Seit Mitte 2020 schreibt Kulturschnacker Thorsten eine monatliche Kolumne für die wunderbare Spielzeitung des Oldenburgischen Staatstheaters. Digital findet ihr sie zum Nachblättern unter www.staatstheater.de. Oder: hier.

Geben wir es ruhig zu: Es gibt Pressetermine, die etwas unspektakulär sind. Bei denen sich zum Beispiel der Nachrichtenwert in Grenzen hält oder wo der Informationsgehalt eher dünn ist. Es gibt aber auch das genaue Gegenteil, nämlich die Spielzeit-Pressekonferenz im Oldenburgischen Staatstheater. Sie ist prallgefüllt mit fantastischen, faszinierenden, fesselnden Neuigkeiten – und weckt die Vorfreude auf ein prallgefülltes Theaterjahr!
Mit Liebe und Leidenschaft
Dabei geht es nicht etwa um Pathos und Bombast bei der Präsentation. Es sind nicht Setting und Inszenierung, die den Termin besonders machen. Er unterscheidet sich gar nicht so maßgeblich von jenen Terminen, die etwas unspektakulär sind. Im bestem Sinne mindblowing ist etwas anderes: Nämlich die schiere Menge an höchst unterschiedlichen Ideen, die jeweils für sich selbst schon eine PK verdient hätten. Alle zusammen? Sind spektakulär. Denn Quantität und Qualität gehen Hand in Hand. Nehmen wir mal die Oper als Beispiel. Bei den Ausführungen der Verantwortlichen geht es vordergründig um die Ankündigung dessen, was passieren wird.
Wer aufmerksam lauscht, hört aber sehr viel mehr heraus: die Liebe zur Musik, eine Leidenschaft für Feinheiten, die Lust am Gestalten, eine Vorfreude auf die Reaktionen des Publikums und der Stolz, etwas auf die Beine gestellt zu haben, das die Stadt bereichern wird.
Man kann kaum anders, als sich davon anstecken oder sogar mitreißen zu lassen – selbst wenn man mit Opern sonst nichts anfangen kann. Dieses Prinzip funktioniert ebenso gut beim Schauspiel, das auch bei Menschen ohne ausgeprägte Theateraffinität Widerhall findet, weil Themen verhandelt werden, die uns alle betreffen oder zu denen wir leicht Verbindungen aufbauen können. Aber auch bei der Theatervermittlung, dem Niederdeutschen Theater und der Sparte 7 ist das Herzblut aller Beteiligten deutlich zu spüren – und das führt immer wieder zu begeisternden Produktionen, Projekten, Formaten, Experimenten.
Es ist stets aufs Neue faszinierend, dass die aufwändigen Produktionen auf einen Titel und eine Kurzbeschreibung komprimiert werden können und trotzdem Interesse auslösen. Immerhin wirken im Hintergrund – manchmal über Jahre hinweg – unzählige Menschen zusammen, um ein Stück entstehen zu lassen, das die Menschen möglichst intensiv berühren soll. Diese Macht und Kraft des Theaters ist eigentlich schwer zu beschreiben, weil Ambiente und Atmosphäre eine wichtige Rolle spielen.
Wie sich der Moment anfühlt, muss man eigentlich selbst erleben. Doch hier wird beides trotzdem spürbar – weil deutlich wird, dass die Beteiligten ihre Imagination und Leidenschaft in die Projekte gesteckt haben. Man spürt die Energie, die Kreativität.
Aus Interesse wird Vorfreude
Auch wenn vieles auf der PK zwangsläufig nur angerissen wird, ist sie dennoch – und zwar in genau dieser Form – ein wunderbarer Termin. Die geballte Ladung Kultur erwischt uns stets mit voller Wucht. Sie macht spürbar, wie vielfältig, bedeutungsvoll, bewegend und mitreißend ein Theaterprogramm sein kann. Als Gast wünsche ich mir immer wieder, dass alle Oldenburger:innen diesem Moment beiwohnen könnten. Und damit meine ich nicht nur die Kulturinteressierten, sondern tatsächlich: alle. Ich bin überzeugt davon, dass nicht wenige sich anstecken lassen würden.
Natürlich müssen Pressetermine nicht spektakulär sein; und deswegen werden es die meisten auch weiterhin nicht sein. Wie gesagt geht es nicht um Pathos und Bombast, um Setting und Inszenierung. Die Spielzeit-PK des Staatstheaters erzeugt ihre enorme Wirkung durch die Substanz. Nachrichtenwert und Informationsgehalt sind maximal hoch. Und obwohl der Vortrag stets sachlich ist, kommt noch etwas hinzu: die Emotionen. Sie sind der Verstärker, der aus Interesse Vorfreude macht – und der diesem besonderen Termin seine Wirkungskraft verleiht.
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