top of page

SOMMERKULTUR #1: KULTURSOMMER

Der Sommer gilt als Zeit der Erholung, die warme Jahreszeit wirft aber auch Fragen auf. Wohin verreist man nur? Wie lang, auf welche Art und warum nicht auch noch woanders hin? Die Möglichkeiten sind endlos, die damit verbundenen Unsicherheiten allerdings auch. Vielleicht bleibt man doch besser daheim. Zumal die Kultur uns den Sommer an der Hunte versüßt. Wie genau? Das verraten wir in dieser kleinen Serie.



Wenn man absolut keine Ahnung davon hätte, wann in Niedersachsen die Sommerferien beginnen, man würde trotzdem unweigerlich Notiz davon nehmen. Ab dem ersten Ferientag leeren sich die Straßen zusehends, zeitweise sind sie sogar gähnend leer. Ganz Oldenburg scheint nur auf diesen Moment gewartet zu haben, um der Stadt eilig den Rücken zu kehren. Und tschüß!!


Ganz Oldenburg? Nein, denn eine gar nicht so kleine Schar hält es durchaus auch im Juli und August an der Hunte aus. Und das nicht nur, weil wir hier von großen Hitzewellen meist verschont bleiben, sondern auch, weil Oldenburg im Sommer eben kein verschlafenes Nest ist, sondern ein lebendiger Ort - mit einem äußerst attraktiven Kulturprogramm.


 

SOMMERKULTUR VOL. 1


OLDENBURGER KULTURSOMMER


12. BIS 21. JULI 2024


DIVERSE SPIELORTE

26122 OLDENBURG


 

Unverändert anziehend


Das beste Beispiel für diese These ist der Oldenburger Kultursommer. Es ist gleichzeitig das älteste, denn das Festival findet bereits seit 1978 statt. In den zurückliegenden fast fünfzig Jahren hat sich natürlich einiges verändert. So wanderte die Regie vom städtischen Kulturbüro zur Kulturetage, die Dauer reduzierte sich von zwei Monaten auf weniger als zwei Wochen. Unverändert ist aber die große Anziehungskraft des Formats: Kultur draußen zu erleben, an besonderen Orten, in einem bunten Miteinander.


Diese Erfahrung entfaltet für alle einen großen Reiz - bei Boomern und Generation X, bei Millennials und GenZ.

Der zentrale Identifikationspunkt ist dabei der Schlossplatz. Wer über den KuSo spricht, denkt dabei oft an die stimmungsvollen Konzerte unter dem Abendhimmel, an gutgelaunte Künstler:innen aus aller Welt, an das allgegenwärtige Stimmengewirr. Kein Wunder, denn genau so stellt man sich ein sommerliches Kulturerlebnis vor: locker, niedrigschwellig und unverbindlich, aber trotzdem inspirierend, ansteckend, mitreißend.






Zehn Monate für zwölf Tage


Dass diese spezielle Mischung immer wieder so gut gelingt, ist aber weder Zufall noch Selbstverständlichkeit, wie im Gespräch mit Bettina Stiller schnell deutlich wird. „Nach dem KuSo ist vor dem KuSo“, erklärt die Pressesprecherin der Kulturetage, die bereits seit 1989 für die Realisierung des Kultursommers verantwortlich ist. „Die Planungen für die Konzerte - aber auch Ansätze für neue Formate - starten immer ab September des Vorjahres.“ Das bedeutet: die unberschwerten Abende auf dem Schlossplatz haben einen Vorlauf von etwa zehn Monaten.


SOMMERKULTUR-SERIE IM ZEICHEN DER PALME Natürlich ist es in Oldenburg nicht anders als im Rest des Landes: Tendenziell nimmt das Rauschen in der Veranstaltungsszene im Sommer etwas ab. Manche Institutionen machen auch eine Sommerpause. Aber: Nicht alle!


Mit dem Kultursommer gibt es aber bereits seit 1978 ein echtes Kulturhighlight, das die Wartezeit auf die nächste Saison deutlich erleichtert. In der jüngeren Vergangenheit kamen weitere Formate hinzu, die sich innerhalb kürzester Zeit etabliert haben und die dafür sorgen, dass der Sommer an der Hunte in kultureller Hinsicht keinen Vergleich zu scheuen braucht. Damit ihr nichts verpasst, stellen wir euch die Veranstaltungs-Highlights in unserer Sommerkultur-Serie vor. Wir sehen uns dann vor Ort - oder?


Das merkt man dem Programm in positiver Weise an. Obwohl es ganz unterschiedliche Geschmäcker bedient und vor allem durch Vielfalt glänzt, wirkt es nie bunt zusammengewürfelt. Auch wenn Alternative Rocker wie Welshly Arms und Jazz-Künstlerinnen wie Dominique Fils-Aimé auf den ersten Blick wenig gemeinsam haben, zeichnet sie doch dieselbe Qualität aus: Sie können spezielle Stimmungen erzeugen, von denen man sich gern gefangen nehmen lässt.


„Die Kulturetage hat ja einen Schwerpunkt bei Konzerten“, erklärt Bettina. „Unsere Programmverantwortlichen arbeiten das ganze Jahr mit unterschiedlichen Agenturen zusammen.“ Von dort kämen bereits viele gute Vorschläge für das KuSo-Programm. Impulse für passende Formationen kämen aber auch von außen und natürlich durch eigene Recherchen, Erlebnisse und Entdeckungen.



Im Zeichen der Palme: Das Konzertprogramm des Kultursommer ist definitiv ein Höhepunkt der Sommerkultur in Oldenburg.


Fortsetzung und Veränderung


Als goldrichtig hat sich die Entscheidung erwiesen, gemeinsam mit dem Asta der Carl von Ossietzky Universität und dem Studentenwerk einen Band Contest durchzuführen und die Gewinnerbands als Supporting Acts beim Kultursommer auftreten zu lassen. Für die jungen Künstler:innen ist es eine tolle Gelegenheit, sich größerem Publikum zu präsentieren - das wiederum einen Einblick in die junge Szene bekommt. Ein klarer Fall von Win-Win! Kein Wunder, dass sich diese Veränderung innerhalb kürzester Zeit etabliert hat.


In diesem Jahr gibt es jedoch eine weitere Besonderheit, nämlich eine Zusammenarbeit mit dem jungen Berliner Label Listen Records. „Aus deren Collective kommen mit LIN, Tiflis Transit und Joy Bogat drei junge Acts, die den Konzertauftakt für die Headliner spielen“, erklärt Bettina. So bekommt man vor den internationalen Stars nationale Künstlerinnen zu sehen - die vielleicht die Stars von morgen sind.





Exakt diese Nische ist das „Jagdrevier“ des Kultursommer Bookings. „Wir müssen zugreifen, bevor ein:e Künstler:in einen großen Namen hat“, weiß Bettina. Das sei vor einigen Jahren bei Adam Green so gewesen, jüngst aber auch bei Isaak, der durch den Eurovision Song Contest plötzlich berühmt wurde. In beiden Fällen seien die Künstler gebucht worden bevor der ganz große Erfolg kam.


„Das Budget des Kultursommers reicht für Top-Stars nicht aus, weil die Kosten für die ganze Infrastruktur des Festivals enorm gestiegen sind“, ordnet die Pressesprecherin ein und richtet den Blick in die Nachbarschaft. „Davon ist ja nicht nur Oldenburg betroffen. Die Veranstalter der Breminale haben ja ein ähnliches Konzept und sind mit einer Finanzierungslücke von 120.000,- Euro in diesem Jahr an den Start gegangen.“



Mehr als nur Musik


Äußerst beliebt sind aber nicht nur die Konzerte auf dem Schlossplatz, sondern auch die Theaterformate im Schlossgarten. Als Ausnahme von der „Umsonst & draußen“-Regel muss man hier zwar Tickets kaufen, das tut der Begeisterung aber keinen Abbruch: Die sechs (!) regulären Auftritte waren so schnell ausverkauft, dass man einen siebten Zusatztermin anbot. „Und der war innerhalb einer Stunde ebenfalls ausgebucht“, lacht Bettina. Schade für alle, die nicht dabei sein können - aber ein schöner Beweis dafür, dass die Kulturetage nach wie vor den Nerv des Publikums trifft.


Szene aus dem „Sommernachtstraum“ im Rahmen des Oldenburger Kultursommer.
Sommernachtstraum: Einen passenderen Stoff als Shakespeares Klassiker kann es zu dieser Jahreszeit kaum geben. (Bild: Kulturetage)

Dazu gehört natürlich auch das besondere Setting im Schlossgarten. „Der Ort selbst erzählt schon eine Geschichte. Er spielt für das Stück eine wichtige Rolle“, gewährt die Pressesprecherin einen Einblick. Deswegen seien die jeweilgen Spielorte nicht nur für die Gäste, sondern auch für das Team der Kulturetage stets aufs Neue spannend. Routine? Stellt sich gar nicht erst ein.


„Bei der Ausstattung von Außenspielorten mit einer funktionierenden Infrastruktur haben wir zwar einen großen Erfahrungsschatz. Aber alles andere ist neu - und das genießen wir!“

Zu den neueren Elementen des Kultursommers gehört auch noch der Frei.zeit.gang. Der kleine Platz neben der Lambertikirche genießt einen gewissen Kultstatus, da dort vor einigen Jahren bereits nischige Formate ausprobiert wurden, die auf große Resonanz stießen. Der Verein Freizeitlärm e.V. setzt diese junge Tradition fort. Das Team hinter Events wie EAE bespielt vom 17. bis 20. Juli nachmittags bis abends die Bühne in dem schattigen Gang und sorgt nur einen Steinwurf vom Schlossplatz entfernt für kreative Akzente.


Bühne im Frei.Zeit.Gang vom Freizeitlärm e.V. beim Oldenburger Kultursommer
Beste Stimmung: Im Frei.Zeit.Gang kann nichts schiefgehen, denn er wird von Expertinnen des Nachtlebens bespielt. (Bild: Kulturetage)

Die gibt es aber auch dieses Jahr wieder auf dem Cäcilienplatz, der nach den Erfolgen der letzten Jahre einmal mehr fest in Kinderhand ist. Vom Graffiti-Workshop über „Bus-Stop-Stories“ bis zum Rudel-Trommeln können sich die Kids nach allen Regeln der Kunst bespaßen lassen. Und wem das zu jung und wild ist, wartet auf den 21. Juli: Dann nämlich findet der KuSo-Tag der Museen statt und man kann ab 10 Uhr morgens bei freiem Eintritt durch die Ausstellungskorridore flanieren. Genau das richtige bei heißer Hitze - aber auch bei kaltem Regen.



Konstante Evolution


Man kann es überall heraushören: Der Kultursommer ist ein höchst abwechslungsreiches und beliebtes Format, dem es gelingt, nicht wie ein Sommerferien-Füller zu wirken, sondern wie ein eigenständiges Format mit eigenen Qualitäten. Deswegen gibt es bei der Kulturetage einerseits zwar den Wunsch der Weiterentwicklung. „Wir würden gerne mehr innovative Projekte im Kultursommer starten“, bestätigt Bettina. „Vor allem Projekte, die unsere Stadtgesellschaft nachhaltig - also auch nach dem Kultursommer - beschäftigen.“ 


Luftaufnahme des Kultursommers in Oldenburg
Das ist Kultursommer: Menschen, Musik - und eine unsichtbare Magie, die alle(s) miteinander verbindet. (Bild: Kulturetage)

Gleichzeitig ist man sich im Organisationsteam aber auch bewusst, dass allzu viel Veränderung ein Fehler sein könnte. Zu beliebt sind - neben den Konzerten und Theaterstücken - auch andere Traditionen wie die atmosphärischen Lesungen im Staublau und Küchengarten oder die lauen Kinonächte im Schlossinnenhof. Doch die Gratwanderung ist gelungen. Der diesjährige Kultursommer schafft einmal mehr die Balance zwischen Alt und Neu - und auch das ist weder Zufall noch Selbstverständlichkeit, wie Bettina verrät.


„Es steckt einfach eine Menge Herzblut von unseren Mitarbeitenden in diesem Projekt. Hier gibt wirklich jede*r alles dafür, dass die Menschen eine Menge Spaß haben.“

Außerdem komme von den Gästen immer wieder die Rückmeldung, dass sie den KuSo liebten. „Da lohnt sich am Ende jede Mühe!“ Und die ist zweifellos zu spüren, wenn der Kultursommer ab dem 12. Juli die Sommerkultur in Oldenburg einläutet. Zwar werden weiterhin viele zunächst an die Konzerte denken, wenn vom Kultursommer die Rede ist. Schließlich ist der Schlossplatz der zentrale Identifikationspunkt. Doch eines ist klar: Dass Oldenburg im Sommer „ein lebendiger Ort mit äußerst attraktivem Kulturprogramm ist - das liegt auch am Kultursommer.

Comments


bottom of page