Raum scheint eines der prägenden Themen unserer Zeit zu sein. Er wird weniger, er wird teurer, immer weniger Menschen können sich eigenen Raum überhaupt leisten. Und so ist es nur natürlich, dass diese gesellschaftliche Problematik auch für viele Künstlerinnen und Künstler prägend in ihrem persönlichen Schaffen wird. So auch für die Gründerinnen und Gründer des interdisziplinären Kulturfestivals Kunstkomplex, das in diesem März in eine neue Runde geht und für zwei Tage auf einen anderen Planeten reist.
KUNSTKOMPLEX
- Interdisziplinäres Kulturfestival -
22. & 23. MÄRZ 2024
HAARENSTRAßE 39
26122 OLDENBURG
EINTRITT FREI
Etwas mal so wirklich anders denken, aus den vorgegebenen Mustern ausbrechen und so komplett Neues entstehen lassen - wie schwer das ist, das wird einem erst so richtig klar, wenn man sich damit beschäftigt. Und irgendwie sind wir doch alle ziemlich in unseren Mustern und den Dingen, die wir als selbstverständlich betrachten, festgefahren. Dazu kommt, dass der Mensch im Regelfall der Gewohnheit durchaus angetan ist und es uns meist relativ schwer fällt, all diesen an uns haftenden Ballast abzuschütteln, der ein gedankliches Durchatmen ermöglichen würde.
Doch Shanice Albertine Trninic, Pia Karius, Lena Karius und Carl Wiraeus haben, so scheint es, genau diesen Plan gefasst, möchten sich mit ihrem interdisziplinären Kulturfestival Kunstkomplex dieser Herausforderung stellen und das sogar hier bei uns in Oldenburg in der Haarenstraße. Wobei, so ganz stimmt das gar nicht. Eigentlich ist es sogar falsch. Denn um genau zu sein werden sie hierzu unseren Planeten verlassen und für zwei Tage, vom 22. bis 23. März, einen neuen besiedeln - den Mars.
Eine Frage des (Welt-)Raums
Denn ein neuer Planet wie der Mars ist letztlich eine von jeglicher Zivilisation unberührte (so unsere aktuelle Annahme) Leinwand, die in der Theorie völlig neu gestaltet werden könnte. Fest steht: Der Mars soll und wird eines Tages womöglich wirklich besiedelt werden, auch wenn dieser Tag noch in weiter Entfernung liegen mag. Doch damit gehen Fragen einher: Wer wird ihn besiedeln und warum, haben wir überhaupt Anspruch auf den Mars? Wieso und weshalb glauben wir, dass wir einen solchen haben? Beginnt hier die Fortführung eines historischen Kolonialismus, jedoch mit modernen Facetten und ethischen Dilemmata?
Es wirft Fragen auf, die tiefgreifende soziale und politische Implikationen haben. Die Entscheidung darüber, wer Zugang zum Mars hat und wer nicht, könnte im schlimmsten Falle die Ungleichheit auf der Erde widerspiegeln und diejenigen, die die finanziellen Mittel haben, könnten die privilegierten "Pioniere" sein, während die Ärmsten auf einer nicht mehr lebenswerten, vielleicht sogar lebensfeindlichen Erde zurückgelassen werden und den negativen Auswirkungen des Klimawandels ausgesetzt sind. Darüber hinaus könnte die Besiedelung des Mars durch private Unternehmen dazu führen, dass wirtschaftliche Interessen über ethische und soziale Bedenken gestellt werden. Das mag wie eine nie eintretende Science Fiction Dystopie klingen, mit der wir uns nicht zu beschäftigen brauchen - ist es aber nicht.
Grenzen auflösen
Für das Kunstkomplex Festival wird dieses Bild vom Mars deshalb zu einem wunderbaren Gedankenexperiment, das sich thematisch immer wieder durch die beiden Tage ziehen soll, nicht passender sein könnte und sich ideal auch auf unsere Welt transferieren lässt als Bild für die Auseinandersetzung mit Raum und wie wir über diesen denken (sollten). Auch das, was man unter Festival zu verstehen glaubt, möchte man hierbei ganz bewusst auf den Prüfstand stellen und hinterfragen.
Muss es immer eine klare Trennung zwischen Bühne, den Kunstschaffenden und dem Publikum geben? Schon bei der ersten Auflage des Festivals, das damals noch im Oldenburger Gleispark stattfand, war dem Team wichtig, dass diese Grenze so gut und oft wie möglich aufgelöst wird. Container beherbergten die unterschiedlichen Performances und das Publikum war eingeladen näher heranzutreten, genauer hinzusehen, unterschiedliche Blickwinkel einzunehmen. Der interdisziplinäre Aspekt, der auf keinen künstlerischen Bereich einen besonderen Schwerpunkt legt, sondern u.a. Performance, Musik oder klassische Kunstausstellung gleichwertig nebeneinander platziert, sorgt dabei immer wieder für Überraschungsmomente bei den Besucherinnen und Besuchern.
Und Geld muss ein Festivalbesuch ebenfalls nicht immer zwangsläufig kosten, wie die vier mit ihrem Projekt beweisen, was unter anderem durch Förderungen, wie beispielsweise durch den Oldenburger MACH|WERK Fond für innovative Kulturprojekte, ermöglicht wird. Denn auch in diesem Jahr könnt ihr wieder alles völlig kostenfrei erleben und euch entweder die volle Festivaldröhnung geben oder auch nur in einzelne Termine einen kurzen Blick werfen, um einmal die Luft eines anderen Planeten zu schnuppern.
Für euch bedeutet das letztlich: ihr habt nichts zu verlieren! Schaut in der Haarenstraße 39 vorbei, staunt darüber, wie junge Menschen etwas in unserer Stadt kulturell bewegen möchten und weitet euren Blick für die Vielfalt, in der wir schon diese Welt gestalten können. Denn warum auf den Mars warten, wenn wir schon den Raum direkt vor Ort, vor unserer Haustür zur Utopie gestalten könnten, oder?
Alle Infos zum Festival, zum Line-Up und den einzelnen Programmpunkten findet ihr auf der Instagram Seite des Festivals: www.instagram.com/kunstkomplex_ol
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