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WILLKOMMEN IN DER GEGENWART

Alle sprechen über künstliche Intelligenz. Seit dem Release von ChatGPT freuen sich die einen auf die Zukunft, die anderen fürchten sich davor. Wer am Ende richtig liegt? Wird sich zeigen. Ein Gefühl für die Möglichkeiten kann man jetzt ausgerechnet im Theater bekommen, das eigentlich ein Tempel des Analogen ist. Ort des Geschehens: Natürlich die Exhalle. Dort beschäftigt sich der Technical Ballroom mit Deep Fakes und Fake News, bei denen die KI jetzt schon zeigt, was sie kann.


On Air: Um 20 Uhr verlesen Thomas Kramer und Constantin Schreiber (beinahe) synchron die Fake News. (Foto: Kulturschnack)

Nein, ein ganz normaler Theaterabend ist es nicht, den man bei der „Tagesshow“ in der Exhalle erleben kann. An den Tablets, die man beim Einlass bekommt, liegt das allerdings nicht. An sie hat man sich nach sechs Monaten Technical Ballroom längst gewöhnt. Auffällig ist vielmehr der Countdown, der rotleuchtend daran erinnert, dass wir es hier mit einer deutschen Institution zu tun haben, deren Regeln man zu befolgen hat. Denn auch wenn wir uns in einem Theatersaal befinden und nicht in einem Fernsehstudio: Um 20 Uhr beginnt die Sendung! Nur, dass die Oldenburger Version sich leicht vom realen TV-Vorbild unterscheidet - und das Publikum auch einen halbstündigen Prolog miterleben darf.


 

TAGESSHOW:

IT'S CALLED FAKE NEWS


MITTWOCH, 12. APRIL, 19.30 UHR (KARTEN) DIENSTAG, 25. APRIL, 19.30 UHR (KARTEN)

EXHALLE JOHANNISSTRAßE 6

26121 OLDENBURG


LIVE-STREAM JEWEILS AB 20 UHR

 

Alles nur Fake?


Der Abend beginnt allerdings mit einem Moment, der nicht mehr ganz tagesaktuell ist, nämlich mit Richard Nixons Rede zur missglückten Mondlandung am 20. Juli 1969, bei der die beiden Astronauten Neil Armstrong und Buzz Aldrin ums Leben kamen. Moment Mal. Wie bitte? War diese Apollo-Mission nicht außerordentlich erfolgreich und ging in das kollektive Gedächtnis der Menschheit ein? Ja, richtig! Und doch spricht Nixon hier vom tragischen Tod der Weltraumhelden.



Wie das möglich ist? Ganz einfach; Das Redemanuskript hat wirklich existiert - für den Fall des Falles wollte der US-Präsident vorbereitet sein. Verwendet hat er es aber nie. Möglich wurde diese Rede erst durch künstliche Intelligenz, die Nixon die entsprechenden Worte digital in den Mund legte. Und plötzlich wirkt es so, als wäre die Mondlandung nie passiert. Willkommen in der Wunderwelt der Fake News.



Multiple Realitäten


Mit dieser täuschend echten Kreation einer niemals passierten Vergangenheit befindet man sich sofort mitten im Thema - und taucht danach noch weiter ein. Geführt wird man dabei von Thomas Kramer in der Rolle des routinierten Nachrichten-Moderators. Mit dem Kaffeebecher in der Hand hastet er leicht verspätet zur Produktion der 20-Uhr-Tagesshow. Dann nimmt er sich aber die Zeit, dem Publikum die feinen Unterschiede zwischen Falschmeldungen und Fake News zu erklären und berichtet, was heutzutage technisch bereits möglich ist und wie man damit umgehen kann. Klingt nach „Vorsicht, Falle“ fürs Digitalzeitalter, kommt aber ohne den berühmten Zeigefinger aus.

Der Papst im weißen Daunenmantel
Fake: Die Bilder vom Papst im Daunenmantel gingen um die Welt, doch sie waren nicht echt. (Still: Kulturschnack)

Charmant ist dabei, dass Kramer zwischendurch tatsächlich in die Maske muss, in die passende Kleidung wechselt und vom Studio-Techniker (herrlich lakonisch: Lukasz Lawicki) mehrfach unwirsch beiseite geschoben wird, weil er nicht richtig steht oder sonstwie im Weg ist.



Gemischte Gefühle


Der Clou kommt schließlich zur vollen Stunde: Dann beginnt zeitgleich mit der echten Tagesschau die „Tagesshow“ als Fake News-Variante des realen Vorbilds. Das Publikum hat über die Tablets zuvor Nachrichten ausgewählt, die es gern hören würde. Was Thomas Kramer dann verliest, wird mittels KI live auf das Gesicht des - real existierenden - Nachrichtensprechers Constantin Schreiber übertragen. Und so sehen wir, wie der bekannte Moderator verkündet, dass Wladimir Putin in der Mongolei verhaftet wurde, Europa einen Hafen für Geflüchtete baut oder Elon Musk 95 Prozent seines Vermögens spendet.


„Fantastisch! Mehr davon!“, denkt man intuitiv. Doch die Freude über die guten Nachrichten ist nur von kurzer Dauer. Wenn wir nicht mehr wissen, was echt ist und was nicht, was sind Nachrichten dann noch wert? Liegt in Zukunft über allen Informationen der Vorbehalt einer unabhängigen Überprüfung? Wird alles erst „real“, wenn Regelverstöße ausgeschlossen sind und es als echt bestätigt ist? Führen wir dann ein Leben „bis auf weiteres“? Auf jeden Fall spürt man bereits jetzt, wie sehr der technologische Fortschritt unseren Alltag verändern wird. Ob letztlich Vorteile überwiegen oder Nachteile - darauf kann auch dieser Abend keine Antwort liefern. Nur eines ist sicher: Dass nichts (mehr) sicher ist.

​Was überwiegt denn nun bei der KI? Die Chancen oder die Risiken? Wir haben diese Frage jemandem gestellt, der es wissen muss, nämlich ChatGPT selbst. Was das System geantwortet hat? Dies:


Die künstliche Intelligenz (KI) bietet viele Chancen und Risiken für die Gesellschaft und die Wirtschaft. Hier sind einige Beispiele:


Chancen:

  • Automatisierung: KI kann Aufgaben automatisieren, die bisher von Menschen ausgeführt wurden, was Zeit und Ressourcen spart und die Effizienz erhöht.

  • Erweiterte Analysefähigkeiten: KI kann große Datenmengen verarbeiten und Muster erkennen, die für menschliche Analysten schwer zu erkennen wären.

  • Personalisierung: KI kann personalisierte Empfehlungen und Angebote basierend auf dem Verhalten und den Präferenzen von Nutzern bereitstellen.

  • Fortschrittliche medizinische Diagnose: KI kann genauer als menschliche Ärzte Krankheiten diagnostizieren und die beste Behandlungsoption empfehlen.

  • Verbesserte Bildung: KI kann personalisierte Lernangebote anbieten und Lehrer bei der Bewertung von Schülerarbeiten unterstützen.

Risiken:

  • Arbeitslosigkeit: Die Automatisierung von Aufgaben, die bisher von Menschen ausgeführt wurden, könnte zu Arbeitslosigkeit führen.

  • Bias: KI-Systeme können aufgrund von Vorurteilen in den Daten, auf denen sie trainiert wurden, Vorurteile reproduzieren und somit Diskriminierung verstärken.

  • Datenschutz: Die Verarbeitung von großen Datenmengen durch KI-Systeme kann ein Risiko für den Datenschutz darstellen, insbesondere wenn es um sensible Daten wie Gesundheits- oder Finanzinformationen geht.

  • Unvorhergesehene Konsequenzen: Die Komplexität von KI-Systemen kann dazu führen, dass unvorhergesehene Probleme und Konsequenzen auftreten, die schwer vorherzusagen sind.

  • Ethik: Die Verwendung von KI-Systemen wirft ethische Fragen auf, z.B. wer für Fehler verantwortlich ist, die von KI-Systemen begangen werden, und wie die Verantwortung für Entscheidungen, die von KI-Systemen getroffen werden, aufgeteilt wird.

Und was ist mit der Kultur? Wird sie auch von den Entwicklungen in der KI beeinflusst? Oder bleibt sie vollkommen unberührt?

Künstliche Intelligenz (KI) hat das Potenzial, die Kultur auf verschiedene Weise zu beeinflussen:

  1. Neue Formen der Kunst: KI-Systeme können zur Erstellung von Kunstwerken eingesetzt werden, z.B. um Musik oder Bilder zu generieren, die von Menschen nicht geschaffen werden könnten. Dadurch entstehen neue Möglichkeiten für kreative Ausdrucksformen.

  2. Veränderung der Arbeitsweise von Künstlern: Künstler können KI-Tools nutzen, um ihre Arbeit zu erleichtern oder zu verbessern, z.B. um Bilder zu bearbeiten oder Musik zu komponieren. Dies könnte zu neuen künstlerischen Ausdrucksformen führen und die Arbeitsweise von Künstlern verändern.

  3. Veränderung der Wahrnehmung von Kunst: Die Verwendung von KI in der Kunst kann auch dazu führen, dass sich die Wahrnehmung von Kunst ändert. Zum Beispiel könnten Menschen die Kunstwerke anders betrachten, wenn sie wissen, dass sie von einer Maschine erstellt wurden.

  4. Erhaltung von Kulturgut: KI kann auch bei der Erhaltung von Kulturgut wie historischen Artefakten oder Kunstwerken helfen, indem sie z.B. bei der Restaurierung von beschädigten Stücken unterstützt oder digitale Archive von Kulturgut erstellt.

  5. Kulturelle Auswirkungen von KI-Systemen: KI-Systeme können auch kulturelle Auswirkungen haben, indem sie z.B. bestimmte Arten von Arbeit oder bestimmte Kulturen bevorzugen oder benachteiligen. Es ist wichtig sicherzustellen, dass KI-Systeme fair und ethisch eingesetzt werden, um mögliche negative Auswirkungen auf die Kultur zu minimieren.


Spaß mit Lerneffekt


Mit der „Tagesshow“ hebt der Technical Ballroom die Theaterwelt nicht aus den Angeln. Die halbstündige Inszenierung wirkt wie ein erklärendes Vorspiel zur 15-minütigen Demonstration zum Stand der Technik. Klingt fad? Ist es ganz und gar nicht! Der Abend ist trotz allem ein wunderbarer theatralischer Spaß mit Lerneffekt. Und nicht erst seit ChatGPT steht fest, dass wir uns mit der künstlichen Intelligenz gar nicht zu viel beschäftigen können. Sie prägt unser leben nämlich nicht erst in Zukunft, sondern schon jetzt, und manchmal sogar im Theater. Willkommen in der Gegenwart.

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