top of page

ALLES AUßER FUßBALL

Am 14. Juni beginnt die Fußball-Europameisterschaft. Das ganze Land befindet sich im kollektiven Sommermärchen-Taumel, wochenlang wird es fast kein anderes Thema geben. Wir verstehen das voll und ganz. Wir wissen aber auch, dass längst nicht jede:r rund um die Uhr aufs runde Leder schauen will. Was man stattdessen tun kann? Erzählen wir hier.


Leere Sitzplätze, nicht in Oldenburg, aber symbolisch für das starke Kulturangebot während der EM in der Huntestadt
Leere Plätze: So wird es bei der EM wohl nicht aussehen, nur weil es parallel auch spannende Kulturformate gibt. Aber vielleicht bleiben vor Oldenburger Fernsehern tatsächlich ein paar Stühle unbesetzt. (Bild: Shutterstock)

Nein, keine Sorge: Wir werden die EM - bzw. die EURO2024 - hier nicht schlecht reden. Warum auch? Wenn man sich die ganzen FIFA-/UEFA-/DFB-Strukturen kurz mal wegdenkt und die gandenlose Hochglanz-Marketingmaschinerie rund um das „Produkt“ Fußball ausblendet, dann ist so eine Fußball-Europameisterschaft ziemlich cool. Deswegen werden wir am Ende vielleicht doch wieder vor dem Fernseher sitzen und angemessen eskalieren, wenn Fülle das Ding ins Netz ballert.


Vielleicht aber auch nicht. Denn auch, wenn die genannte Fußballelite einen anderen Eindruck erwecken will, steht der Rest der Welt nicht neunzig Minuten still, wenn irgendwo ein Ball über den grünen Rasen rollt. Zwar wird hier und da auf Veranstaltungen ein Screening des jeweils laufenden Spiels eingebaut oder sogar zum Gegenstand eines Theaterstücks gemacht. Die ganz Mutigen bieten der EM aber die Stirn - und uns eine vollkommen fußballfreie Alternative. Das wollen wir honorieren! Für jedes Spiel der deutschen Nationalmannschaft nennen wir deshalb parallel laufende Kulturangebote, die sich mindestens ebenso lohnen - und bei denen im Hintergrund garantiert keine Geldkoffer übergeben wurden.



EM-Eröffnungsspiel Deutschland Schottland steht in Oldenburg starker Kultur-Konkurrenz gegenüber
Zäher Auftakt: Beim Eröffnungsspiel sind noch nicht alle in Fußball-Stimmung. Die Kultur hofft darauf und bietet ein attraktives Parallelprogramm. (Bild: Shutterstock/Kulturschnack)


LARS UNGER

BEEN THERE, DONE THAT

FREITAG, 14. JUNI, 19 UHR


Was ist eigentlich Kunst? Auf diese Frage findet der Oldenburger Künstler Lars Unger immer wieder innovative Antworten - aktuell mit „Been there, done that“. Das Theater-Experiment zwischen Kunstausstellung und Tanz-Performance schickt Menschen und Skulpturen in eine gemeinsame Choreografie. Das Ergebnis? Eindeutig Kunst! Und garantiert stimmungsvoller als das gewollt-fröhliche Gehüpfe der Eröffnungsfeier. Wer Lust darauf hat, seine Synapsen komplexer triggern zu lassen als durch vermeintliche Abseitspositionen, ist hier genau richtig.




CSD NORDWEST

NACHT DER KLEINEN KÜNSTE

FREITAG, 14. JUNI, 19.30 UHR


Muss man lieben! Ebenso wie die große Parade am Folgetag ist auch die Nacht der kleinen Künste im Laufe der Zeit zu einer ebenso angenehmen wie wichtigen Tradition geworden. Hier zeigt sich einmal mehr (und vielleicht besonders deutlich), dass bedeutsame Botschaften durchaus mit Charme, Humor und Feingefühl einhergehen können. Unabhängig von der persönlichen sexuellen Orientierung bietet diese Veranstaltung für ihre Gäste mehr Höhepunkte als jede Pass-Stafette der Tiki-Taka-Meister aus Spanien.




COMEDY-NACHWUCHS

JUNGE & WILDE KOMISCHE NACHT

FREITAG, 14. JUNI, 20 UHR


Mit der Komischen Nacht hat die (ehemals) kleine Veranstaltungs-Agentur Mitunskannman.reden einen bundesweiten Siegeszug angetreten und liefert Oldenburgs bedeutendsten Humorexport in mittlerweile vierzig Städte. In der Heimat ist hin und wieder aber auch Raum für Experimente - wie bei der neuen „Jung & Wild“-Edition. Versprochen wird nicht weniger als ein Abend „voller Überraschungen und unvergesslicher Momente“ - bzw. „die Komischte Nacht ever“. Wird das einglöst, würde man dafür sogar ein WM-Finale sausen lassen!




Die Oldenburger Band Orasa
Mutige Jungs: Orasa stehen auf der Bühne des Polyester, wenn die EM angepfiffen wird. (Bild: Band)

RELEASEKONZERT

ORASA - „DIFFERENT WAYS“

FREITAG, 14. JUNI, 20.30 UHR


Bold Move! Die fünf Jungs von Orasa entern die Bühne, wenn Fußballdeutschland schon längst erhöhten Puls hat. Die Band ist aber zurecht selbstbewusst: Ihr erwachsener Indie/Alternative-Rock klingt nicht etwa nach wackeligem Debüt, sondern nach bester Stadion-Qualität. Wer sie nicht erst sehen will, wenn sie groß sind, hat jetzt die perfekte Gelegenheit. Bonus: Bei der Aftershowparty legt DJ Manolo Sanchez auf, die heimlichen Fußballfans können also auf der Tanzfläche ihre Dribbelkünste ausleben. Außerdem kostet der ganze Spaß nur 7 Euro, dafür bekommt man in der EM-Arena gerade mal ein Bier.



NUR ABENDKASSE




JUGENDTHEATERTAGE

CREATE IT!

FREITAG, 14. JUNI, 20.30 UHR


Die Jugendtheatertage sind wie Hidden Champions der Kultur: Sie bieten intensives, mitreißendes Theater auf hohem Niveau - und trotzdem wissen viele Erwachsene überhaupt nicht, was sie da verpassen. Richtig gelesen: Erwachsene. Auch bzw. gerade für sie lohnt sich das, weil sie einen direkten Einblick in die Gefühlswelt jüngerer Menschen bekommen. Die Aufführungen der Jugendtheatertage - in diesem Fall von der leise&laut-Gruppe der Jugendkulturarbeit - kreieren deutlich mehr Emotionen und Erinnerungen als Sicherheitspässe in der Vorrunde.




 


Das zweite deutsche EM-Spiel gegen Ungarn hat durchaus auch Konkurrenz aus der Oldenburger Kultur
Die EM nimmt Fahrt auf: Beim zweiten Spiel sind die Kultur-Akteure schon vorsichtiger, das Angebot in Oldenburg und umzu wird überschaubarer. (Bild: Shutterstock/Kulturschnack)


STAATSTHEATER

DU FÄLLST

MITTWOCH, 19. JUNI, 18 UHR


Es geht in die Verlängerung! Die gibt es nicht nur beim Fußball, sondern manchmal auch in der Kultur. Die Jugendtheatertage sind zwar seit dem 16. Juni vorbei, einzelne Stücke kann man sich aber weiterhin ansehen - und das sollte man auch, denn der Jugendclub des Staatstheaters liefert mit „Du fällst“ Großes ab. Es geht nämlich nicht etwa um formvollendete Schwalben in des Gegners Sechzehner, sondern um Nähe, Halt und Sicherheit (und deren Abwesenheit), um das Träumen und Erwachen, um das Fallen und Fliegen. Wie all das zusammenpasst? Erlebt ihr am besten live vor Ort!




Der Jugendclub des Oldenburgischen Staatstheaters während des Stücks „Du fällst“ in der Exhalle in Oldenburg
Spektakulär: Auf der Bühne in der Exhalle ist während der Jugendtheatertage häufig mehr los als auf einem Fußballfeld während der EURO. (Bild: Stephan Walzl)


KAMMERMUSIK

NOA WILDSCHUT, PABLO BARRAGÁN & FRANK DUPREE

MITTWOCH, 19. JUNI, 19 UHR


Okay, zugegeben: Das Gut Hoorn steht im Abseits, liegt also jenseits der Oldenburger Stadtgrenze. Aber es ist so nah dran, dass die kurze Anfahrt zumutbar ist. Zumal mit dem Pianisten Frank Dupree, dem spanischen Klarinettisten Pablo Barragán und dem niederländischen Violin-Shootingstar Noa Wildschut im Rahmen der Gezeiten-Konzerte ein exzellentes Trio zu Gast ist, das sich jüdischer Musik des 20. Jahrhunderts widmet. Ein stimmungsvoller Abend ist garantiert - auch ohne Choreo und Gesänge aus der Kurve.




PUNKKNEIPE SPEZIAL

BESUCH IM KLÄRWERK

MITTWOCH, 19. JUNI, 20 UHR


Gut, rein rechnerisch ist das Kollisionspotenzial des Fußballspiels mit einem Termin um 20 Uhr begrenzt. Es müssten schon viele Flitzer unterwegs sein, um die Spielzeit auf 120 Minuten auszudehnen. Aber: ein richtiger Punkabend braucht auch eine Einstimmung und da stünde das Ungarn-Spiel eindeutig im Weg. Wem die Kammermusik beim Gut Hoorn zu kopflastig ist und wer Sounds für Herz und Magengrube sucht, ist beim Konzert von Besuch im Klärwerk genau richtig. Und fünfzig Punks im Alhambra machen genauso viel Stimmung wie 50.000 in der Arena. Wetten?



NUR ABENDKASSE




STAATSTHEATER

DA DRAUßEN

MITTWOCH, 19. JUNI 20.30 UHR


Das wirklich allerletzte Stück, das in diesem Jahr im Kontext der Jugendtheatertage zu sehen ist, heißt „Da draußen“. Und damit ist nicht etwa das Spielfeld in Stuttgart gemein. Vielmehr geht es um Eindrücke und Gefühle, um Gedanken und Reflexionen, um Kontrolle und deren Verlust. Das kommt euch bekannt vor? Natürlich, wir waren alle mal jung. Und was uns damals bewegt hat, interessiert oft auch später noch; vor allem dann, wenn es von jungen Akteur:innen so nahbar inszeniert und dargestellt wird. Seht euch das an und holt euch ein Stück Jugend zurück in die Gegenwart.




 


Das dritte EM-Spiel Schweiz gegen Deutschland wird durch die Kultur kaum bedrängt. Man überlässt dem Fußball das Feld.
In der Defensive: Beim dritten EM-Spiel von Deutschland gegen die Schweiz weicht die Kultur weitgehend auf frühere Zeitpunkte aus. (Bild: Shutterstock/Kulturschnack)


KRIEGSMUSIK

ENSEMBLE NEW BABYLON & RADIALQUARTETT

SONNTAG, 23. JUNI, 18 UHR


Ja, richtig: Das Konzert wird vorbei sein, wenn der Ball rollt. Aber geben wir es ruhig zu: Wir schaffen den Weg zur Uni nur, wenn wir uns nicht vorher voll und ganz auf Fußball eingestellt haben. Insofern kann man den Auftritt des Bremer Ensembles durchaus als Alternative verstehen. Aber steht da oben wirklich Kriegsmusik? Ja, richtig gelesen. Gemeint sind damit aber nicht die Schmähgesänge der Ultras, sondern Stücke, die von Kriegen inspiriert wurden. Es verspricht ein nachdenklicher Abend zu werden...



FREIER EINTRITT




MEHR LIVE

AXEL PRAHL UND DAS INSELORCHESTER

SONNTAG, 23. JUNI, 18 UHR


Axel Prahl? Kennt jeder. Die Älteren als Münsteraner Tatort-Kommmissar Thiel, die Jüngeren als Stimme von Käpt'n Sharky, dem Schrecken der Meere. Etwas weniger Menschen wissen, dass er auch Musik macht - und das sogar recht erfolgreich. Aber ähnlich wie den genannten Charakteren geht es ihm nicht darum, seine Kunst zu perfektionieren und/oder die Grenzen des Machbaren auszuloten, sondern stimmungsvolle Musik mit Herz und Haltung zu machen. Als Fußballer wäre er vermutlich eher Antonio Rüdiger als Toni Kroos. Die Kulturetage verspricht übrigens, dass das Konzert rechtzeitig vor Spielbeginn beendet ist. Schade eigentlich.




Vorschaubild des Theaterstücks NoBODIES, das im Oldenburger Theater Unikum parallel zur Europameisterschaft läuft.
Fußballfreie Zone: Bei noBODIES geht es um den Menschen, bevor er in der Lage ist, einen Ball zu treten - und um die Frage, ob er es eigentlich sinnvoll ist, genau das zu tun. (Bild: OUT)


THEATERKOMÖDIE

noBODIES

SONNTAG, 23. JUNI, 20 UHR


Die Truppe des Oldenburger Uni-Theaters ist wirklich abgezockt. Furchtlos gehen sie direkt in die Todeszone des Veranstaltungskalenders und führen ihr aktuelles Stück noBODIES zeitgleich zum letzten Gruppenspiel auf. Für alle Fußballfans ein Dilemma, schließlich sollte man die absurde Szenencollage rund um das menschliche Sein keinesfalls verpassen. Für alle anderen aber eine ganz starke Entscheidung, denn im Unikum gibt es nun eine richtig gute Alternative zum Alpenderby der EM.





GRAFFITI

OPEN AIR GALERIE „BRÜCKENKUNST“

DURCHGEHEND GEÖFFNET

NIEDERSACHSENDAMM / WESTFALENDAMM


Anfang Juni fand zum dritten Mal die Brückenkunst statt. Ihren Namen darf man wörtlich nehmen, denn dabei wurden Graffiti an die Pfeiler und Stützen von Autobahnbrücken gesprüht. Atmosphärisch wirkt das nicht viel anders als die Katakomben eines Fußballstadions. Doch im Gegensatz zu dort darf man hier überall hin - und entdeckt dabei coole Street Art. Die Nagelsmänner schauen in der Frankfurter Arena dagegen nur auf nackten Beton. Punktgwinn für Oldenburg - und für euch, wenn ihr euch für den Spaziergang unter der Autobahn entscheidet. Deutschland ist ja eh schon weiter! Oder?


FREIER EINTRITT

Opmerkingen


bottom of page