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KOLUMNE: VOM WEGGEHEN UND WIEDERKOMMEN

Seit Mitte 2020 schreibt Kulturschnacker Thorsten eine monatliche Kolumne für die wunderbare Spielzeitung des Oldenburgischen Staatstheaters. Digital findet ihr sie zum Nachblättern unter www.staatstheater.de. Oder: hier.


Titelbild der aktuellen Ausgabe der Spielzeitung des Staatstheaters Oldenburg
Was prächtig wachsen soll, braucht auch etwas Pflege. Das gilt auch für die Kultur. (Foto: Stephan Walzl)

Ab und zu habe ich einen Gedanken, der mich stets aufs Neue fasziniert. Und zwar stelle ich mir vor, ich wäre eine andere Person und würde mein Leben von außen betrachten, unwissend und unvoreingenommen. Was würde ich sehen? Wie würde ich all diese Dinge erleben, die für mein reales Ich Alltag und Routine sind, für diese außenstehende Person aber neuartig und ungewohnt? Eine spannende Frage, die immer wieder dabei hilft, die wunderbare Einzigartigkeit seines Lebens - und seine Dankbarkeit dafür - wiederzuentdecken.


Jetzt hatte ich in doppelter Hinsicht die Gelegenheit, diesen Gedanken in die Tat umzusetzen. Zum einen habe ich eine längere Reise genommen, die nicht – wie üblich – Wochen dauerte, sondern Monate. Um es auf das Nötigste zu reduzieren: Es war unfassbar, in einem wortwörtlichen Sinne. Mein Verstand war nicht in der Lage, vollends zu verarbeiten, was ich sehe und erlebe. Und diese Unfähigkeit fühlte sich – paradoxerweise – extrem gut an.



Zurück aus der Diaspora


Zum anderen gab es eine direkte Folge dieser Abwesenheit: Ich konnte nach meiner Rückkehr unwissend und unvoreingenommen wieder in die Kulturszene eintauchen. Genau wie diese Person, die ich mit immer wieder vorstelle, bin ich zurück nach Oldenburg gekommen, ohne in den vergangenen Monaten auch nur eine einzige Information oder Nachricht von hier bekommen zu haben. Das war „Total Detox“. Und so schwer es anfangs auch fiel, auf Oldenburg zu verzichten, so gut tat es irgendwann auch – und so spannend war dann die Rückkehr aus der Diaspora. Vielleicht das Schönste daran: Nachdem ich zunächst noch dachte, dass ja alles einigermaßen ruhig (gewesen) sei, wurde ich schnell eines Besseren belehrt:


Was ich zwischenzeitlich verpasst habe und was in den kommenden Wochen noch ansteht, ist auf seine Weise unfassbar. Vielleicht nicht so episch wie mancher Ausblick auf gigantische Naturschauspiele – aber eben auch faszinierend.

Nach Ostern begeisterten mich z.B. Ausstellungen wie jene von James Newitt im Edith-Ruß-Haus oder Bernhard Fuchs im Kunstverein, Theatererlebnisse wie „Richtfest“ im Kleinen Haus, aber auch das Klubfestival „Metropoly“. Und so ähnlich wird es auch weitergehen, z.B. mit dem „QRtiert“-Projekt, das der Technical Ballroom zusammen mit OFFIS realisiert. Hier können die Oldenburgerinnen und Oldenburger eigene Bilder einreichen und damit Teil einer Ausstellung werden, die von einer KI für jeden Gast persönlich kuratiert wird. Also: Augen offenhalten und mitmachen!



Sydney? Oldenburg!


Die Bandbreite dieser Aufzählung deutet es schon an: Die Oldenburger Kulturszene bietet unglaublich viel. Und ich kann ergänzen: Sie muss sich auch international nicht verstecken. Natürlich kann man neidisch auf die weltberühmte Oper in Sydney schauen, auf die vielfältige Musikszene Neuseelands oder die faszinierende Geschichte Kambodschas.


Meine Erkenntnis ist aber, dass Oldenburg für seine Größe nicht nur viel, sondern auch viel Gutes zu bieten hat.

Um das zu erkennen und genießen, muss man zum Glück nicht monatelang unterwegs sein. Das erschließt sich auch von allein. Es hilft aber immer, wenn man mit den neugierigen Augen eines Außenstehenden auf die Dinge schaut. Dann erkennt man den Reiz der Dinge oft viel besser, als wenn man den inneren Kunstkritiker bestimmen lässt. Und es hilft dabei, die wunderbare Einzigartigkeit seines Lebensmittelpunkts - und seine Dankbarkeit dafür - wiederzuentdecken.


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