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FOTOSTADT DER SUPERLATIVE

Fotos machen alle, spätestens mit dem Siegeszug der Smartphones wurde die Fotografie alltäglich allgegenwärtig. Aber die gelegentliche Knipserei ist natürlich keine Kunst. Oder etwa doch? Was macht ein Foto zum Kulturgut? Eine spannende Frage, auf die Oldenburg viele Antworten gibt. Denn nicht nur feiert die World Press Photo Ausstellung hier große Erfolge, existiert ein Haus der Fotografie und gibt es die Fototage. Mit CEWE hat auch Europas größter Fotoverarbeiter hier seinen Sitz - und der hat nun den weltgrößten Fotowettbewerb durchgeführt.


Every picture tells a story: Über die Bilder bekommt man Eindrücke aus der ganzen Welt (Bild: CEWE)

Starten wir mit einem kleinen Ratespiel: Was vermutet ihr, wie viele Bilder wurden für den „CEWE Photo Award“ eingereicht? Tausend? Vielleicht Zehntausend? Oder sogar Hunderttausend? Nein, alles viel zu wenig. Nicht weniger als 606.289 Bilder wurden von Fotograf:innen auf der ganzen Welt eingereicht. Die Bandbreite reicht dabei von absoluten Belanglosigkeiten bis zu großen Momenten, von schnellen Schnappschüssen zu kunstvoll komponierten Szenerien, von bunten Potpourris zu klaren Formen und Strukturen. Und allzu oft ist es einfach nur der Familienhund, der drollig in die Kamera schaut.


Ein faszinierender Nebeneffekt entsteht durch die Globalität. Da Menschen aus aller Welt ihre Beiträge einreichen, ensteht nicht nur auf der örtlichen Ebene eine vielfältiges Bild, sondern vom gesamten Planeten. Oder zumindest fast, denn das Netz an Bildquellen ist zwar dicht, hat aber natürlich noch Lücken. Trotzdem könnte man sagen: Der Wettbewerb ist eine Momentaufnahme der Welt, ein Mosaik der Anblicke kund Eindrücke. Und als solches ist sie vor allem eines: spannend


 

CEWE PHOTO AWARD 2022 DER WELTGRÖßTE FOTOWETTBEWERB


18. NOVEMBER 2022 BIS 5. MAI 2023


MO - FR 8:30 - 21 UHR

SA 11 - 17 UHR VHS OLDENBURG KARLSTRAßE 25

26123 OLDENBURG

 

Tatsächlich Fotostadt


Die Ausstellung bettet sich ein in eine ganze Reihe von Veranstaltungen rund um die Fotografie. Zu nennen ist da natürlich zu allererst die mit Abstand erfolgreichste: Die World Press Photo Ausstellung Oldenburg lockte bis zu 20.000 Besucher:innen ins Dachgeschoss des Oldenburger Schlosses. Und sie hielt sich auch unter den widrigsten Bedingungen zu Corona-Zeiten wacker. Überzeugt hat sie aber auch durch das ganz starke Rahmenprogramm, das noch mehr über Fotograf:innen und ihr Handwerk verrät als die Ausstellung selbst es tut - zumal die Menschen hinter der Kamera immer wieder persönlich dort Ort sind. Haltet vom 11. März bis 2. April 2023 unbedingt die Augen offen!


Faszinierende Aufnahmen: Eine kleine Auswahl der Monatsgewinner aus dem laufenden Wettbewerb.


Ein Spin-Off der WPP war übrigens die Ausstellung „Polarnight“ von Esther Horvath im Landesmuseum für Natur und Mensch. Wer die Ausstellung damals verpasst hat oder - verständlicherweise - einfach zu einem Fan von ihr geworden sind: Aktuell sind Bilder von Horvath im oberen Foyer des Staatstheaters zu sehen. Sie stehen in Zusammenhang mit dem 2. Symphoniekonzert, das sich dem Klimawandel widmet. Mehr zum Schwerpunktthema Klima in der Oldenburger Kultur erfahrt ihr hier.


AUSSTELLUNGSORT VOLKSHOCHSCHULE


Die Zentrale der Volkshochschule (VHS) Oldenburg
Gut sichtbar: Den Kulturbezug erkennt man bereits von außen an der Wandgestaltung durch Die Jungs (Bild: Volker Kunkel)

In ihrem Kern ist die VHS natürlich eine Bildungseinrichtung. Man kommt hierher, um einen der vielen Kurse zu belegen, die in enormer Anzahl und Bandbreite angeboten werden - vom „Islandpullover Strick-Workshop“ (passend zu den Begegnungen) bis zum „Grundkurs Bridge - Denksport mit Spaßfaktor“.


Und doch ist das nicht alles. Am Standort Karlstraße hat sich die VHS von Anfang an auch als Ausstellungsort verstanden. Für jedes neue Jahr veröffentlich sie eine Ausschreibung, über die sich Künstler:innen tun Institutionen für eine Ausstellung in den Räumlichkeiten der VHS bewerben können.


Der Ort hat Vor- und Nachteile. Das größte Plus ist natürlich der enorme Pubilikumsverkehr. Was hier tagtäglich vorbeiströmt, erreichen manche Museen kaum in einem Monat. Und auch die Öffnungszeiten sind äußerst großzügig. Gleichzeitig herrscht aber viel Trubel, es ist immer was los. Eine museale Erfahrung in engerem Sinne ermöglicht das manchmal nicht. Und natürlich sind die Räumlichkeiten nicht explizit für den Kulturgenuss konzipiert. Hin und wieder würde man sich wahrscheinlich eine andere Hängung wünschen.


Nichtsdestotrotz hat die VHS bewiesen, dass sie in ihrer Zentrale auszeichnete Ausstellungen realisieren kann - und dass die Vorteile die Nachteile eindeutig überwiegen. Für wen die VHS als Ausstellungsort bisher etwas unter dem Radar flog, sollte diese Einschätzung alsbald korrigieren. Warum nicht mit dem größten Fotowettbewerb der Welt?

Von Tagen und Häusern


Eine Nummer kleiner als die WPP sind (noch) die Fototage Oldenburg, die aber auch erstmal zweimal stattfanden. Sie firmieren nun unter dem Namen „reframed“ und haben zuletzt sechs teils kostenfreie Ausstellungen unter einem Dach vereint und somit leichte Zugänge zum Thema Fotografie geschaffen.


Die Keimzelle des Projekts liegt in der Begegnungen-Reihe des städtischen Kulturbüros. Die Fototage werden nämlich auch von dort aus organisiert - und nehmen einige Ideen auf, die bereits bei den Begegnungen überzeugen konnten, auch wenn die Reihe weit mehr bietet als „nur“ Fotografie. Im jeweils Biennalen Rhythmus wechseln sich die beiden Formate nun ab, so dass für die Oldenburger Kulturbegeisterten jedes Jahr ein Highlight ansteht.


Aftermovie: Ein kleiner Rückblick auf die Fototage 2021 (Video: Kevin Altenberger)

Seit drei Jahren gibt es übrigens auch ein Haus der Fotografie - kurioserweise bislang ohne eigens Haus. Aber der Name ist wohl einfach als Prophezeiung zu verstehen. Eines Tages wird es kommen und man darf bereits gespannt sein, wie es mit Leben gefüllt werden wird. Ideen gibt es jedenfalls einige. So oder so genießt die Fotografie in Oldenburg größte Wertschätzung. Und so ist auch zu erklären, dass der weltgrößte Fotowettbewerb hier organisiert wird - und nicht in New York, London oder Hongkong.



Ausstellung plus X


Die CEWE Ausstellung scheint in Oldenburg also auf außerordentlich fruchtbaren Boden zu fallen. Fotointeressierte gibt es hier en masse, Fotograf:innen sogar auch - zumindest, wenn man all die Hobbyknipser dazuzählt, die vielleicht nicht ganz auf professionellem Niveau unterwegs sind, aber doch fast. Insofern ist es wohl kein allzu großes Wagnis, wenn man davon ausgeht, dass diese Ausstellung ein Erfolg ist - trotz eines Aussztellungsortes, den viele nicht bewusst als Galerie ansteuern.


Selbermachen: In der VHS kann man gelungene Bilder nicht nur ansehen, sondern auch lernen, wie man selber welche kreiert. (Screenshot: Kulturschnack)


Und einen weiteren Vorteil der VHS haben wir noch gar nicht genannt: Man kann nicht nur konsumieren, man kann auch selbst agieren. Natürlich bietet die Bildungseinrichtung zahlreiche Kurse an, die sich mit dem Thema der Ausstellung - also: der Fotografie - beschäftigen. Wer sich von den Aufnahmen also inspiriert fühlt, kann gleich seine Professionalisierung anstreben. Oder halt erstmal: einfach etwas besser werden. Man muss ja nicht gleich eine Karriere draus machen.


Sicher ist jedenfalls eines: Wenn Ausstellung und Kurse auf fruchtbaren Boden fallen - und davon ist auszugehen - dann wird die Zahl der Einreichungen beim nächsten CEWE Foto Award sicher nicht geringer ausfallen. Der läuft übrigens gerade, noch bis zum 31. Mai. Also schießt noch ein paar Fotos, dann seid ihr auch dabei und am Ende steht vielleicht ein neuer Rekord. Und das ist natürlich der Anspruch, schließlich ist Oldenburg eine Fotostadt der Superlative.

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