und emotional wie all die Aufs und Abs in unserem Alltag.


Starkes Team: die Ensembles des Blauschimmel Ateliers, das Jugendtheater Rollentausch und die Theater-AG der IGS Kreyenbrück (Bild: Jugendkulturarbeit)

Was euch dagegen nicht erwartet, sind klare Festlegungen. Was ist normal? Und wer ist normal? Wann gehört etwas oder jemand dazu? Wann nicht? Welches Bild wird mir vermittelt in der Werbung, den sozialen Medien, auf der Bühne oder im Film vom perfekten Körper, der richtigen Form, dem idealen Aussehen? Wie soll sich Musik anhören, wie Tanz aussehen? Diese Fragen werden auch in diesem Stück nicht beantwortet. Vielmehr erschaffen die Teilnehmer*innen ihre eigene verrückte, imperfekte Welt, indem sie alles um sich herum auf den Kopf stellen. Absolut sehenswert!


Klare Antworten sind aber auch nicht nötig, denn die Normalität ist letztlich nur ein gedachter Querschnitt durch die Bevölkerung. Wir alle weichen davon ab, die einen weniger, die anderen mehr. Aber es gibt vermutlich niemanden, der den Durchschnitt von allen exakt bildet. Und wenn doch, stünde im Raum noch die Frage, ob das ein erstrebenswertes Ziel sein kann - oder ob wir unsere Individualität nicht lieber feiern sollten. Zum Beispiel mit einem Theaterstück.



Das Salz in der Suppe


Unterschiede, so viel ist klar, sind keine Nachteile. Auch dann nicht, wenn sie einen Gegensatz zur sogenannten „Normalität“ bilden. Sie sind vielmehr diejenigen Bestandteile unserer Gesellschaft, die sie bunt, vielfältig und abwechslungsreich machen. Man könnte auch sagen: Sie sind das Salz in der Suppe unseres Zusammenlebens. Denn wer würde in einer Welt leben wollen, in der alles normal und nichts anders ist? Wie langweilig!


Freuen wir uns also über all unsere kleinen Ecken und Kanten. Und freuen wir uns darüber, dass uns das Blauschimmel Atelier, die Jugendkukturarbeit, das Jugendtheater Rollentausch und die Theater-AG der IGS Kreyenbrück Gedanken zu diesem Thema als Theater-Tanz-Musik-Performance servieren. Einmal mehr stellen diese vier Akteure unter Beweis, dass sie ein großes Gespür für relevante Themen besitzen - und dass sie bei der Umsetzung die richtigen Tönen treffen.


Nutzt vor allem die Jugendtheatertage vom 2. bis 10. Juli, um euch das Stück anzusehen - und am besten noch viele weitere. Danach könnt ihr natürlich weiterhin bekannte Wege gehen und mit dem Strom schwimmen. Doch ihr wisst: Es ist auch gut, wenn's nicht so ist.



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