LITERATUR LIVE
- kulturschnack
- 17. Aug.
- 13 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 8. Sept.
Wir alle lesen. Wir scrollen durch Newsfeeds und Liveticker, wir scannen Mails und Messages, wir überfliegen Content und Captions. Doch Lesen kann noch viel mehr sein. Ein wahres Erlebnis wird es, wenn Autor:innen ihre Werke live vortragen, mit Anekdoten und Hintergründen anreichern und mit dem Publikum in den Austausch gehen, In Oldenburg gibt es eine Institutionen für solche magischen Momente: Das Literaturhaus.

Gewohnheiten haben ihre Tücken. Manchmal übersehen wir nämlich das Wichtigste in unserem Leben, weil es schlicht zu normal geworden ist, um es als besonders wahrzunehmen. Ein wenig gilt dieses Prinzip auch für das Literaturhaus Oldenburg. Jahr für Jahr konzipiert Monika Eden mit ihrem kleinen Team ein attraktives Lesungs-Programm, das auch in wesentlich größeren Städten für Furore sorgen würde- das hier in Oldenburg aber als beinahe selbstverständlich begriffen wird.
Dabei ist es genau das nicht. Dass wir hier immer wieder eine überaus spannende, stets hochwertige Mischung aus großen Namen und neuen Stars erleben dürfen, ist beileibe kein Automatismus. Dahinter steckt akribische Arbeit, reger Austausch mit Verlagen, Agent:innen und Autor:innen sowie: viele, viele Lesestunden. Für Monika Eden ist nicht entscheidend, wie viele Follower:innen jemand auf Instagram hat, ob ein Buch gerade bei TikTok trendet oder wann sich ein:e Schriftsteller:in öffentlichkeitswirksam zu Themen der Zeitgeschichte äußert. Sie geht nach der literarischen Qualität. Und diese klare Prämisse ist es, die Lesungen des Literaturhauses stets zu einem Erlebnis macht.
Starke Mischung, spannende Entdeckungen
Das ist im Frühjahr 2025 nicht anders als sonst. Erneut hat das Literaturhaus sowohl anerkannte Größen der Literaturszene, aber auch etwas weniger bekannte Schriftsteller:innen für Oldenburg gewonnen. Alle bringen hochgelobte aktuelle Werke mit - und versprechen spannende, bewegende, unterhaltsame Abende im Wilhelm13 und im Kulturzentrum PFL. Das ist: Literatur live!

MITTWOCH, 20. AUGUST 2025, 19.30 UHR
LESEBÜHNE METROPHOBIA
MODERATION: ANNIKA BLANKE
Schon Udo Jürgens wusste, dass nicht in jedem „ehrenwerten Haus“ auch ehrenwerte Menschen leben. Weil wir uns unsere Nachbarn nicht aussuchen können, ist nicht immer alles Gold, was nach dem Flurputzdienst glänzt. Im Zweifelsfall hilft nur eine gute Rechtschutzversicherung. Bei einer neuen Ausgabe der Lesebühne Metrophobia beschäftigt sich Annika Blanke mit ihren Gästen aus Musik und Literatur augenzwinkernd mit Fragen, die um Nachbarschaften und Hausgemeinschaften kreisen: Sagt es womöglich etwas über mich aus, wenn ich meine direkten Nachbarn nicht kenne? Ist der Brauch mit Brot und Salz zum Einzug überhaupt noch zeitgemäß? Gibt es einen Fachbegriff für die Schockstarre, die eintritt, wenn es an der Tür klingelt? Ist ein chirurgischer Eingriff nötig, wenn auf dem Infozettel des Lieferdienstes steht, dass mein Paket "in Frau Müller steckt“? Und können aus flüchtigen Flurbekanntschaften gute Freunde werden?
ULI HÖHMANN ist Hessens Landesmeister 2023 im Poetry Slam und dennoch ein Spätberufener. Mit seinen satirischen, zeitkritischen und manchmal auch ziemlich bösen Texten und Geschichten steht er erst seit 2021 regelmäßig auf Slam-Bühnen. Gelernt hat er das Schreiben beim Radio, für das er seit rund 25 Jahren Satiren, Glossen, Sketche und Comedies produziert. Genauso lange ist er Journalist, was er in seinem zweiten Bühnenprogramm »Gab's Tote?« aufarbeitet, mit dem er das Genre Pressekabarett begründet hat.
NAGELRITZ alias Dirk Langer bewegt sich mit frivoler Doppeldeutigkeit, frechem Augenzwinkern und maltesererprobter Seemannskehle zwischen Comedy, Kabarett und Chanson. Dass hier kein Mann kommt, der „La Paloma“ spielt, liegt auf der Hand. Nagelritz steht für modernes Seemannsgarn, skurrile Geschichten und sehnsüchtige Seemannsmusik - weitab der bekannten Shantys. Seine Liedtexte leiht er sich bei Joachim Ringelnatz, einem von vielen geschätzten Ausnahmepoeten, und bettet diese auf Akkordeon, Gitarre oder Klavier. Dann sind da noch Hinnerk und Raoul, Nagelritz Kumpels, mit denen sich selbst Alltäglichkeiten zu haarsträubenden Geschichten entwickeln, denn jeder Landgang muss Spuren hinterlassen… ein Abend mit Musik, Komik und Gefühlen rund um die Seefahrt.

DIENSTAG, 26. AUGUST 2025, 19.30 UHR
JANINE ADOMEIT: „DIE ERSTE HALBE STUNDE IM PARADIES“
GESPRÄCH: BETTINA SCHÖNE-SEIFERT
Ein für Pflegeverantwortung viel zu junges Geschwisterpaar kümmerte sich jahrelang um die chronisch kranke Mutter. Die Familie zerbrach, und nach langem Schweigen müssen sich die nun erwachsenen Geschwister ihrer Vergangenheit und ihren Verletzungen stellen. Anne ist mittlerweile Anfang dreißig und Pharmavertreterin. Kontakt zu Kai hat sie keinen mehr – eigentlich zu niemandem, abgesehen von den Ärzten in ihrem Reisegebiet in Norddeutschland. Sie möchte im Konzern aufsteigen und die bundesweite Marktstrategie für ein hochwirksames, aber umstrittenes Fentanylpflaster leiten. Da meldet sich auf einmal ihr Bruder und bittet sie, ihn aus einer Suchtklinik abzuholen. Indem Kai wieder in ihr Leben tritt, kommen zwischen den Geschwistern Dinge zur Sprache, die nicht nur die Vergangenheit, sondern auch Annes Traum, den Schmerz zu besiegen, in ein völlig neues Licht rücken. NDR Kultur - Das Journal kürte Adomeits Werk im Februar 2025 zum „Buch des Monats“, während Schriftstellerkollege Deniz Utlu jubelt:
»Janine Adomeit hat einen fesselnden, tief berührenden Roman geschrieben - über unsere Fähigkeit zur Begegnung und zur Liebe auch dann, wenn wir im Stich gelassen wurden.«
Janine Adomeit, geboren 1983 in Köln, studierte in München Literatur- und Sprachwissenschaft. Nach Veröffentlichungen in Zeitschriften und Anthologien sowie der Teilnahme an der Schreibwerkstatt der Jürgen-Ponto-Stiftung und der Autorenwerkstatt Prosa des Literarischen Colloquiums Berlin erschien 2021 ihr Debütroman Vom Versuch, einen silbernen Aal zu fangen, der mit dem Preis Debüt des Jahres des Literaturwerks Rheinland-Pfalz/Saar ausgezeichnet wurde. Janine Adomeit lebt mit ihrer Familie in Flensburg, wo sie auch als Literaturvermittlerin tätig ist und die Lesereihe TRANSIT gegründet hat.

DIENSTAG, 9. SEPTEMBER 2025, 19.30 UHR
MIRKO BONNÉ: „WEGE DURCH DEN SPIEGEL“
GESPRÄCH: JOACHIM DICKS
Welche Spuren hinterlassen wir in der Zeit? Und welche Spuren hinterlässt die Zeit in unserer Erinnerung? Mirko Bonné spürt in seinem neuen Gedichtband den Momenten nach, die im Leben zählen. Einfühlsam und mit behutsamem Widerstand gegen die Vergänglichkeit sucht er Orte, Augenblicke und Begegnungen auf, die, warum auch immer, bleiben wollen. Er besichtigt Teile seiner Familiengeschichte und misst das Schweigen der Großeltern zur NS-Zeit aus. Bonnés Verse beschwören uralte Pfade und Wege durch die Spiegel, eine Möwe, die nachts bei Mistral kreist, eine vergangene Liebe und den Olympischen Sommer im Kindheitsjahr 1972. Sie führen nach Calw, Rom und in Städte, die sich selbst vergessen haben – und immer wieder nach Frankreich oder ins Blaue. Ein Streifzug durch Landschaften und ein Leben gegen die Vergänglichkeit. Ein berührendes literarisches Plädoyer »gegen alles Enge, Weite, Hohe, Tiefe, / gegen Schwerkraft und – den Uhrzeigersinn.« Anlässlich der Verleihung des Hubert-Fichte-Preises schwärmte Hasmburgs Kultursenator Dr. Carsten Brosda:
»Mirko Bonné erschafft mit feinem Gespür für Sprache und Atmosphäre Geschichten, die uns bewegen, nachdenklich stimmen und tief berühren. Mit großer poetischer Präzision und erzählerischer Kraft widmet er sich den zentralen Themen des Lebens – Erinnerung, Verlust, Liebe und das menschliche Streben nach Sinn.«
Mirko Bonné, geboren 1965 in Tegernsee, lebt in Hamburg und der Provence. Für seine Übertragungen aus dem Französischen und Englischen, u. a. von Joseph Conrad, John Keats, Grace Paley und Oscar Wilde, erhielt er zuletzt den Hamburger Literaturpreis für Übersetzung 2020. Für sein schriftstellerisches Werk, das neben vielbeachteten und wiederholt für den Deutschen Buchpreis nominierten Romanen auch Lyrik und Essays umfasst, wurde er u.a. mit dem Prix Relay (2008), dem Marie Luise Kaschnitz-Preis (2010), dem Rainer Malkowski-Preis (2014) und einer Nominierung für den Alfred-Döblin-Preis (2019) ausgezeichnet. Von der Hansestadt Hamburg erhielt er den Hubert-Fichte-Preis 2024 für sein Gesamtwerk.

MITTWOCH, 17. SEPTEMBER 2025, 19.30 UHR
ANTJE RÁVIK STRUBEL: „DER EINFLUSS DER FASANE“
GESPRÄCH: SABINE KYORA
An einem frühen Morgen steht Hella Karl am Briefkasten und liest die Meldung, die sie aus der Bahn werfen wird: Der Star der Berliner Theaterszene und Gravitationszentrum der Kulturwelt hat sich das Leben genommen. Hella Karl, Feuilletonchefin einer großen Zeitung, ist nicht so leicht aus der Ruhe zu bringen und glaubt, alles im Griff zu haben. Doch sie hat einen folgenreichen Artikel über den gefeierten Mann verfasst – und jetzt wird sie für seinen Tod verantwortlich gemacht. Ist er an sich selbst gescheitert, oder hat Hella Karl ihn in den Tod geschrieben? »Der Einfluss der Fasane« erzählt heiter und packend von einer, die die Kontrolle verliert. Von den Erregungsdynamiken, die sich, einmal in Gang gesetzt, nicht mehr steuern lassen. Antje Rávik Strubels Buch ist ein leichtfüßiger Roman über schwere Vorwürfe, das Ringen um Worte und über das Unheil von medialen Diskursen. Kritiker Andreas Platthaus zeigt sich in der FAZ entsprechend begeistert:
„Was Verblendung aus Selbstschutz bedeutet, ist selten so treffsicher geschildert worden wie in dieser Persönlichkeits-offenbarungserklärung. Strubel zeigt sich einmal mehr als kluge Analytikerin des Geschlechter-Missverhältnisses.“
Antje Rávik Strubel, geboren 1974 in Potsdam, veröffentlichte u.a. die Romane »Unter Schnee« (2001), »Fremd Gehen. Ein Nachtstück« (2002), »Tupolew 134« (2004) sowie den Episodenroman »In den Wäldern des menschlichen Herzens« (2016). Ihr Werk wurde mit zahlreichen Preisen geehrt, ihr Roman »Kältere Schichten der Luft« (2007) war für den Preis der Leipziger Buchmesse nominiert und wurde mit dem Rheingau Literatur Preis sowie dem Hermann-Hesse-Preis ausgezeichnet, der Roman »Sturz der Tage in die Nacht« (2011) stand auf der Longlist des Deutschen Buchpreises. 2019 erhielt sie den Preis der Literaturhäuser. Ihr Roman »Blaue Frau« wurde mit dem Deutschen Buchpreis 2021 ausgezeichnet. 2022 erschien der Essayband »Es hört nie auf, dass man etwas sagen muss«; im März 2025 der neue Roman »Der Einfluss der Fasane«. Sie übersetzt aus dem Englischen und Schwedischen u.a. Joan Didion, Monika Fagerholm, Lucia Berlin und Virginia Woolf. Antje Rávik Strubel lebt in Potsdam.

MITTWOCH, 1. OKTOBER 2025, 19.30 UHR
DIMITRIJ KAPITELMAN: „RUSSISCHE SPEZIALITÄTEN“
GESPRÄCH: DR. HANS-CHRISTIAN PETERSEN
MODERATION: MICHAEL SOMMER
Bittersüß und zutiefst politisch schreibt Dmitrij Kapitelman in seinem neuen Roman über Familie und die (Un-)Möglichkeit der Verständigung in Zeiten alter und neuer Kriege: Eine Familie aus Kiew verkauft russische Spezialitäten in Leipzig. Wodka, Pelmeni, SIM-Karten, Matrosenshirts – und ein irgendwie osteuropäisches Zusammengehörigkeits-Gefühl. Wobei Letzteres seit dem russischen Überfall auf die Ukraine nicht mehr zu haben ist. Die Mutter steht an der Seite Putins, und ihr Sohn, der keine Sprache mehr als die russische liebt, keinen Menschen mehr als seine Mutter, aber auch keine Stadt mehr als Kiew, verzweifelt. Klug ist es nicht von ihm, mitten im Krieg in die Ukraine zurückzufahren. Aber was soll er tun, wenn es nun einmal keinen anderen Weg gibt, die Mutter von den irren russischen Fernsehlügen zurückzuholen? Kulturredakteur Tobias Becker erkennt im SPIEGEL große Qualitäten:
»Kapitelman schreibt mit zärtlichem Blick über die, denen er politisch hart entgegentreten muss. Ein Buch über die Unmöglichkeit der Verständigung, das Verständnis ermöglicht.«
Dmitrij Kapitelman, 1986 in Kyjiw geboren, kam im Alter von acht Jahren als »Kontingentflüchtling« mit seiner Familie nach Deutschland. Er studierte Politikwissenschaft und Soziologie an der Universität Leipzig und absolvierte die Deutsche Journalistenschule in München. Heute arbeitet er als freier Journalist. 2016 erschien sein erstes, erfolgreiches Buch "Das Lächeln meines unsichtbaren Vaters", für das er den Klaus-Michael Kühne-Preis gewann. 2021 folgte "Eine Formalie in Kiew", für das er mit dem Buchpreis Familienroman der Stiftung Ravensburger Verlag ausgezeichnet wurde.

SONNTAG, 26. OKTOBER 2025, 11.00 UHR
NORA GOMRINGER: „AM MEERSCHWEIN ÜBT DAS KIND DEN TOD“
MODERATION: THOMAS BOYKEN
In ihrem neuen Buch vollzieht Nora Gomringer eine autobiografische Familienbetrachtung. Im Fokus steht dabei die verstorbene Mutter: „Sie hinterlässt drei Kinder und einen Bindestrich. Sie hinterlässt mir ihre Freundinnen, ihre Bibliothek, ihr Unbehagen. Ich schreibe ihr hinterher als vermissende Tochter, als wütende Frau, als verstummte Dichterin und wundere mich, wie wenig sie sich beschwören lässt, wenn ich es will. Sie hat sich — nun himmlisch — endlich emanzipiert. Ich schreibe über meine mannigfaltige Mutter, ihre Weisheit und Komik, ihren Mann, die Sache mit den Meerschweinchen und mich.“ Das Oldenburger Publikum kann die literarische Reflexion nur wenige Wochen nach dem Erscheinen im September live erleben und dabei nachempfinden, warum die Stadt Bamberg der Autorin im Jahr 2024 den E.T.A. Hoffmann-Preis verlieh und in der Begründung feststellte:
„Auf einer Liste der diskursprägendsten, prominentesten und ,wichtigsten' deutschsprachigen Lyriker:innen unserer Gegenwart stünde zweifellos ihr Name.“
Nora Gomringer, geboren 1980 in Neunkirchen/Saar, hat zahlreiche Lyrikbände vorgelegt und schreibt für Rundfunk und Feuilleton. Neben zahlreichen anderen Auszeichnungen sowie Aufenthaltsstipendien in Venedig, New York, Ahrenshoop, Nowosibirsk und Kyoto wurde ihr 2012 der Joachim-Ringelnatz-Preis für Lyrik zuerkannt. 2015 erhielt sie den Ingeborg-Bachmann-Preis und 2019 war sie Max-Kade-Professorin des Oberlin College and Conservatory in Ohio. 2022 wurde Nora Gomringer mit dem Else Lasker-Schüler-Preis ausgezeichnet. Nora Gomringer lebt in Bamberg, wo sie das Internationale Künstlerhaus Villa Concordia als Direktorin leitet.

MITTWOCH, 29. OKTOBER 2025, 19.30 UHR
FERIDUN ZAIMOGLU: „SCHREIBEN FÜRS THEATER“
GESPRÄCH: REINAR ORTMANN MODERATION: MONIKA EDEN
Mit dem Walter Kempowski Preis für biografische Literatur zeichnet das Land Niedersachsen seit 2019 Autorinnen und Autoren aus, denen es mit ihren literarischen Arbeiten gelingt, die Einflüsse und Auswirkungen zeitgeschichtlicher Ereignisse auf die individuelle Biografie darzustellen. 2025 erhält der Schriftsteller Feridun Zaimoglu den Preis. „Er hat“, formuliert die niedersächsische Literaturkommission, „mit seiner kraftvollen Sprache einen neuen Ton in die Gegenwartsliteratur gebracht.“ Feridun Zaimoglu arbeitet zudem seit Jahren fürs Theater. Nach Neuinterpretationen von „Othello“, „Romeo und Julia“ und „Caesar“ hat er mit seinem Co-Autor Günter Senkel auch Shakespeares „Hamlet“ neu übersetzt und bearbeitet und dabei ein energiegeladenes Werk mit einer poetisch-archaischen Sprache geschaffen, das im September 2010 im Hamburger Thalia Theater uraufgeführt wurde. Die Literaturkommission stellt fest:
„Zaimoglu ist ein Schriftsteller, dessen Verdienste insbesondere für neue Perspektiven in der deutschsprachigen Literatur einzigartig sind und dessen große Bereitschaft, sich am öffentlichen kulturellen und politischen Diskurs zu beteiligen, gerade in der aktuellen Zeit besonders wichtig ist.“
Feridun Zaimoglu, geboren 1964, lebt seit seinem sechsten Lebensmonat in Deutschland. Er studierte Kunst und Medizin in Kiel, wo er seitdem als Schriftsteller, Drehbuchautor und Dramatiker arbeitet. Für sein Schreiben wurde er vielfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Walter Kempowski Preis 2025. Nach »Leyla«, »Liebesbrand«, »Siebentürmeviertel«, »Evangelio«, »Die Geschichte der Frau« und »Bewältigung« erschien zuletzt sein Roman »Sohn ohne Vater«.

MITTWOCH, 5. NOVEMBER 2025, 19.30 UHR
PETER STAMM: „AUF GANZ DÜNNEM EIS“
GESPRÄCH: ANDREA SCHWYZER
Gewohnt nahbar und subtil erzählt Peter Stamm in seinen neuen Erzählungen aus dem Leben seiner Figuren. Sie suchen nach einem Neuanfang, müssen Kompromisse aushalten, stellen sich den Krisen der Gegenwart: Nach einem Unfall in der Heimat unterrichtet ein Schweizer Skilehrer in einer westdeutschen Skihalle. Eine Schauspielerin verliert sich in ihren Figuren. Und Schnee und Eis bedecken eine verlassene Stadt. Peter Stamm zeigt in »Auf ganz dünnem Eis«, wie kunstvoll und vielschichtig Geschichten auf wenigen Seiten erzählt werden können, wie eine einzelne Erzählung einen länger beschäftigt als ein umfassender Roman. Auch hier zeigt Stamm wieder jene Fertigkeiten, die Elmar Krekeler in „Die Welt“ beim Erscheinen des letzten Werkes lobte:
„Stamm ist ein begnadeter literarischer Identitätsspieler, Doppeltebödenbauer, brillanter Ausloter menschlicher Möglichkeiten.“
Peter Stamm, geboren 1963, studierte einige Semester Anglistik, Psychologie und Psychopathologie und übte verschiedene Berufe aus, u.a. in Paris und New York. Er lebt in der Schweiz. Seit 1990 arbeitet er als freier Autor. Er schrieb mehr als ein Dutzend Hörspiele. Seit seinem Romandebüt »Agnes« 1998 erschienen sechs weitere Romane, fünf Erzählungssammlungen und ein Band mit Theaterstücken, zuletzt die Romane »Weit über das Land«, »Die sanfte Gleichgültigkeit der Welt«, »Das Archiv der Gefühle« und zuletzt »In einer dunkelblauen Stunde« sowie die Erzählung »Marcia aus Vermont«. Unter dem Titel »Die Vertreibung aus dem Paradies« erschienen 2014 seine Bamberger Poetikvorlesungen sowie 2024 die Züricher Poetikvorlesungen »Eine Fantasie der Zeit«. »Die sanfte Gleichgültigkeit der Welt« wurde mit dem Schweizer Buchpreis 2018 ausgezeichnet.
LESEPROBE NOCH NICHT VERFÜGBAR

SONNTAG, 23. NOVEMBER 2025, 11 UHR
DOROTHEE ELMINGER: „DIE HOLLÄNDERINNEN“
MODERATION: SABINE KYORA
Dorothee Elmigers neuer, bildgewaltiger Roman – eine mitreißende Erfahrung. Mit blinkenden Warnlichtern fährt die Erzählerin, eine namenlose Schriftstellerin, an den Straßenrand, als ein unerwarteter Anruf sie erreicht. Am Apparat ist ein gefeierter Theatermacher, der sie für sein neuestes Vorhaben zu gewinnen versucht – ein in den Tropen angesiedeltes Stück, die Rekonstruktion eines Falls. Wenige Wochen später bricht sie auf, um sich der Theatergruppe auf ihrem Gang ins tiefe Innere des Urwalds anzuschließen. Dorothee Elmiger erzählt eine beunruhigende Geschichte von Menschen und Monstren, von Furcht und Gewalt, von der Verlorenheit im Universum und vom Versagen der Erzählungen. Andreas Platthaus von der FAZ fasst seine Eindrücke pointiert zusammen:
„Der beste Roman dieses Bücherherbstes“
Dorothee Elmiger, 1985 in der Schweiz geboren, lebt als freie Autorin und Übersetzerin in New York. Sie studierte Literatur am Schweizerischen Literaturinstitut in Biel und am Deutschen Literaturinstitut Leipzig sowie Geschichte, Philosophie und Politikwissenschaft an der Universität Luzern und der Freien Universität Berlin. Ihre Bücher Einladung an die Waghalsigen (2010), Schlafgänger (2014) und Aus der Zuckerfabrik (2020) wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt, für die Bühne adaptiert und vielfach ausgezeichnet. Zuletzt erhielt die Autorin 2022 den Nicolas-Born-Preis des Landes Niedersachsen.

DIENSTAG, 25. NOVEMBER 2025, 19.30 UHR
LITERARISCHER ADVENT MIT FELICITAS HOPPE
MODERATION: KLAUS MODICK UND BERND EILERT
Die Oldenburger Schriftsteller Bernd Eilert und Klaus Modick setzen beim Literarischen Advent gegen die Kurzlebigkeit des Buchmarktes auf die beständige Qualität von Büchern und Werken. Dieses Mal widmen sie sich dem norwegischen Schriftsteller Knut Hamsun (1859–1952). 1920 erhielt er den Nobelpreis für Literatur. Der literarische Durchbruch gelang ihm 1890 mit dem Roman Hunger, der als Meilenstein modernen Erzählens gilt. Hamsun lässt in dem Buch einen erfolglosen Journalisten und Schriftsteller durch das heutige Oslo treiben, der dabei mehr und mehr in Elend gerät. Obdachlos hungert, friert und fantasiert er durch die Straßen. Über weite Strecken im inneren Monolog gehalten, entwickelt Hamsun dabei Stilmittel, die Jahrzehnte später Marcel Proust, James Joyce oder Virginia Woolf aufgreifen werden.
Bei jedem Literarischen Advent spricht ein prominenter Gast aus dem Kulturbereich mit Eilert und Modick über die im Mittelpunkt stehenden Autorinnen und Autoren. In diesem Jahr ist es die Schriftstellerin und Büchner-Preisträgerin Felicitas Hoppe, die ein Nachwort zur 2023 erschienenen Neuübersetzung Ulrich Sonnenbergs von Hunger geschrieben hat. Am Ende des lockeren und bewusst nicht streng literaturwissenschaftlich ausgerichteten Gesprächs über Werk, Leben und Wirkung Hamsuns sprechen Klaus Modick, Bernd Eilert und Felicitas Hoppe drei individuelle Literaturtipps aus“
Felicitas Hoppe, geb. 1960 in Hameln, lebt als Schriftstellerin in Berlin. 1996 erschien ihr Debüt »Picknick der Friseure«, 1999 – nach einer Weltreise auf einem Frachtschiff – folgte der Roman »Pigafetta«. Anschließend erschienen »Paradiese, Übersee«, »Verbrecher und Versager«, »Johanna«, »Iwein Löwenritter«, »Sieben Schätze«, »Der beste Platz der Welt«, »Abenteuer – was ist das?« und »Grünes Ei mit Speck«, eine Übersetzung von Texten des amerikanischen Kinderbuchklassikers Dr. Seuss. Es folgten die Romane »Hoppe«, »Prawda. Eine amerikanische Reise«, »Die Nibelungen. Ein deutscher Stummfilm« sowie der Essay »Gedankenspiele über die Sehnsucht«. Für ihr Werk wurde Felicitas Hoppe mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, u. a. mit dem aspekte-Literaturpreis, dem Bremer Literaturpreis, dem Roswitha-Preis der Stadt Bad Gandersheim, dem Rattenfänger-Literaturpreis, dem Georg-Büchner-Preis, dem Erich Kästner Preis für Literatur, dem Großen Preis des Deutschen Literaturfonds sowie dem Berliner Literaturpreis. Außerdem Poetikdozenturen und Gastprofessuren in Wiesbaden, Mainz, Augsburg, Göttingen, am Dartmouth College in Hanover, New Hampshire, an der Georgetown University, Washington D.C., in Hamburg, Heidelberg und Köln.


