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SELIGKEITEN ERLEBEN

Nein, der Hinterhof des Landemuseums für Natur und Mensch war lange Zeit nicht gerade ein kultureller Hotspot. Vorwiegend als Parkplatz und Lagerfläche genutzt, erschloss sich sein Reiz bestenfalls auf den zweiten Blick. Erst als dort in kurzer Abfolge die „Polarnights“-Ausstellung eröffnet wurde, die umBAUbar ein Ausweichquartier fand und der Freizeitlärm e.V. das „Sonnendeck“ umsetzte, wurde der Platz zum Place to be. Diese junge Tradition setzt nun schon im dritten Jahr Pelle, der Späti fort. Was das ist? Und was das mit Kultur zu tun hat? Lest ihr hier!


Pelle der Späte am Landesmuseum Natur und Mensch in Oldenburg, ein Ort der Kultur
Nice: Der Spruch auf dem Hoodie steht symbolisch für die entspannte Atmosphäre bei Pelle, der Späti - nun schon zum dritten Mal im Hinterhof des Landesmuseums Natur + Mensch. (Bild: Andreas Behr)

Kultur wird häufig mit Institutionen verbunden: mit Museen und Galerien, Theatern oder Konzerthallen. Daran ist nichts falsch, denn überall dort hat sie eine Heimat. Nur darf man eine Bestandsaufnahme an dieser Stelle nicht stoppen, denn da ist noch viel mehr. Kultur findet nämlich auch außerhalb dieser etablierten Orte statt. Abseits konkreter Erwartungen bieten zwanglose Zwischenräume wichtige Gelegenheiten zum Ausprobieren und Experimentieren, für erste Schritte und weitere Gehversuche.


Zu diesen Orten zählt seit dem Sommer 2022 auch Pelle, der Späti. Dessen Setup ist zunächst unspektakulär: Ein Hinterhof, eine kleine Bar, einige Sitzgelegenheiten, dazu mal ein Open Turntable, mal eine Bühne. Das ist nichts, was in dieser Form noch nirgendwo gab. Und doch entsteht im Ergebnis mehr als die Summe der einzelnen Teile: eine spezielle Atmosphäre, die zur Interaktion einlädt - miteinander und mit der Kultur. Pelle ist ein unkompliziertes, unverbindliches, urbanes Kulturangebot, das vielleicht nicht die Qualitäten institutioneller Angebote hat, dafür aber ganz andere und ganz eigene - und die braucht eine Großstadt genauso sehr,


 

PELLE, DER SPÄTI

30. MAI BIS 26. SEPTEMBER IMMER DONNERSTAGS

17 BIS 22 UHR ' LANDESMUSEUM FÜR NATUR UND MENSCH

26135 OLDENBURG

 

Treffpunkt mit Turntable


Am 30. Mai startete Pelle in seinen dritten Sommer. Obwohl das Projekt theoretisch ungünstige Bedingungen hat - keine Innenstadt-Lage, kein klar definiertes Kulturprodukt, keine Marketing-Maschinerie im Hintergrund - konnte es sich auf Anhieb etablieren. Die Atmosphäre, die Madlene Oepping und Cora Issig am Damm erzeugen konnten, stieß in eine gefühlte Lücke des Oldenburger Kulturlebens: Was manchen fehlte, war ein unverbindlicher Treffpunkt von und für kulturaffine(n) Menschen, der nichts verlangt, aber viel ermöglicht. Jetzt ist er vorhanden. Wie es dazu kam, erzählen die beiden hier.



Ein DJ am Turntable
Unbefugt? Nein, bei Pelle, der Späti sind alle willkommen. (Bild: Kulturschnack)

Ihr seid mit Pelle im Jahr 2022 an den Start gegangen. Gefühltermaßen: Einfach mal so! Wie kam es dazu?


Wir haben gemeinsam in der Gastronomie und im Kulturbereich gearbeitet und hatten irgendwann die Idee, einen Späti mit Kulturangebot zu eröffnen, einfach weil wir Lust drauf hatten und uns sowas in Oldenburg gefehlt hat. Räumlichkeiten dafür zu finden, war erst enorm schwierig, da wir fast ohne Kapital an den Start gegangen sind. Mit der Hilfe und Unterstützung einiger lieber Menschen kam es dann zum Foodtruck und dem schönen Plätzchen am Landesmuseum.

Wie seid ihr eigentlich auf diesen Namen gekommen?


Wir haben uns im Café Saltkrokan kennengelernt und während unseres Masterstudiums gemeinsam dort gearbeitet. Das Saltkrokan war unser zweites Wohnzimmer und ohne das Café würde es den Späti nicht geben. „Pelle“ ist eine Figur aus dem Buch „Ferien auf Saltkrokan“ von Astrid Lindgren. Dieser Text beschreibt ihn ganz gut:


„Pelle erlebte das ganze Dasein als eine Reihe von Wundern, und er war ständig damit beschäftigt, sie zu erforschen, geduldig und seiner Arbeit hingegeben, wie es sich für einen Forscher gehörte. Melcher empfand hin und wieder so etwas wie Neid, wenn er seinen Jüngsten beobachtete. Weshalb konnte man nicht das ganze Leben hindurch die Fähigkeit bewahren, Erde und Gras und rauschenden Regen und Sternenhimmel als Seligkeiten zu erleben?“

Der Food Truck von Pelle, der Späte am Landesmuseum Natur und Mensch in Oldenburg
Ready, set, go: Ende Mai sind Cora (l) und Madlene (r) in den dritten Pelle-Sommer gestartet. (Bild: Erik Hillmer)

Der Standort am Landesmuseum war bisher kein Hotspot für Straßenkultur. Warum gerade dort?


Der Platz am Landesmuseum kam uns in den Sinn, weil die umBAUbar dort im Sommer 2021 übergangsweise war. Wir haben dann einfach mal nachgefragt und daraus hat sich eine wunderbare Zusammenarbeit ergeben. Der Platz passt für uns einfach perfekt, weil er genau die richtige Atmosphäre zum gemütlichen Zusammensitzen hat.


Eine Sache ist aber anders als bisher: Ihr müsst auf euren Foodtruck verzichten. Wie schwer fiel der Abschied?

 

Klar war es erstmal schade, dass dieses optische Highlight wegfällt. Der Truck war jetzt zwei Jahre lang unser treuer Begleiter. Aber wir haben uns dann schnell auf eine neue Herausforderung gefreut und darauf, Neues auszuprobieren! Der Atmosphäre bei uns tut es zum Glück keinen Abbruch, dass der Truck fehlt. 



Karte der Stadt Oldenburg mit einer <markierung für die Lage von Pelle, dem Späti
Etwas versteckt: Pelle hat keine 1A-Innenstadt-Lage. Aber genau das macht den Späti so angenehm unprätentiös. (Grafik: Openstreetmap/Kulturschnack)

Warum ist es jetzt genauso schön wie vorher?

 

Weil unser Angebot (fast) das gleiche bleibt, genauso wie die gemütliche und entspannte Atmosphäre. Es ist genauso kreativ, offen, unkonventionell und liebevoll gestaltet wie vorher. Der einzige Unterschied ist, dass wir jetzt noch mehr mit dem Ort verbunden sind.


Neben der wunderbaren Atmosphäre hattet ihr in den letzten Jahren u.a. einen Open Turntable . Wird das "Selbermachen" weiter Bestandteil von Pelle bleiben? Und was habt ihr dieses Jahr sonst geplant?


Anders als in den letzten Jahren haben wir schon jetzt ein fest stehendes Programm, auch weil viele tolle Leute auf uns zugekommen sind und wir als Kulturort etablierter sind, Das freut uns sehr! Das heißt: Es bleibt bei Snacks und Drinks, dieses Jahr aber mit festem Programm.


PELLES DRITTER SOMMER VOLLES PROGRAMM Improvisation war gestern: Das Programm bei Pelle, der Späti in diesem Jahr schon weitgehend durchgeplant. Man könnte auch sagen: Madlene und Cora kommen immer mehr an in der Oldenburger Kulturszene. Der Vorteil daran: Ich dürft euch auf einiges vorfreuen. Nämlich auf Folgendes.

Pelle, der Späti vor dem Landesmuseum Natur  + Mensch in Oldenburg
Stimmungsvoll: Ob mit oder ohne Truck - die Atmosphäre bei Pelle, der Späti ist einzigartig. (Bild: Sören Bockhoop)

20. JUNI - Sylvie Gühmann, Lesung

27. JUNI - Foxitec, DJ 

4. JULI - Kommando Freibier, Konzert 

18. JULI - Izzylue, Konzert 

25. JULI - Miri Baguley, Konzert 

1. AUGUST - Ravers for Future, verschiedene DJs

8. AUGUST - Cantantes del Puerto, Konzert 

15. AUGUST - LOLdenburg, Stand Up Comedy 

22. AUGUST - Harry, NewNez und Swiftless, DnB Djs

19. SEPTEMBER - Ultraviolett, DJ


Im Jahr 2023 hattet ihr eine Förderung von Mach|Werk. Was hatte sich dadurch verändert?


Die Förderung von Mach|Werk hat uns ermöglicht, an einige Dinge professioneller ranzugehen, besser zu planen, Neues auszuprobieren und mehr finanzielle Sicherheit zu haben. Im ersten Sommer haben uns ganz viele Menschen freiwillig und kostenlos unterstützt, was keine Selbstverständlichkeit ist. Wir sind sehr froh und dankbar, dass wir zum Beispiel den DJs, die bei uns aufgelegt haben, dank der Förderung ein Honorar zahlen konnten.


Kunst und Kultur sollen zwar niedrigschwellig zugänglich sein, dabei wird aber häufig vergessen, dass die Künstler:innen auch von etwas leben möchten.

In diesem Jahr steht ihr finanziell wieder auf eigenen Beinen. Macht es das schwerer?

 

Ja, die finanzielle Situation ist natürlich etwas angespannter, da wir den Künstler:innen weiterhin Gage zahlen wollen. Auch Investitionen zur Weiterentwicklung des Projekts sind schwerer zu finanzieren. Trotzdem war die Förderung der Stadt eine wichtige Voraussetzung dafür, dass wir immer noch da sind und uns "etablieren" konnten, wofür wir sehr dankbar sind!


Pelle der Späti, ein Kulturangebot in Oldenburg
Gute Stimmung: Madlene und Cora heben viel Spaß an ihrem „Job“ - der eigentlich ein Hobby ist.. (Bild: JNB Media)

Pelle ist bisher eine saisonale Sommerattraktion. Darf man darauf hoffen, dass es ihn irgendwann auch ganzjährig gibt, z.B. als feste Museumsgastronomie?

 

Wir würden uns sehr freuen, wenn Pelle das ganze Jahr über sein kleines Kulturprogramm zeigen könnte. Im Moment gibt es noch keine Möglichkeit, das umzusetzen, Wir freuen uns aber über jede Idee, jeden Raum zum ausprobieren oder, oder, oder.


Wir haben uns weder Ziele noch Limits gesetzt, bleiben offen für alles, was uns über den Weg läuft, und für alle Ideen, auf die wir noch so kommen!

Ihr macht das alles nebenbei. Wie schafft man sowas?


Wir sind ein top Team und gute Freundinnen. Die „Arbeit“ bei Pelle macht uns so viel Spaß und ist für uns ein toller Ausgleich zu unseren Jobs. Wir lernen viel, haben mit tollen Menschen zu tun und gestalten das kulturelle Leben dieser Stadt mit. Wir finden, das ist eine super Feierabendbeschäftigung!

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