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VORSICHT, POESIE!

Kennt ihr den Betriff Metrophobie? Wörtlich übersetzt handelt es sich dabei um eine irrationale Angst vor... Poesie!? Ja, genau. Und was uns zunächst kurios erscheint, ist bei genauerem Hinsehen durchaus symptomatisch für unsere eng getaktete, hoch verdichtete Gegenwart. Denn letztlich steht auch diese Angst für: Druck. Eine gute Therapieformen, um persönliche Ängste wie diese zu überwinden ist die Konfrontation. Also, lasst uns reden!


Poetry Slammerin Eva-Lisa
Routiniert, aber nahbar: Bei der Rückkehr der Metrophobia-Lesebühne ist Eva-Lisa mit dabei. (Bild: Mischpult)

Der ideale Ort dafür ist die Lesebühne Metrophobia des Literaturhauses Oldenburg - und das bereits seit zwölf Jahren. Sie feiert die Wortkunst - und lädt uns dazu ein, sich von der Faszination Sprache mitreißen zu lassen. Dabei geht es weniger um eine Konfrontation in einen herkömmlichen Sinne, sondern eher um eine Begegnung, um ein Annähern und um ein Verstehen. Denn eins ist vollkommen klar: Poesie - oder Slam Poetry - holt nicht alle Menschen an derselben Stelle ab. Jeder hat einer andere Affinität zur Sprache. Bei den einen ist sie stark ausgeprägt, bei den anderen weniger. Deshalb braucht es Orte, die keine Schwellen haben, wo jeder eingeladen und willkommen ist. Der Rest kommt von selbst.


 

LESEBÜHNE METROPHOBIA


DIENSTAG, 11. OKTOBER, 19:30 UHR (RESERVIERUNG) ENTRITT: 6,- € / ERM. 5,- €*


MUSIK- UND LITERATURHAUS WILHELM13

26121 OLDENBURG



* FÜR STUDIERENDE GIBT ES DAS ASTA-KULTURTICKET
 

Kleine Welten


Denn etwas anderes ist auch vollkommen klar: Dass Sprache letztlich alles begeistern kann, wenn man einen geeigneten Zugang bietet. Und das nicht zuletzt deshalb, weil es nicht nur darum geht, wie etwas gesagt wird, sondern auch was gesagt wird. Poetry Slams zeigen Sprache, wie man sie sonst selten erlebt. Wie sich das anfühlt, haben wir hier schon einmal beschrieben. Sie geben aber immer auch inhaltliche Impulse. Kluge Gedanken und raffinierte Einfälle zu den großen Themen der Welt und zu den kleinen Problemen im Alltag. Auch dieser Input ist wertvoll:


Der altgriechischen Herkunft nach bedeutet Poesie „Erschaffung“. Und genau das passiert bei Metrophobia: Mit der Sprache werden kleine (Gedanken-)Welten erschaffen, in denen jeder*r für die Dauer des Slams ein Zuhause hat.


Große Wirkung


Metrophobia ist ein ideales Format, um einer etwaigen Poesiefurcht entgegenzuwirken, vor allem aber um - erstmals oder tiefer - in die Welt der Wortakrobatik und Silbenrhythmik einzutauchen: Die Lesebühne verklärt sie nämlich nicht zum Fachgebiet weniger Spezialist:innen, sie macht sie zu einer gemeinsamen Sache von Protagonist:innen und Publikum. Der Schlüsselbegriff ist: Nähe. Im überaus charmanten Wilhelm13 kommt man sich schon ganz zwangsläufig nahe, aber bei diesem Format passiert es nicht nur räumlich, sondern auch persönlich.


Dafür sorgt auch das „Personal“: Metrophobia-Mitgründerin Annika Blanke wird höchstselbst auf der Bühne stehen und den Blick zurückwerfen auf die Zeit, die zwischen der letzten Veranstaltung im Februar 2020 und dem Neuanfang im Oktober 2022 liegt. Was diese Phase angeht, gilt dasselbe, was oben im Teaser steht: Lasst uns reden!


Ein Gast beim Neuanfang ist der Klavier-Kabarettist Matthias Reuter aus Oberhausen. Er war bereits zu Gast im Fernsehen ("Die Anstalt") sowie in verschiedenen Rundfunksendungen unter anderem der Sender Deutschlandfunk, WDR 2 sowie WDR 5. Ebenfalls mit dabei ist die Dortmunderin Eva-Lisa. Seit 2018 stürmt sie über die Slambühnen im deutschsprachigen Raum. 2019 stand sie im Finale der Poetry Slam-Landesmeisterschaften NRW - bei denen sie drei Tage nach Metrophobia übrigens wieder antritt. Wir drücken die Daumen!



Metrophobia vs. Metrophobia


Wie genial ist es eigentlich, ein Veranstaltungsformat nach einer Angst zu benennen - und mit eben diesem Format schon ein probates Gegenmittel zu liefern? Natürlich gibt es keinen Heilungsanspruch im medizinischen Sinne. Wer tatsächlich unter Metrophobie leidet, wird sie nicht an einem Abend ihm Wilhelm13 überwinden. Zumindest aber taugt die Atmosphäre dazu, den Reiz und die Kraft der Worte besser zu verstehen - und vielleicht sogar eine eigene Begeisterung zu entdecken, also die „Phobia“ in eine „Philia“ zu verwandeln. Dann heißt es in Zukunft sicher nicht mehr: Vorsicht, Poesie!

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