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NUR KEINE ANGST!

Kennst du eigentlich Igor Levit? Den Pianisten-Schrägstrich-Politaktivisten? Ja? Respekt, Du kennst dich aus! Nein? Macht nichts, das war bei uns vor einigen Monaten auch nicht anders. Nur kurz: Der 35-jährige ist ein begnadeter Künstler am Flügel. Ohne Übertreibung kann man sagen: Er ist weltberühmt - auch wenn er selbst das gar nicht gerne hört. Gleichzeitig beteiligt er sich aktiv an gesellschaftlichen Diskussionen und vertritt in den Social Media offensiv, fundiert und pointiert seine Positionen. Was das mit Oldenburg zu tun hat? Einiges.


Igor Levit frustriert am Flügel
Nicht zum Aushalten: Auch das Leben eines berühmten Pianisten ist nicht immer leicht (Bild: Zero One Films)

Um es vorwegzunehmen: Nein, eine praktische Doppelhaushälfte in Krusenbusch hat der Tastengott nicht erworben. Auch hat er keine Klaviersonate über die Vorzüge des herbstlichen Schlossgartens komponiert. Auf derlei Ehrerbietungen müssen wir weiterhin warten.


Aber wer weiß, vielleicht nicht vergeblich? Denn immerhin gibt es tatsächlich eine direkte Verbindung zwischen Levit und Oldenburg: Im Mai dieses Jahres wurde ihm der Carl von Ossietzky Preis für Zeitgeschichte und Politik verliehen. Und der Namensgeber macht klar: Nicht etwa für seine Fingerfertigkeit an den Tasten, sondern für sein außermusikalisches Engagement. Wie wichtig ihm das ist, erkennt man unter anderem auf seiner Website. Dort beschreibt er sich selbst - in dieser Reihenfolge - als „Citizen. European. Pianist.“ Alles weitere zur Preisvergabe an Levit haben wir bereits zur Bekanntgabe im Frühjahr zusammengefasst.


 

IGOR LEVIT:

„NO FEAR“

EIN FILM VON REGINA SCHILLING


SONNTAG, 23. OKTOBER, 11:15 UHR

DIENSTAG, 25. OKTOBER, 12:30 UHR

DIENSTAG, 25. OKTOBER, 18:00 UHR

MITTWOCH, 26. OKTOBER, 20:15 UHR


CASABLANCA KINO JOHANNISSTRAßE 17 26121 OLDENBURG

 

Bevor am 9. Dezember endlich die feierliche Zeremonie erfolgt, zu der übrigens eigens eine Komposition erstellt wurde und zu der Igor Levit auch persönlich in Oldenburg weilen wird, ergibt sich nun eine attraktive Gelegenheit, den jüngsten Ossietzky-Preisträger besser kennenzulernen. Beziehungsweise: ganz genau kennenzulernen, Denn aktuell läuft eine Dokumentation über ihn in ausgewählten deutschen Kinos. In Oldenburg ist sie im Casablanca zu sehen. Aber Achtung: Insgesamt nur vier Mal.





Ganz nah dran


Knapp zwei Stunden begleitet die Kamera von Regina Schilling den Musiker und Politaktivisten Levit durch seinen Alltag - falls man das so nennen kann. Schließlich ist fast alles in seinem Leben groß: Die Geschichte der Stücke, die er spielt - die Säle und Hallen, in denen er auftritt - der Rummel, den seine Person umgibt - und auch die Themen, mit denen er sich beschäftigt.

Ossietzky-Preisträger Igor Levit nutzt die Social Media
Smart, sendungsbewusst, selbstironisch: Levit weiß sich zu verkaufen (Bild: Zero One Films)

Das Besondere: Die Doku kommt ohne größere Interview-Sequenzen aus, sondern übernimmt eher die Rolle einer stillen Beobachterin. Bis zu neun Minuten ohne Schnitt schaut sie ihrem Protagonisten zu - und es wird tatsächlich zu keiner Sekunde langweilig. Ganz im Gegenteil: Man erlebt einen Menschen, der intensiv fühlt, denkt, bisweilen leidet. Man lernt ihn verstehen, ohne dass jemand erklärt.


Im Zentrum des Films steht zwar die Musik, aber immer wieder wird auch deutlich, dass Levits Leben aus mindestens zwei Säulen besteht und dass diese für ihn durchaus gleichberechtigt sind. Seine Berühmtheit mag Levit also über die Musik erlangt haben - er nutzte sie aber, um inhaltlich etwas zu bewegen, Denkkrusten aufzubrechen und sich für wichtige Themen einzusetzen.


ÜBER IGOR LEVIT


In Nizhni Nowgorod geboren, siedelte Igor Levit im Alter von acht Jahren mit seiner Familie nach Deutschland um. Sein Klavierstudium in Hannover absolvierte er mit der höchsten Punktzahl in der Geschichte des Instituts. Für sein politisches Engagement wurde Igor Levit 2019 der 5. Internationale Beethovenpreis verliehen. Im Januar 2020 folgte die Auszeichnung mit der „Statue B“ des Internationalen Auschwitz Komitees anlässlich des 75. Jahrestages der Befreiung von Auschwitz. Seine 53 während des Lockdowns im Frühjahr 2020 auf dem Kurznachrichtendienst Twitter gestreamten Hauskonzerte fanden weltweite Resonanz. Für die Hauskonzerte als Zeichen der Hoffnung und des Gemeinsinns in Zeiten von Isolierung und Verzweiflung sowie für sein Engagement gegen Antisemitismus wurde Igor Levit im Herbst 2020 der Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland verliehen.


Pianist und Ossietzky-Preisträger Igor Levit spielt ein Konzert in Oldenburg
Vernetzt: Die sozialen Medien sind aus Levit Lebens nicht wegzudenken - auch nicht während eines Online-Konzerts zu Lockdown-Zeiten (Bild: Zero One Films)

Doppelt bedeutend


Den Filmtitel „No Fear“ kann man dementsprechend auch doppelt interpretieren. Er steht einerseits - und im Fall der Dokumentation auch in erster Linie - für den unerschrockenen Umgang mit berühmten Werken der Musikgeschichte. Er steht aber genauso für seine öffentlichen Positionierungen zu sensiblen Themen. Er hält unzählige Anfeindungen aus, um sich für die gute Sache einzusetzen. Das ist aus unserer Sicht mindestens so imponierend wie die musikalischen „Mutproben“.


In der Summe ist Levit ein hoch interessanter Mensch und ein würdiger Träger des Ossitzky-Preises. Nutzt die Gelegenheit und lernt ihn besser kennen. Nur keine Angst vor einer zweistündigen Doku über einen Pianisten/Aktivisten!



 

ZEITLOS ZEITGEMÄß

Unser Artikel vom 18. Mai


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