top of page

DIE ZUKUNFT OLDENBURGS

  • kulturschnack
  • vor 15 Stunden
  • 5 Min. Lesezeit

Vom Erfinder und Philosophen Charles Kettering ist ein kluger Satz überliefert: „Ich denke viel an die Zukunft, schließlich verbringe ich dort den Rest meines Lebens.“ Was er für sich formuliert hat, gilt aber auch in größeren Maßstäben. Nur wer sich rechtzeitig Gedanken macht, kann den Lauf der Dinge beeinflussen. Was Oldenburg betrifft, können wir nun gemeinsam in die Glaskugel schauen. Unter dem Titel „ZUKUNFT_OL+50“ ruft Helene von Oldenburg dazu auf, sich künstlerisch mit unserer Zukunft zu beschäftigen.


Zukunftsvision für das Kulturzentrum PFL in Oldenburg mit drei Personen und fliegenden Autos
Bald schon Alltag? Was die Zukunft bringt, wissen wir nicht. Einen Einfluss haben wir aber durchaus. (Bild: Canva AI / Kulturschnack)

Wir alle denken über die Zukunft nach. Wenn wir uns ein Ziel setzen, dann erreichen wir es nicht hier und heute, sondern bald, demnächst oder hoffentlich zumindest irgendwann. Ganz egal, worum es geht: Wenn wir Ergebnisse wollen, dann müssen wir vorausdenken, entscheiden, anfangen. Und das gilt nicht nur für uns selbst, das gilt auch für unsere Szenen, unsere Städte, unser gesamtes Sozialgefüge.


Aber wie genau entwirft man eigentlich Pläne, die über unseren Wirkungsbereich hinausgehen und die auch andere betreffen? Wie findet man heraus, ob sie zustimmen oder nicht? Was nützen all unsere klugen Gedanken, wenn niemand davon erfährt? Und nicht zuletzt: Auf welchem Wege lassen sich unsere Ideen eigentlich am besten formulieren und verständlich machen? Einen Vorschlag dazu macht die Künstlerin Helene von Oldenburg mit ihrem Projekt „ZUKUNFT_OL+50". Ihr seid dazu aufgerufen, eure persönlichen Impulse für das Oldenburg von morgen und übermorgen zu geben. Im Mittelpunkt stehen dabei: eure Kreativität und die Mittel der Kunst!


ZUKUNFT_OL+50

OPEN CALL BIS 15. SEPTEMBER 2025


BEWERBUNGEN ( <10MB ) UNTER ANGABE VON NAME, TITEL, TECHNIK UND GRÖßE PER EMAIL AN ZUKUNFT.OL.50@GMX.DE

AUSSTELLUNG VOM 16. NOVEMBER 2025 BIS 10. JANUAR 2026


LANDESMUSEM KUNST & KULTUR

SCHLOSSPLATZ 1

26122 OLDENBURG



Oldenburg: Die Übermorgenstadt


Die Älteren erinnern sich: Als Oldenburg sich als deutsche „Stadt der Wissenschaft 2009“ bewarb, tat sie das unter der Überschrift „Die Übermorgenstadt“. Kritiker:innen monierten damals, dass sich diese Beschreibung wohl kaum mit der Realität decken würde. Das stimmte auch, gemeint war mit dem ambitionierten Begriff jedoch etwas anderes: Nämlich eine Anspruchshaltung, eine Idealvorstellung, eine neue Form visionären Denkens auf Basis von vorhandenen Stärken. Die Jury hat das damals erkannt: Oldenburg war erfolgreich und gewann den Titel.



Zukunftsvision für Oldenburg aus dem Jahr 1922
Zukunft aus der Vergangenheit; Im Jahre 1922 wurde diese zum Glück noch nicht eingetretene Zukunftsvision für Oldenburg entworfen. Unten im Bild: die Lambertikirche. (Bild: Stadtarchiv Oldenburg)

Tatsächlich hat der weite Blick nach vorn an der Hunte Tradition. Anlässlich der „Oldenburger Woche“ im Mai 1922 etwa wurde eine sechsteilige Reihe von Notgeld-Scheinen entworfen, die allesamt das Oldenburg der Zukunft - genauer gesagt: im Jahr 2000 - darstellen sollten. Die Ergebnisse waren teils zu konservativ und wurden schon Jahrzehnte vor dem Millennium von der Realität überholt. Andere waren beinahe schon dystopisch und werden hoffentlich noch lange nicht eintreten. Was aber aus den Entwürfen spricht, ist der Reiz, sich mit der Zukunft zu beschäftigen und sie dabei visuell und ästhetisch greifbar zu machen.



Zukunft als Kunst, Kunst für Zukunft


Genau das hat sich Helene von Oldenburg zum Ziel gesetzt. Die in Rastede und Hamburg lebende Künstlerin arbeitet in den Grenzbereichen von Kunst, Wissenschaft und Medien und ruft nun dazu auf, sich künstlerisch-kreativ mit der Zukunft der Stadt auseinanderzusetzen. Das tut sie aber nicht etwa aus dem Blickwinkel einer Soziologin oder Stadtplanerin: „Ich setze 'Zukunft' als künstlerisches Mittel ein“, beschreibt sie ihren Ansatz. In den Neunziger Jahren habe sie Performances und Ausstellungen zur Ausbreitung des digitalen Mediums gemacht; zu einer Zeit also, als das Internet noch über mit unvorstellbar langsamen 28.8 Kbit in unser Zuhause tickerte. „Damals war der Zukunftsaspekt ein Mittel, um das Publikum heranzuholen, gleichzeitig aber auch zurücktreten zu lassen, um einen Überblick über das Zeitgeschehen zu bekommen.“ In einem partizipativen Projekt eröffne die „Zukunft“ einen Freiraum für die Beteiligten und die Besucher:innen.



Aufruf an alle: Der „Open Call“ stößt hoffentlich auf große Resonanz, denn nur so entstehtz ein umfassendes Bild der Zukunft Oldenburgs. (Grafiken: Landesmuseum Kunst & Kultur)


Diese Erfahrung machte Helene auch im Jahr 2019 als sie ein ähnliches Projekt in Ostholstein durchführte. Dort aber ging der Blick nicht „nur“ fünfzig Jahre in die Zukunft, sondern gleich fünfhundert. Denkt man an der Ostseeküste etwa so viel weiter als an der Hunte? „In den vergangenen sechs Jahren hat sich meine Sicht auf die Welt, die Werte, einfach alles, völlig auf den Kopf gestellt“, stellt sie fest und dürfte dabei unter anderem an die Corona-Pandemie, den Überfall Russlands auf die Ukraine, das Scheitern der Ampel, die Wiederwahl Trumps und den globalen Rechtsruck denken.


„Wenn jemand vor sechs Jahren zu mir gesagt hätte, wir werden Angst um die Existenz der Demokratie haben, machtgesteuerte Despoten werden Kriege führen, die bis zu uns reichen, Staaten werden menschenverachtende Strategien fahren, dann hätte ich das nicht wirklich, zumindest nicht in diesem Ausmaß für möglich gehalten.“

Aus vielen Gesprächen wisse sie, dass es anderen auch so gehe. Ein etwas näher liegender Denkhorizont schien deshalb eine guter Ansatz zu sein, um die Gedanken und Visionen näher an die konkreten Lebensrealitäten zu rücken. Dennoch bleiben auch fünfzig Jahre eine sehr lange Zeitspanne für Zukunftsbetrachtungen. Die Stadt Oldenburg etwa schaut bei ihren Planungen lieber bis in das Jahr 2035 oder - schon deutlich skizzenhafter - bis ins Jahr 2050. Weiter voraus plant man in den kommunalen Dezernaten eher nicht, zu unwägbar sind die langfristigen Entwicklungen. Für eine derart mutigen Blick nach vor braucht es eben die Kunst!



Visuelle Impulse: Auch bei offiziellen Zukunftsentwürfen der Oldenburger Stadtverwaltung gibt es inzwischen kreative Impulse - wie hier bei den Illustrationen für „zukunft verbindet.2050“ (Bilder: Jennifer van de Sandt)



Vielfältige Annäherung


Dass Helene nicht etwa selbst Werke zu diesem Thema entwirft und ausstellt, sondern über den Open Call eine möglichst breIte Beteiligung anstoßen will, ist natürlich kein Zufall: „Zukunft ist ein großes Thema“, stellt sie fest. „Wenn ich daraus ein partizipatives Ausstellungsprojekt mache, stehen die Chancen gut, dass es eine vielschichtige, abwechslungsreiche Annäherung gibt.“ Das heißt also: Je mehr von euch mitmachen, desto interessanter und vielleicht sogar präziser wird das Ergebnis sein. Wo anderenorts also Expert:innen-Panels stattfinden und Positionspapiere geschrieben werden, steht bei „Zukunft_OL+50“ eindeutig die Kunst im Mittelpunkt, Für Helene ganz normal:


„Ich bin Künstlerin und künstlerisches Handeln ist mein Medium, meine Sprache.“

Damit ersetzt sie natürlich keine sach- und datenorientierte Stadtentwicklung oder die politische Entscheidungsfindung. Sie ergänzt eben diese jedoch durch wertvolle emotionale Aspekte. Da drängt sich die Frage auf: Sollten wir generell aufgeschlossener gegenüber solchen kreativen Formen der Meinungsäußerung sein? „Klar! Das ist noch Luft nach oben“, findet Helene - und wir schließen uns an.



Zukunftsvision für die Kultur in Oldenburg aus dem Jahr 1922
Theaterarena: Auch an die Kultur wurde bei den Zukunftsentwürfen im Jahr 1922 gedacht. Auch aus heutiger Sicht:; Ein Interessanter Ansatz. (Bild: Stadtarchiv Oldenburg)


Die Konsequenz der Entscheidung


Und was verspricht sie sich von alledem? Warum betreibt sie den Aufwand des „Open Call“, sowie der Kuration und Umsetzung der anschließenden Ausstellung? Bei der Antwort wird die Künstlerin pragmatisch: „Wir leben in einer Zeit, in der wichtige und weitreichende Entscheidungen getroffen werden“, stellt sie fest. Alle sollten die nähere oder weitere Zukunft bzw. die Konsequenzen von kleinen und großen Entscheidungen bedenken. „Ich erwarte, dass "ZUKUNFT_OL+50" dazu anregt. Ich erwarte, dass  "ZUKUNFT_OL+50" Fragen aufreisst. Ich erwarte, dass  "ZUKUNFT_OL+50" ermutigt, Hoffnungen und Ängste zu äußern.


Damit es so kommt, müssten so viele Menschen wie möglich mitmachen. Alte wie Junge, Progressive wie Konservative, Mutige wie Vorsichtige. Mit anderen Worten: Ihr alle solltet dabei sein und euren Vorstellungen, Träumen und Befürchtungen vom Oldenburg im Jahr 2075 Gestalt verleihen. Wie ihr das macht? Entscheidet allein ihr! Hauptsache, ihr reicht eure Impulse bis zum 15. September ein. Und wer weiß, vielleicht seht ihr euer Werk dann im Rahmen der Ausstellung im Landesmuseum Kunst und Kultur wieder - und womöglich werden sie danach Bestandteil der Zukunft Oldenburgs!




 
 
bottom of page