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HEY, LUDWIG!

Mit seinem klassizistischen Säulenportikus scheint das Kulturzentrum PFL in erster Linie für die Vergangenheit zu stehen. Und tatsächlich wurde es bereits in den Jahren 1838 bis 1841 erbaut. Trotzdem passiert hinter der Fassade durchaus Zukunftsweisendes: Der Rat stellt dort die Weichen für die Stadt, die Bibliothek bietet ständig neue Inspirationen, der Kulturschnack hat dort seine Redaktion - und jetzt gibt es auch noch ein Café!

Dekoration auf einem Tisch im Ludwig No. 3 im Kulturzentrum PFL in Oldenburg
Très chic: Wer den alten Look der Räumlichkeiten kennt, wird sie nicht wieder erkennen. (Bild: Kulturschnack)

Als das heutige Kulturzentrum PFL vor nahezu zweihundert Jahren feierlich eröffnet wurde, deutete nichts darauf hin, dass hier eines Tages Genuss im Mittelpunkt stehen könnte. Stattdessen ging es um Leben und Tod: Erbaut wurde das Haus nämlich nicht etwa als ein Ort der Künste, sondern als ein Krankenhaus. Und genau das blieb es auch für 143 Jahre. Bis 1984 war es Außenstelle des Klinikums Oldenburg.


Nach dessen endgültigem Umzug nach Kreyenbrück wurde die Entscheidung getroffen, das ehrwürdige Haus in der Peterstraße der Kultur und der Politik zu widmen. Von Beginn an war klar, dass damit idealerweise auch eine gastronomische Grundversorgung einhergehen sollte. Schließlich geht nicht nur die Liebe, sondern auch die Leidenschaft für Kunst und Kommunalpolitik durch den Magen. So gab es direkt neben dem Großen Saal im Erdgeschoss zwar immer wieder Restaurants und Cafés, zuletzt standen die Räumlichkeiten allerdings leer. Bis jetzt.

 

LUDWIG NO. 3


DAS CAFÉ IM PFL


ÖFFNUNGSZEITEN:

DIENSTAG, MITTWOCH, DONNERSTAG

10 - 18 UHR


26121 OLDENBURG

 

Diagnose: Lücke in der Fülle


Zugegeben: Mit Cafés ist Oldenburg nicht unbedingt dramatisch unterversorgt. Doch auch wenn es viele nette, schöne, coole Angebote gibt, existieren immer noch Lücken, die bisher niemand schließen konnte. Eine von ihnen befand sich im PFL. Dort - wo tägliche mehrere Konzerte, Lesungen, Tagungen, Besprechungen und Workshops stattfinden - gab es zuletzt keine Inhouse-Bewirtung. Zum Vergleich: Das Core mag sich auch kaum jemand ohne den Marktplatz im Erdgeschoss vorstellen. Es war als höchste Zeit, daran etwas zu ändern.


Das Café Ludwig No. 3 im Kulturzentrum PFL in Oldenburg
Neue Gemütlichkeit: So wohl hat man sich im PFL noch nie gefühlt. (Bild: Kulturschnack)

Das taten Ina Fricke und Mirko Schinski. Sie blickten auf die Vakanz im PFL mit einer „jahrhundertelangen" gastronomischen Erfahrung (die tatsächlich 2001 im Loft begann) - und mit einem mutigen Blick auf Chancen und Möglichkeiten. Ihnen war klar, dass sich das PFL kulinarisch weit unter Wert verkaufte. Zwar hat die Mikro-Lage einige Nachteile. So ist das Café von der Peterstraße aus nicht zu sehen und auch im Haus selbst muss man die Augen offen halten - der Denkmalschutz verhindert großflächige Hinweise. Zudem waren die Räumlichkeiten samt Ausstattung in die Jahre gekommen und verströmten bestenfalls eine gewisse Zweckmäßigkeit. Aufenthaltsqualität? Unterdurchschnittlich.


Dem gegenüber standen aber auch Vorteile. Zum einen verlangt ein Haus wie dieses, in das tagtäglich Hunderte Menschen ein- und ausgehen, eigentlich nach einem passenden gastronomischen Angebot. Zum anderen hat der Gedanke, diesen historischen Ort mit dem richtigen Gespür für Details zu revitalisieren und ihm neuen Glanz zu verleihen, einen großen Reiz, betont Ina:


„Für uns hatte die Örtlichkeit einfach unfassbar viel Potenzial, der Raum an sich und die Idee, etwas Neues zu starten. Mitten in der Stadt, mitten im Kulturleben.“

Sie selbst komme vom Staatstheater, kümmere sich dort um Theatercafé und Exhalle, organisiere Partys wie den Tanz im Glashaus. „Daher die Vorstellung, jupp, lass mal was Neues probieren!“

NAME DES KULTURZENTRUMS

WARUM EIGENTLICH PFL?


Viele Oldenburger:innen waren schon einmal - oder mehrfach - im PFL. Manche sind sogar zu echten Stammgästen geworden. Trotzdem zögern viele, wenn sie gefragt werden, wofür die drei Buchstaben PFL eigentlich stehen. Wie war das noch? Pommes, Frikadelle, Labskaus? Pressing, Flanken, Lattenknaller? Pure Freude am Leben?


Denkmal bzw. Statue von Peter Friedrich Ludwig auf dem Schlossplatz in Oldenburg
Der Namensgeber auf seinem Sockel am Schlossplatz. (Bild: Kulturschnack)

Nein, alles falsch. Eingefleischte Kulturfans wissen es natürlich: Die drei Buchstaben stehen für Peter Friedrich Ludwig, dem vielleicht wichtigsten Regenten in der Geschichte Oldenburgs. Der feinsinnige Adelsmann war zwischen 1785 und 1829 verantwortlich für die klassizistische Umgestaltung Oldenburgs samt Anlage des Schlossgartens, die Gründung der Landessparkasse, der Landesbibliothek und des Lehrerseminars (aus dem später die Universität wurde). Zudem gab er im Jahre 1826 mit der Anlage eines Fonds auch den Anstoß für den Bau eines Hospitals, aus dem später das heutige Klinikum entstand.


Tragischerweise erlebte der Namensgeber den Bau nicht mehr. Er starb bereits lange vor Beginn der Arbeiten im Jahr 1838. Sein Sohn Paul Friedrich August ließ das Hospital dennoch bauen und ehrte seinen verstorbenen Vater mit der Namensgebung, die ihn bis heute - wenn auch in verkürzter Form - in Erinnerung hält.


Heilmittel: Herzblut


Ina und Mirko sprühen vor Elan und Ideen. Zwar gab es vor der Eröffnung noch mehr zu tun als erhofft und befürchtet. Die betagte Technik sorgte für manche Verzögerung. Doch der Traum von einem Café im PFL, das dem Haus gerecht wird, trieb sie immer weiter an. Ihre Leidenschaft merkt man den Räumlichkeiten sofort an: Mit viel Feingefühl haben Ina und Mirko diesen Ort gestaltet; die profane Zweckmäßigkeit ist einer besonderen Atmosphäre mit hohem Wohlfühlfaktor gewichen. „Wir bieten eine nette Café-Atmosphäre“, beschreibt Ina ihr Projekt.


„Es gibt leckere kleine Snacks, guten Kaffee und nette Mitarbeiter:innen, die richtig Lust haben - genau wie wir!“

Kein Zweifel: Das Ludwig No. 3 hat andere Ansätze und Ansprüche als frühere Nutzungsvarianten. Hier geht es nicht darum, das Nötigste für das Dringlichste bereitzustellen - hier geht es um eine Herzensangelegenheit zweier Menschen, denen Gastfreundschaft etwas bedeutet. Und das muss in Zukunft auch nicht auf drei Tage beschränkt sein: „Die Öffnungszeiten sind noch ein Probelauf“, erklärt Ina. Man wolle erstmal sehen, wie es läuft und ob die Oldenburger:innen das neue Angebot annehmen. „Wenn sich alles gut anfühlt für uns und wir das orgatechnisch hinbekommen, klar, dann kann man auch über eine Erweiterung nachdenken.“


Der Säulenportikus des Kulturzentrums PFL in Oldenburg
Hier entlang: Durch den Haupteingang geht's rein, dann immer geradeaus und am Ende rechts halten. Schon seid ihr da. (Bild: Kulturschnack)

Therapie: Wärme und Wohnlichkeit


Zwar bleibt die Lage des Cafés eine eher schattige Angelegenheit. Gegen die Versäumnisse von Architekten kann man eben nicht andekorieren. Doch hat die Nische nun einen ganz eigenen Charme, der jene Wärme und Wohnlichkeit ausstrahlt, die man an dieser Stelle lange schmerzlich vermisst hat. Dazu war freilich mehr nötig, als einfach nur ein paar Getränke und Gerichte anzubieten. Dafür brauchte es Kenntnisse, Erfahrungen und Vorstellungskraft. Ina und Mirko brachten sie mit - und haben damit schon vieles erreicht. „Wir sind regelrecht begeistert“, freut sich Paula von Sydow, als Leiterin des städtischen Kulturbüros auch verantwortlich für die Verwaltung des PFL.


„Das Ludwig No. 3 bietet etwas, das wir uns hier immer gewünscht haben: echte Cafékultur! Mit seinem zeitgemäßen Look und den vielen Leckereien ist es ein großer Gewinn für das PFL. Außerdem öffnet es das Haus stärker nach außen - auch darüber freuen wir uns!“

Dazu wird in Zukunft übrigens auch eine Außenterrasse beitragen. Die wird zwar erst noch gestaltet, deutet ihr Potenzial aber bereits an. „Ab dem nächsten Sommer heißt es draußen dann: Palette, Liegestuhl und Quietscheente“, macht Ina schon mal neugierig. Wir sind mit euch gespannt - und hoffen auf eine kleine urbane Oase für den Kulturcampus an der Peterstraße.



Prognose: Neue Qualitäten


Es war bisher nichts wirklich falsch mit dem PFL. Und genau das war vielleicht das Problem. Es gab keine dramatischen Notstände, die zum Handeln gezwungen hätten. Stattdessen ging es irgendwie - aber nicht gut. Zum Glück jedoch wurde der Beschluss gefasst, den Betrieb des Cafés neu auszuschreiben. Quasi aus dem Nichts heraus haben Ina und Mirko in kürzester Zeit eine echte Attraktion gezaubert. Nun liegt es an der Kundschaft, dass daraus auch ein Erfolg wird.


Innenaufnahme des Ludwig No. 3 im Kulturzentrum PFL in Oldenburg
Leuchtend: Das Ludwig No. 3 ist ein Glanzstück geworden. (Bild: Kulturschnack)

Und wer weiß? Vielleicht gelingt dem Ludwig No. 3 am Ende sogar mehr als man gedacht hat. Schließlich verwandelt es die schlichte Sachlichkeit des PFL-Anbaus - die von manchen als kühl wahrgenommen wird - in eine angenehme Atmosphäre. Das könnte der Startschuss sein für eine Neuinterpretation des PFL - das weiterhin Vorträge und Workshops bieten wird, aber eben auch neue Aufenthaltsqualität.


Daran hat zwar niemand gedacht, als im Jahre 1838 der Bau eines Hospitals für die Aufnahme „aller und jeder Person vom Militair- und Civil-Stande“ begann. Aber auch nach 185 Jahre ist es nicht zu spät bzw. genau der richtige Zeitpunkt, in diese Richtung umzudenken. Wir begrüßen diese Entwicklung jedenfalls sehr, wünschen Ina und Mirko von Herzen viel Erfolg und legen euch wiederum ans Herz, das Café einmal auszutesten. Aber Achtung: Womöglich bleibt ihr länger als geplant.

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