Irgendwo habe ich vor einer Weile gehört, dass wir im Zeitalter der Krisen leben. Corona, Lockdown, Isolation, Krieg und die damit verbundenen Folgen, das alles geht nicht immer völlig spurlos an einem vorbei. Darum möchte ich heute meinen ersten Artikel unserer noch frischen Rubrik dazu nutzen, euch an einem Lied teilhaben zu lassen, das mir in den letzten Tagen immer wieder Freude bereitet hat. Warum nicht mal, zumindest für 3 Minuten und 50 Sekunden, die Zukunft pink sehen?
Denn Peter Fox hat einen neuen Song veröffentlicht. Das letzte und damals erste Album des SEEED Frontmanns mit dem Titel "Stadtaffe", das erschien bereits 2008, also vor 14 Jahren. Das Album war jedoch nicht irgendein Album. Alles daran war Besonders. Für mich, damals als Musik-Nerd im kleinen beschaulichen Dorf an der Nordseeküste und für viele, viele Weitere wurde es das ebenfalls. Von der Entstehung bis hin zu dem, was auf die Veröffentlichung folgte.
Eigentlich als reines Produzentenprojekt vom Mr. Fox geplant, wollte er ein modernes Album produzieren, jedoch gepaart mit einem riesigen Orchester. Den passenden Sänger für das Album hatte er mit CeeLo Green auch schon, doch der wollte nur kurz vorher noch eben ein anderes kleines Projekt fertigstellen: Gnarls Barkley
Dann kam "Crazy" raus, der Rest ist Geschichte und, merkwürdigerweise, hatte sein eigentlicher Sänger plötzlich keine Zeit mehr für das Projekt. Naja, dann macht er es halt selbst. Angeblich völlig auf eigene Kosten produzierte er das Album, gemeinsam mit einem Team das später als "The Krauts" maßgeblich den Erfolg von weiteren Künstlern wie Marteria mitprägen würde. Dabei war überhaupt nicht klar, ob sich irgendjemand dafür interessiert.
Der Name ist Programm. Täglich sehen wir unzählige spannende, aufregende, überraschende, bewegende, irritierende oder kuriose News aus dem Kultursektor. Vieles verarbeiten wir beim Kulturschnack, vieles andere aber nicht. Hier ist Platz für kleine Zufälligkeiten, die nicht in unseren Redaktionsplan und/oder unsere Agenda passen, die wir aber trotzdem mit euch teilen wollen. Einfach so.
Dabei wechseln wir uns ab. Mal kommt der Content von Kevin, mal von Thorsten. Das machen wir sichtbar, weil wir hier auch persönliche Gedanken und Meinungen äußern. |
Wie wir heute wissen: Die Leute interessierten sich. Sehr! Mit der Single "Alles Neu" und dem von vorne bis hinten durchdachten Gesamtkonzept des Albums, gelang ein Durchbruch, der lange Zeit ungekannt war und das Ausmaß des Erfolgs, den er bereits mit seiner eigentlichen Band "Seeed" hatte, noch um ein Vielfaches überstieg. Von jung bis alt, alle hörten Peter Fox und selten war ich mir damals mit meiner Mutter auf Autofahrten so einig über das, was wir hörten.
Woran das lag? Ich habe es mir immer mit den meisterhaft geschriebenen Texten erklärt, die es schafften durch kleine sprachliche Bilder des Alltags, eine große emotionale Wirkung für mich als Hörenden zu entfalten, die einfach begeistert - wahrscheinlich egal wie jung oder alt man ist.
Deshalb gehört "Stadtaffe" heute, mit weit über einer Millionen verkaufter Tonträger, auch zu den Bestsellern der deutschen Musikgeschichte. Das Besondere: das Ganze geschah in einer Zeit, in der massenweise sogenannte Raubkopien an der Tagesordnung standen, die Musikbranche in der Krise steckte und Spotify noch ein eher kleineres Unternehmen in Schweden mit einer - aus damaliger Perspektive - völlig absurden Idee war.
Diese Geschichte der verrückten Zufälle und Superlative begeistert mich bis heute und zeigt ganz wunderbar, dass große Kunst nicht immer so entsteht, wie man sich das vielleicht mal dachte und auch plötzliche Hindernisse und die Herausforderung einfach das Beste aus der Situation zu machen, Triebfeder sein können.
"Weil wir die Zukunft sind, seh' ich die Zukunft pink."
Nun also, so viele Jahre später, erscheint eine neue Single und die popkulturelle Größe dieser Tatsache holt den deutlich jüngeren Kevin direkt in 2008 mit dem gleichen Enthusiasmus ab wie damals. Oftmals wird die Musik dann dieser Vorfreude nicht gerecht, weil die Erwartungshaltung bereits viel zu groß war. Doch ich persönlich wurde alles andere als enttäuscht, finde ihn super und möchte ihn euch deshalb wärmstens empfehlen, einfach weil er mir ein wirklich gutes, positives Gefühl gibt. Bei allen Ungewissheiten und Herausforderungen, die die kommenden Monate noch mit sich bringen, sei es für die Kulturszene, für die Gesellschaft und für uns alle im Privaten, ist es doch irgendwie schön, sich auf musikalischem Wege mal kurz eine Zwischendosis puren Optimismus abholen zu können.
Denn auch wenn dieser keine Probleme direkt löst, kann er doch definitiv nicht schaden, egal wann, bei egal was.
Nicht unangemerkt möchte ich lassen, dass sich Peter Fox nach Veröffentlichung des Songs mit dem Vorwurf der kulturellen Aneignung konfrontiert sah und mit diesem konstruktiv auseinandersetzte. Darüber könnt ihr beispielsweise HIER mehr lesen.
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