top of page

KOLUMNE: FRISCHLUFTZUFUHR

Seit Mitte 2020 schreibt Kulturschnacker Thorsten eine monatliche Kolumne für die Spielzeitung des Staatstheaters. Digital findet ihr sie unter www.staatstheater.de. Oder: hier.

Szene mit zwei Personen aus dem Stück "Pension Schöller"
Zeitreisen? Kein Problem. Mit „Pension Schöller“ geht's - unübersehbar - zurück in die 90er Jahre. (Bild: Stephan Walzl)

Auch dieses Jahr: Programm statt Pause


Normalerweise bin ich kein Freund von Kitsch und Klischees, aber manchmal muss es sein. Zum Beispiel jetzt. Denn während ich diesen Text schreibe, steigt gerade die Sonne an den Himmel. Strahlend taucht sie Oldenburg in dieses einzigartige Licht, das der Stadt die harten Konturen nimmt und sie noch besser aussehen lässt als sonst. Intuitiv fragt man sich, welche Termine sich vielleicht nach draußen verlegen lassen, um möglichst viele warme Strahlen abzubekommen und diese frühsommerliche Leichtigkeit zu genießen. Denn auch wenn ich in einem wirklich wunderbar gestalteten Innenraum sitze, ist die Frischluftzufuhr samt dem dazugehörigen Lebensgefühl durch nichts zu ersetzen.


Warum der Kitsch? Weil ich damit direkt beim Punkt bin: Nachdem erste Versuche in den letzten Monaten noch an den Temperaturen scheiterten, startet die Frischluftkultur jetzt richtig durch.

Und für sie gilt das gleich wie für meinen Arbeitstag: Grundsätzlich ist drinnen alles ganz wunderbar, aber im Sommer muss man auch mal raus. Diesen Schritt haben einige Institutionen längst getan. Mitte Mai feierte bereits die Theaterinsel einen angenehm entspannten Auftakt, kurz danach hatte das spontan nach Oldenburg verlegte Aquanautik Festival mit dem GleisPark zumindest eine Open Air Location (diese Veranstaltung ist letztlich leider ausgefallen, Anm. d. Red.). Diese Events erreichten zwei Dinge: Erstens gaben sie den inoffiziellen Startschuss für die Sommersaison. Und zweitens verursachten sie viel Vorfreude auf das, was noch kommt.



Hochsaison statt Sommerruhe


Was das Staatstheater an der frischen Luft anbietet, lest ihr in dieser Beilage. Ich freue mich zum Beispiel sehr auf „Sheroes“. Aber da kommt natürlich noch mehr! Zum Bespiel der Klassiker schlechthin, der Kultursommer. Das Programm ist wie gewohnt vielfältig, international und attraktiv, am wichtigsten ist aber vielleicht etwas anderes: die Rückkehr auf den Schlossplatz und damit zu voller Kapazität.


Es wird also ein „richtiger“ Kultursommer stattfinden, wie Oldenburg ihn seit vierzig Jahren liebt. Und noch eine Rückkehr gibt es: der Gang hinter der Lambertikirche wird in diesem Jahr wieder bespielt und bietet nach den Konzerten feine After Hours mit DJs und Drinks.

Eine Art zweiter Kultursommer findet nun schon im dritten Jahr im Bahnhofviertel statt. Das Cine k veranstaltet auf dem Platz hinter der Kulturetage wiederum den – folgerichtig betitelten - „Kulturplatz“. Neben der bewährten Mischung aus Open Air Kino und Musik gibt es dieses Mal eine Neuerung: das kreativ:LABOR ist mit seinem Sommerprogramm „Nice – access all areas“ dabei und bietet in Zusammenarbeit mit fem:POWER Workshops, Lesungen, Poetry Slams und vieles mehr. Direkt nebenan wird auch dieses Jahr „Einfach Kultur“ stattfinden und urbanes Lebensgefühl mit angesagten Sounds verbinden. Das sollte man sich mal angesehen (und angehört!) haben. Auf dem Utkiek finden dieses Jahr zwar keine Picknick-Konzerte statt, dafür aber Mitte August das kleine „Grüne Wiese“-Festival. Am gleichen Wochenende lohnt sich auch ein Besuch am Bundesbahnweg; dort findet ein Urban Art Festival mit Graffitikunst und einer Martha Cooper-Ausstellung statt. Am besten schon mal dick im Kalender markieren. Und für alle Techno- und Elektrofans wartet Anfang September noch die zweite Auflage von „Ein außergewöhnliches Ereignis“. Und so weiter, und so fort.



Drinnen: Genauso gut


Ein wenig muss ich meine Aussagen von eben an dieser Stelle aber relativieren. Ja, es stimmt, draußen geht es jetzt ab. Aber: nicht nur.


Zeitgleich findet in den Hallen und Sälen weiterhin ein höchst attraktives Programm statt, das man eigentlich genauso wenig verpassen sollte – und will – wie die Draußen-Events.

Wiederum zählt auch hier das Staatstheater zu den Aktivposten, das Programm bis zur Spielpause ist nämlich keineswegs ein Austrudeln, sondern vielmehr ein intakter Spannungsbogen bis zum Ende. Aber auch die anderen Häuser bringen noch einiges auf die Bühne. Und dann wäre da noch das Hidden Art Project. Das Künstler:innenkollektiv bespielt einen weiteren Leerstand in der Innenstadt. Dieses Mal das ehemalige „The Sting“ in der Achternstraße, eine spektakulär große Immobilie. Mehr dazu und zu den meisten dieser Events lesen und hören Sie übrigens auf dem Kulturschnack – dem Magazin und Podcast für die Oldenburger Kultur.


Drinnen werden übrigens auch die meisten Veranstaltungen von „Jugend musiziert“ stattfinden, sehen und spüren wird man den Bundeswettbewerb des Deutschen Kulturrats aber überall in der Stadt. Mit über zweitausend Teilnehmer*innen und insgesamt etwa zehntausend Gästen wird er Oldenburg in der ersten Juniwochenende extrem prägen. Diese Zahlen sind übrigens so groß, dass die lokale Gastronomie vorgewarnt werden muss, ihre Lagerbestände zu erhöhen. Wenn Sie demnächst also unzählige junge Menschen mit Instrumenten durch die Stadt laufen sehen, wissen Sie warum. Mein Tipp: Nutzen Sie das aus und hören Sie sich möglichst viele dieser hochtalentierten jungen Künstler:innen an. Die Website von Jugend musiziert bietet eine gute Übersicht, was wann und wo passiert.


Werfen wir nochmal einen Blick aus dem Fenster: die Sonne steht noch ein wenig höher, sie strahlt noch ein wenig stärker. Der Tag verspricht formidabel zu werden. So ein Wetter im Sommer, dann werden wir Monate voll großer Kultur-Momente erleben. Bevor ich bei dieser Vorstellung noch einmal kitschig werde, beende ich diesen Tagtraum aber lieber wieder. Warten wir’s einfach ab. Und das tun wir in der guten Gewissheit, dass die Kultur alle Weichen gestellt hat und – wieder einmal – ein ganz starkes Sommer- und Outdoor-Programm anbietet. Dieses Mal sogar: ohne große Einschränkungen. Freuen wir uns auf die Frischluftzufuhr durch Frischluftkultur.

bottom of page