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MEHR ALS CLAIM UND CAPTION

Worte könnten stark wirken, wenn sie heruntergebrochen sind auf das Allernötigste. In Schlagzeilen und Slogans werden sie zu kurzen Knalleffekten. Es gibt aber auch eine ganz andere Wirkung: tiefergehend, bewegender und nachhaltiger. Das literarische Schreiben verlangt ganz andere, komplexere Skills als eine knackige Headline. Genau diese kann man jetzt erlernen: In der professionelle angeleiteten Schreibwerkstatt des Literaturhauses. Bewerbt euch - noch bis zum 10. August!


Eine Frau setzt ratlos am Schreibtisch, da ich nichts einfällt.
Was denn nur, wie denn nur? Literarisches Schreiben ist verlangt etwas mehr als eine Social Media Caption. (Bild: Shutterstock)

Schreiben kann jeder. Denken viele. Das stimmt aber nur, wenn man das Schreiben als Mittel zum Zweck versteht, das allein dazu dient Informationen zu transportieren. Und selbst dann darf man bezweifeln, dass alles gleichermaßen in der Lage sind, sich verständlich auszudrücken. Aber wenn es um Schreiben im literarischen Sinne geht, das die Leser:innen mit auf eine Reise mitnimmt und sie später vielfach bereichert wieder in den Alltag entlässt, dann muss man eindeutig feststellen: Nein, schreiben kann nicht wieder. Zumindest nicht so.



Gedanken, Geschichten, Gefühle


Aber hier kommt die gute Nachricht: Man kann es lernen! Zwar ist es immer auch eine Frage des Talents, des Gespürs und der Empathie. Diese Grundlagen sollte man idealerweise mitbringen. Und vielleicht spürst du all das in dir uns suchst nach Wegen, dem Ausdruck zu geben. Dann kommt der nächste Schritt: Nämlich den ganzen Gedanken, Geschichten und Gefühlen und den vielen Worten einen Rahmen zu geben, Struktur zu verleihen, und sie so für andere nachvollziehbar zu machen. Wie das geht? Sicher nicht mit einem schlanken YouTube-Tutorial. Dafür braucht es viel Know-how über erfolgreiches literarisches Schreiben, Gespür für deine individuellen Bedürfnisse und ausreichend Zeit, die die wichtigsten Kenntnisse und Fähigkeiten zur vermitteln. So schön es auch wäre, diese Dinge lassen sich nicht in kurze Reels portionieren und nebenbei konsumieren. Wenn du das Schreiben wirklich lernen - bzw. sich darin substanziell verbessern - willst, dann brauchst du etwas anderes. Nämlich: Die Schreibwerkstatt des Literaturhauses Oldenburg!


DEINE CHANCE!


Bist du eine zweite Jane Austen oder der nächste Ernest Hemingway? Möglich wär's! Finde mehr darüber hinaus, indem du dich für die Schreibwerkstatt des Literaturhauses Oldenburg anmeldest! Talent und Interesse bringst du mit, alles andere lernst du hier!


Das Literaturhaus Oldenburg bietet jungen talentierten Schreibern und Schreiberinnen die Möglichkeit, ihre Kenntnisse über Literatur und Textproduktion auszubauen und ihr eigenes Schreiben weiterzuentwickeln. In einer Werkstatt unter Leitung der Schriftstellerin Sabrina Janesch soll sich am 24. und 25. September und am 26. und 27. November, jeweils von 9 bis 17 Uhr, alles um Text und Sprache drehen. Veranstaltungsort ist das Kulturzentrum PFL. Voraussetzung ist, dass ihr an allen vier Terminen teilnehmen könnt.


Als Prosa-Schreibbegeisterte im Alter zwischen 16 und 26 Jahren könnt ihr eure Bewerbungen mit Motivationsschreiben und Schreibprobe noch bis zum 10. August per Email einsenden. Das Motivationsschreiben inklusive Vorstellung eurer Person soll maximal eine Seite umfassen. Die Schreibprobe in Form eines eigenen fiktionalen Prosatextes soll maximal zehn Seiten lang sein. Die Texte sind als PDF-Dokument zu verschicken an: literaturhaus@stadt-oldenburg.de.


In der Schreibwerkstatt wird nicht bloße Theorie gelehrt, sondern als Teilnehmende macht ihr aktiv mit, führt Schreibübungen durch und entwickelt eure eigenen Schreibprojekte weiter. Zusammen mit einer kleinen Gruppe Gleichgesinnter werden im geschützten Raum eigene und fremde Prosatexte diskutiert, kritisiert, gelobt, vorangebracht. Sabrina Janesch vermittelt Formen und Techniken des Schreibens, sie gibt Einblicke in Schreibprozesse und den Literaturbetrieb, und sie widmet sich als Expertin jedem und jeder Einzelnen und gibt allen Schreibprojekten gebührenden Raum. So bietet sie zwischen den Wochenenden jedem und jeder Teilnehmenden zusätzlich ein virtuelles One-on-One Coaching an.



Eine Handvoll Genies


In der Geschichte der Literatur gab es immer wieder absolute Genies, die wahre Meisterwerke veröffentlich haben, ohne jemals über Aufbau und Struktur nachgedacht zu haben. Das sind aber nur einen Handvoll - unter Millionen, die es versucht haben. Wir zweifeln nicht daran, dass du solch ein Genie sein könntest. Wer auf Nummer Sicher gehen möchte, sollte aber etwas Lerneifer mitbringen. Denn selbst unter den bekanntesten Autoren gibt es viel mehr akribische Arbeiter:innen als manische Chaoten.


Keine Sorge: Niemand möchte eure Fantasie, eure Imagination eingrenzen. Vielmehr geht es darum, sie in Bahnen zu lenken, die sie attraktiv für andere macht. Das ist der Clou: In Euch steckt das Talent. Es nützt euch aber nur, wenn ihr es zähmt und steuert. Dazu gehören eben auch Disziplin, Ausdauer und: Übung, Übung, Übung. Was hier jetzt klingt wie ein Arbeitslager für Literaturproduzenten, fühlt sich in Wirklichkeit zum Glück ganz anders an: Die Arbeit an sich selbst, der Austausch mit anderen und die professionelle Anleitung durch eine erfolgreiche Autorin schaffen eine stimulierende, inspirierende Atmosphäre.


 

INTERVIEW MIT SABRINA JANESCH


Ein Portrait der Autorin Sabrina Janesch
Teilt ihr Wissen: Autorin Sabrina Janesch (Bild: Milena Schlösser)

Sabrina Janesch wurde 1985 in Gifhorn geboren und lebt heute in Münster. Sie studierte Literarisches Schreiben und Kulturjournalismus in Hildesheim und Polonistik in Krakau. 2010 erschien ihr Romandebüt „Katzenberge“, das unter anderem mit dem Mara-Cassens-Preis und dem Anna-Seghers-Preis ausgezeichnet wurde. Sie war Stipendiatin des Ledig House in New York, Stadtschreiberin von Danzig und Stipendiatin für das BLogbuch OLdenburg. Zu ihrem letzten, vierten Roman „Die goldene Stadt“ (2017), der zum Bestseller wurde, schrieb Sten Nadolny: „Makellos geschrieben, fesselnde Figuren, Reichtum, wohin man sieht – plastisch, farbig und unvergesslich.“

Sabrina, auf dieser Seite begegnet uns häufig der Ausdruck „literarisches Schreiben“. Was hat es damit eigentlich auf sich? Inwiefern unterscheidet es sich von einem Werbe- oder Pressetext?

Literarisches Schreiben meint das Verfassen von literarischen Werken, zum Beispiel Romane oder Kurzgeschichten. Gemeinsam ist allerdings jeglichen Texten: Damit sie die gewünschte Wirkung erzielen, müssen sie gut gemacht sein. Und wie das gelingt, wollen wir in der Schreibwerkstatt gemeinsam untersuchen.

Wenn ich kein besonderes Talent dafür habe, kann ich es trotzdem lernen?

Zum Lernen und zum Wachsen gehören, wie in jedem anderen Bereich auch, Disziplin, Zeit, Austausch, Anschauung und, das wichtigste: Übung, Übung, Übung. Sicherlich spielt auch Talent eine Rolle; vor allem aber sind Ausdauer gefragt, und Sitzfleisch. Und in diesem Sinne stelle ich mal folgende steile These auf: Wer sich längere Zeit mit der Weiterentwicklung des eigenen Schreibens beschäftigt, dem wohnt auch ein Funken inne.


Das klingt plausibel! Aber wie erkenne ich denn, ob ich Talent habe? Und ob das, was ich aufschreibe, für andere tatsächlich lesenswert ist?

Ich würde vorschlagen: Gehen wir doch davon aus, dass jeder Mensch eine Geschichte zu erzählen hat, etwas Wesentliches und Substanzielles. Davon bin ich persönlich überzeugt. Die weitaus wichtigere Frage als die nach dem Talent ist meiner Meinung nach jene hier: Bin ich bereit, Stunden, Tage, Monate meines Lebens darauf zu verwenden, diese Geschichte und ihren „Sound“ zu entwickeln? Bevor ein Agent, ein Lektor, ein Verleger an eine Geschichte glaubt, muss man es selber tun.


Und bei der Suche nach dem Glauben an sich selbst könnte eine Schreibwerkstatt helfen? Was passiert denn da genau?

In einer Schreibwerkstatt gibt es meistens mehrere Schwerpunkte: Anhand von eigenen und Fremdbeispielen wird untersucht, wie Texte funktionieren, wie sie aufgebaut wurden, wie sie „ticken“. Dann gibt es zumeist angeleitete Übungen, um das zuvor Analysierte selbst auszuprobieren und anzuwenden. Es werden außerdem wichtige Einblicke und Tipps vermittelt, was der Literaturbetrieb eigentlich ist, welche Player es gibt und wie man sich als Schreibender orientiert. Die wichtigste Komponente ist sicherlich die, dass mit jedem Teilnehmenden auf seine Themen, seine Interessen geschaut wird, und diese, je nach Wunsch natürlich, besprochen und weiterentwickelt werden.

Und wenn ich sie erfolgreich absolviert habe? Reißen sich dann die Verlage um mich und ich werde berühmt?

Warum nicht - who knows? Mal im Ernst: So eine Schreibwerkstatt ist ein Anstoß, eine Art Wegweiser hinein in die Mechanismen des Schreibens (und des Literaturbetriebs). Es liegt bei jedem selbst, was er für sich mitnehmen möchte. Schreiben bedeutet viel Arbeit, viel Investition - mental, energetisch, auch finanziell. Wer allerdings eine gute Geschichte formen kann, einen guten Ton für sie finden und an ihr arbeitet, arbeitet, arbeitet - der wird auch seinen Weg gehen. Eines hat sich seit tausenden von Jahren nicht verändert: Die Leute wollen was erzählt bekommen. Packen wir’s an!

 

Neues für Jüngere Mit der Schreibwerkstatt für junge Nachwuchsautor:innen setzt das Literaturhaus einen neuen Akzent: Es nimmt verstärkte auch jüngere Zielgruppen in den Blick. Zu einer erfolgreichen Vermittlungsarbeit gehören eben nicht nur Lesungen mit hochkarätigen Autor:innen. Dafür ist das Literaturhaus weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannt und erfreut sich einer großen Beliebtheit. Allerdings nimmt die Nachfrage nach den Veranstaltungen mit steigenden Geburtsjahren deutlich ab. Deshalb wird es in Zukunft unter der Regie von Sina Lührs zusätzliche Angebote für jüngere Menschen geben, die andere neue Akzente setzen und eine andere Sprache sprechen. Die Schreibwerkstatt setzt zum Auftakt einen besonderen Akzent. Es geht nicht um die passive Konsumentenperspektive, es geht das Ausloten und Nutzen der eigenen literarischen Potenziale. Und wer weiß? Vielleicht sitzt irgendwann eine Teilnehmer:in selbst auf dem Podium und liest ihr neuestes Werk für das Oldenburger Publikum? Vorerst tun dies noch andere, wie ein Blick auf die aktuellen Termine verrät.


TERMINE IM LITERATURHAUS


Von Sommerpause (noch) keine Spur: Im Literaturhaus reiht sich aktuell ein Termin an den anderen - und jeder einzelne lohnt sich. Neben der Bewerbungsfrist für die Schreibwerkstatt solltest du dir folgende Termine merken:



MITTWOCH, 6. JULI 2022, 19.30 UHR

ROMAN EHRLICH: „ÜBERFAHRT“

WILHELM 13


40 Tage verbrachte der Schriftsteller Roman Ehrlich auf einem Containerschiff. Aus dieser Erfahrung resultierte sein literarischer Essay „Überfahrt“, den er am Mittwoch, 6. Juli, im Programm des Literaturhauses vorstellt. Die in „Überfahrt“ festgehaltene teilnehmende Selbstbeobachtung fragt nicht nach Wetter, Menüfolge und Unterhaltungsprogramm. Roman Ehrlich ist kein Pauschaltourist, der 365 Meter lange Frachtriese gehört keinem Kreuzfahrtunternehmen. Das prägende Erlebnis an Bord ist die Ereignislosigkeit. In der Gleichförmigkeit der Tage kreisen die Gedanken des Schriftstellers um den politischen Kontext des weltweiten Güterverkehrs, den Verlust der Festlandwirklichkeit und die brüchigen Mythologien der Seefahrt. „Wie hier die Gegensätze von stetiger Bewegung und gleichzeitigem Stillstand, von Erwartung und Wirklichkeit, von Losgelöstheit und Gefangenschaft an Bord gegeneinander aufgerechnet werden, ist schlicht beeindruckend,“ meint Journalist Cornelius Wüllenkemper zu „Überfahrt“ im Deutschlandfunk.



MITTWOCH, 13. JULI 2022, 19.30 UHR

MARICA BODROZIC: „DIE ARBEIT DER VÖGEL“

WILHELM 13

In Marica Bodrožićs neuem Buch „Die Arbeit der Vögel“ folgt die Autorin dem letzten Weg Walter Benjamins über die Pyrenäen. „Ausgesprochen reich an Themen, Assoziationen, Wendungen, Erkenntnissen, neuen Fragen fordert dieses Buch seine Leserinnen und Leser mit ihrer Neugier und Erkenntnislust heraus,“ heißt es dazu von Ulrich Noller im WDR. Auf der Flucht vor den Deutschen gelangt Walter Benjamin im September 1940 auf einem alten Schmugglerpfad vom französischen Grenzort Banyuls-sur-Mer ins nordspanische Portbou. Tags darauf setzt er seinem Leben ein Ende. Acht Jahrzehnte später nimmt Marica Bodrožić den letzten Weg des großen deutschen Schriftstellers und Philosophen zum Anlass, um über unsere Zeit, die Komplexität von Lebensläufen und Identität, Freundschaft und Flucht nachzudenken. Für sie wird der Gang über die Pyrenäen zu einem luziden Denkweg, auf dem die äußere Bergwelt mit der inneren Lebenslandschaft verschmilzt.


Der Eintritt kostet für beide Veranstaltungen 12 Euro, ermäßigt 8 Euro.



Tun, was man immer wollte


Die Schreibwerkstatt des Literaturhauses ist eine fantastische Gelegenheit, etwas zu tun, was man schon immer wollte: Nämlich zu tun, was man schon immer wollte (sic!). Schreiben ist die Leidenschaft von vielen, aber es ist ein Talent, das schwer zu greifen ist. Wie gut bin ich denn eigentlich? Das lässt sich nicht so leicht beantworten. Aber die Werkstatt hilft bei der Orientierung - und sie korrigiert gleichzeitig, woran es noch hapert. Wer ernsthaft schrieben möchte, darf diese Gelegenheit nicht verstreichen lassen. Denn eines ist klar: Schreiben ist mehr als Claim and Caption. Wer nicht nur kurze Knalleffekte möchte, ist hier genau richtig!



 

Wer mehr über das Literaturhaus und dessen Arbeit erfahren möchte, muss nicht lange googeln. Wir haben viele wichtige Fragen schon gestellt - in Folge 05 unseres Podcasts!




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