JUDITH RAKERS: ORGANISCH WACHSEN
- Thorsten Lange
- vor 52 Minuten
- 13 Min. Lesezeit
Wie findet eine der bekanntesten Journalistinnen Deutschlands den Weg vom Nachrichtenstudio in den Hühnerstall – und schließlich in die Kinderbuchwelt? Im Gespräch erzählt Judith Rakers, warum sie die Schirmherrschaft für die 51. KIBUM übernommen hat, wie aus einer privaten Leidenschaft ein kreatives Universum aus Büchern, Spielen und Geschichten entstand, und weshalb sie trotz Prominenz immer auf Authentizität pocht. Ein Interview über Neugier, Natur, Kontrolle, Kreativität – und darüber, warum gute Geschichten manchmal einfach im eigenen Garten wachsen.

Nein, Stars und Sternchen, Glitzer und Glamour, spielen bei der KIBUM normalerweise keine Rolle. Und doch ist es positive Aufregung zu spüren, wenn die Schirmherrin eine gewisse Prominenz genießt. Das war im vergangenen Jahr bereits bei Kinderbuch-Legende Cornelia Funke der Fall, das schien in diesem Jahr bei der Journalistin und Autorin Judith Rakers aber noch eine Steigerung zu erfahren: Der Rummel am Eröffnungstag war enorm. Und bei vielen kleinen und großen Besucher:innen war tatsächlich ein gewisses Kribbeln zu spüren, weil jemand unmittelbar neben ihnen stand, die sie sonst nur als „Miss Tagesschau“ aus dem Fernsehen kannten.
Judith selbst hatte nicht nur kein Problem damit, sie schien den Trubel vollauf zu genießen. Routiniert absolvierte sie unzählige Pressetermine, herzlich und zugewandt erfüllte sie Autogrammwünsche und für die Kinder war sie jederzeit und überall ansprechbar. Zudem bewies sie eine enorme Ausdauer: Nachdem sie bereits vormittags auf ihrem Instagram-Kanal Videos von der KIBUM postete, war es längst dunkel, als sie das Kulturschnack-Büro betrat. Eigentlich hatten wir sie zu diesem späten Zeitpunkt nicht länger als fünfzehn Minuten beanspruchen wollen. Dass sie trotzdem erst eine knappe Stunde später wieder aufbrach, lag aber nicht etwa daran, dass sie einen Powernap auf unserer Couch eingelegt hätte. Nein, Judith spricht einfach leidenschaftlich über ihre Projekte - und wir hören genauso gerne zu. Wie es dazu kam, dass sie Kinderbücher schreibt? Ob ihre Prominenz dabei half? Was sie von Ghostwritern hält und ob sie künstliche Intelligenz als Konkurrenz sieht? All das erfahrt ihr hier.
Judith, du hast die Schirmherrschaft für die 51. KIBUM übernommen. Dazu eine ganz kurze Frage: Warum?
Weil ich es als große Ehre empfunden habe, überhaupt gefragt zu werden. Als die Anfrage kam, hatte ich den Satz noch nicht zu Ende gelesen und schon „Ja!“ gesagt. Die KIBUM ist die größte unabhängige Kinder- und Jugendbuchmesse, nicht nur in Norddeutschland, sondern in ganz Deutschland. Dabei sein zu dürfen – und dann auch noch als Schirmherrin – ist für mich etwas ganz Besonderes.
Warst du zuvor schon einmal selbst auf der Messe?
Ehrlich gesagt gar nicht. Das liegt aber sicher daran, dass ich in diesem Bereich noch relativ neu bin. Ich hatte vorher zwei Bücher für Erwachsene geschrieben und war auf der Frankfurter Buchmesse, auch mit meinem ersten Kinderbuch. Aber die Welt des Kinder- und Jugendbuches war für mich noch neu. Ich habe ja ursprünglich über Homefarming und Gemüseanbau geschrieben – mit vielen Fotos, weil ich wollte, dass man die Natur regelrecht riechen kann. Und überraschenderweise haben viele Kinder meine Bücher gelesen, gerade das Hühnerkapitel. Ich bekam unzählige Zeichnungen von Kindern, die meine Hühner gemalt haben. Dadurch entstand die Idee, zunächst einen Experimentierkasten für Kinder zu entwickeln – der wurde später sogar mit dem Deutschen Spielzeugpreis ausgezeichnet. Dann kam ein Brettspiel für Familien über Gemüseanbau. Und daraus entwickelte sich schließlich die Idee für ein Kinder-Sachbuch.
Mir ist wichtig, Fachwissen unterhaltsam zu vermitteln. Bei Kindern noch mehr als bei Erwachsenen. Deshalb sind meine Kindersachbücher eigentlich Geschichten geworden, die ich auch gut vorlesen kann und bei denen kleine Fans die Protagonist:innen lieben.
Das ist alles erst in den letzten drei, vier Jahren entstanden. Mein erstes Buch erschien 2021, inzwischen sind es fünf. Ich bin eine späte Autorin, die in der zweiten Lebenshälfte plötzlich losgelegt hat – mit unglaublichem Output, fast ein Buch pro Jahr.
Kurzbiografie Judith Rakers |
Immer neue Kapitel |
Judith Rakers, geboren 1976 in Paderborn und aufgewachsen in Bad Lippspringe, studierte Publizistik, Germanistik und Neuere Geschichte in Münster. Parallel dazu sammelte sie erste Radioerfahrungen bei Antenne Münster und Radio Hochstift – der Einstieg in den Journalismus, der schnell zur Berufung wurde.
![]() 2004 wechselte sie zum Fernsehen und moderierte zunächst das „Hamburg Journal“ im NDR. Drei Jahre später folgte der Schritt, für den sie bundesweit bekannt wurde: 2005 begann sie als Sprecherin bei der „Tagesschau“, zunächst im Nachtprogramm, ab 2008 auch in der Hauptausgabe um 20 Uhr. Zusätzlich moderiert sie zahlreiche Sendungen, unter anderem das Reise-Magazin „Wunderschön“, die „Inselreportagen“ und das traditionsreiche Talkformat „3 nach 9“.
Neben der journalistischen Arbeit entwickelte sich eine zweite Leidenschaft: das Leben mit Tieren und Selbstversorgung. Aus ihrem Homefarming-Projekt entstanden ab 2021 mehrere erfolgreiche Bücher, die sich zu Bestsellern entwickelten. Dazu kamen Spiele, Experimentierkästen und ein wachsendes Kinderbuch-Universum, das sie vollständig selbst schreibt.
Heute ist sie eine der vielseitigsten Persönlichkeiten im deutschsprachigen Medien- und Buchbereich – eine Frau, die von der Nachrichtensprecherin und Fernsehmoderatorin über die Sachbuchautorin und Podcasterin bis zur Kinderbucherzählerin immer wieder neue Kapitel aufschlägt. |
Du gehörst zu den bekanntesten Gesichtern des Landes. Viele sehen dich regelmäßig, dadurch entsteht eine große Prominenz. Findest du, man sollte das nutzen, um etwas Positives zu bewegen?
Das sollte jeder für sich entscheiden. Ich bin da sehr tolerant. Ich habe mich nie hingesetzt und überlegt, wie ich gesellschaftlich wirksam sein könnte. Es ist alles aus einer privaten Leidenschaft entstanden. Ich habe einfach angefangen, Gemüse anzubauen und darüber zu berichten. Und plötzlich merkte ich, wie viele Menschen sich inspiriert fühlen – gerade weil ich als Anfängerin begonnen habe, ohne Vorwissen, mitten im Berufsleben. Natürlich hat das Thema Nachhaltigkeit eine gesellschaftliche Wirkung: Gemüse aus dem eigenen Garten verursacht kein CO₂, Kinder essen eher, was sie selbst angebaut haben, und der Respekt vor der Natur wächst. Aber das war nicht mein Startmotiv. Heute freue ich mich, dass ich meine Stimme nutzen und viele Menschen erreichen kann. Aber Prominenz allein ersetzt keine Arbeit – meine Bücher schreibt nicht meine Reichweite.
Ich habe sie selbst geschrieben, ohne Ghostwriter, meist nachts nach den Tagesschau-Schichten. Reichweite hilft, aber sie ersetzt nicht das Machen.
Wie nimmst du Prominenz generell wahr? Ist das für dich eher positiv oder negativ?
Ich denke da selten in Kategorien von positiv oder negativ. Meine Karrieren war ein langer, gesunder Prozess: erst regionale Presse, dann Radio, dann das Hamburg-Journal, später Nachtschichten bei der Tagesschau und irgendwann die 20-Uhr-Ausgabe. Prominenz hat Vorteile: Viele Menschen kommen mit offenem Herzen auf mich zu, oft mit einer echten Nähe, weil sie meinen Podcast hören oder meine Inhalte verfolgen. Da ist sofort eine gemeinsame Basis – naturverbunden, tierlieb, nachhaltig. Das ist schön. Aber es gibt auch die andere Seite: Wenn man in ein Restaurant kommt und plötzlich alle Gespräche verstummen – das mag ich nicht. Ich lebe ja bewusst zurückgezogen auf dem Land. Diese Form von Aufmerksamkeit brauche ich nicht.
Kommen wir zum Thema Schreiben. Du hast erklärt, wie du zu Kinderbüchern gekommen bist – eher organisch, ohne großen Plan.
Genau. In meinem Leben ist nie etwas vom Reißbrett entstanden. Auch meine Fernsehkarriere nicht. Ich war fleißig, leistungsbereit, habe Chancen genutzt. Auch wenn ich Angst hatte: Wenn eine Tür aufging, habe ich „Ja“ gesagt und geschaut, wohin sie führt. Mit den Büchern ist es genauso: Aus der privaten Leidenschaft wurde ein Instagram-Blog, daraus ein Bestseller, dann noch einer, dann Spiele – und plötzlich gab es so viel Feedback von Kindern, dass klar war: Ich muss ein Kinderbuch schreiben. Und ich liebe es! Wenn ich irgendwann keinen Spaß mehr daran habe, lasse ich es. Aber im Moment habe ich mehr Ideen als Zeit.
Und wenn der Verlag irgendwann nicht mehr möchte, schreibe ich einfach im Internet weiter. Die Geschichten müssen raus!
Fällt es dir leicht, die Welt mit Kinderaugen zu sehen?
Total. Ich frage mich selbst manchmal, warum das so ist. Ich bin ein begeisterungsfähiger Mensch – wenn ich für etwas brenne, dann richtig. Und ich glaube, ich habe mir diese kindliche Freude bewahrt. Ich habe immer schon eine starke Verbindung zu Tieren gehabt. Jede meiner Hühnerpersönlichkeiten ist für mich anders. Früher war das für mich einfach Geflügel – heute sehe ich Charaktere. Eigentlich schreibe ich nur auf, was sowieso passiert. Wenn ich durch meinen Garten gehe, habe ich Ideen für fünf neue Bücher. Ich muss nur die dreitausend alten erst mal abarbeiten. (lacht)
Erfolgreiche Haustier-Truppe: Judiths real existierenden Katzen und Hühner geben die Inspirationen für die inzwischen drei Bände von „Judiths kleine Farm“. (Bilder: Julia Weinmann/GU Verlag)
Du hättest ja durchaus über „große Themen“ schreiben können, über Nachrichten, über deine Reportagen, über Reisen. Stattdessen wählst du den Mikrokosmos der Tiere. War das bewusst?
Nur, wenn ich es wirklich spüre. Mir wurden schon viele Buchthemen angeboten – über meine Kindheit, über meine Inselreportagen, über Reisen. Aber das wollte nie raus. Der Gemüseanbau hingegen kam aus mir heraus. Ich begann zu schreiben, es floss, und der Erfolg bestätigte es. Jetzt bin ich auf Rügen – und selbst der Umzug meiner Tiere könnte ein eigenes Buch werden. Kinder, die selbst umziehen, finden darin sofort Parallelen. Wenn ich nach Hause komme, werde ich wieder durch den Garten gehen – und innerhalb einer Woche entstehen die nächsten zwei Geschichten, da bin ich sicher.
Läufst du mit einer kleinen Kladde herum, um all deine Eindrücke festzuhalten?
Ich sollte! (lacht) Aber ich mache es nicht. Eigentlich müsste ich mir Dinge aufschreiben, doch bislang habe ich beim Schreiben nie das Gefühl gehabt, mir fehle etwas. Bei meinen Kindersachbüchern gehe ich so vor: Erst überlege ich, welches Wissen ich vermitteln will – zum Beispiel, wie man Salat pflanzt oder was man gegen Schnecken tun kann. Und dann baue ich eine Geschichte darum. Wenn ich anfange zu schreiben, entsteht alles von selbst. Ich kann kaum so schnell tippen, wie die Geschichte in meinem Kopf passiert. Vielleicht vergesse ich irgendwann mal etwas – aber bisher reicht das, was in mir steckt.
Vielsitig: Judith Rakers erzählte mal charmant, mal eindringlich von ihrem neuen Leben als Homefarmerin und Buchatorin. (Bilder: Kulturschnack)
Manche deiner Kolleg:innen machen sich weniger Arbeit und lassen ihre Bücher von anderen schreiben. Stört dich das? Besonders, weil man dir dann vielleicht auch so etwas unterstellen könnte?
Auch da: Jeder soll es machen, wie er möchte. Wenn am Ende eine gute Geschichte entsteht, ist es doch schön, wenn sie in die Welt kommt. Ich würde mir nur wünschen, dass man ehrlicher damit umgeht – also dass dann auch wirklich „geschrieben von …“ oder „redaktionelle Mitarbeit …“ draufsteht. Als ich noch bei der Tagesschau war und die ersten Buchanfragen bekam, wurde mir ständig gesagt: „Wir können auch einen Ghostwriter stellen.“ Und ich habe jedes Mal geantwortet: auf gar keinen Fall. (lacht)
In meinen Büchern ist kein einziges Wort von jemand anderem. Ich schreibe alles selbst. Für die Interviews bei „3 nach 9“ gibt es tolle Redakteure, die vorbereiten; und das ist auch gut so. Aber bei meinen Büchern will ich das nicht. Die sind privat entstanden, nicht als Businessmodell.
Ich habe beim Kinderbuch sogar die Illustratorin selbst ausgewählt. Der Verlag hatte wunderbare Vorschläge, aber es war nicht der Stil, den ich beim Schreiben vor Augen hatte. Ich sehe die Szenen schon beim Schreiben – wahrscheinlich, weil ich vom Fernsehen komme. Und mit Julia Weinmann habe ich jemanden, mit der dieses Teamwork funktioniert.
Du lieferst also nicht nur ein Manuskript ab, du kämpfst für deine Vorstellungen.
Genau. Beim ersten Buch beispielsweise wollte der Verlag zunächst nur drei Fotos. Ich habe gesagt: „Nein, das muss riechen, das ganze Buch.“ Dann gaben sie mir streng vor, wie viele Zeichen auf eine Seite passen. Ich habe mich exakt daran gehalten – und dann sind im Umbruch trotzdem ein paar Zeilen übergesprungen. Der Verlag hat kurzerhand Wörter gestrichen, doch dann stimmte der Rhythmus nicht mehr. Ich habe sie angerufen: „Das geht nicht.“ Sie: „Es waren doch nur ein paar Füllwörter.“ Ich: „Diese Füllwörter müssen da rein!“ Ich habe dann anschließend selbst Zeichen gestrichen, bis alles exakt passte. Der Verlag hat sowas noch nie erlebt.
Vielleicht wäre es einfacher, wenn ich Hilfe annehmen würde. Vielleicht wären die Bücher dann sogar besser. Aber wir werden es nie erfahren – ich arbeite eben so, wie ich arbeite.
Geschadet hat es dir jedenfalls nicht, sonst wäre keine Serie daraus geworden.
Das stimmt, aber es hätte auch anders laufen können. Beim ersten Buch war der Vorschlag des Verlags, dass ich es mit einem Koautor schreibe – einem Mann als Gartenexperten, der mir als Anfängerin Fragen beantwortet. Ich habe sofort gesagt: „Auf gar keinen Fall.“ Sie meinten es gut, aber plötzlich wäre ich wieder die Frau gewesen, die von einem Mann erklärt bekommt, wie es geht. Das wollte ich nicht. Sie hatten außerdem Schwierigkeiten damit, dass ich Hühner, Gemüse und Kochen in EIN Buch packen wollte – für sie waren das drei verschiedene Zielgruppen. Aber ich wusste: Es muss zusammen. Also habe ich ihnen früh das erste Kapitel geschickt. Eine Woche lang kam keine Reaktion – und dann hieß es plötzlich: „Super, bitte weiterschreiben.“ Ich habe beim Schreiben oft gedacht: Will das jemals jemand lesen? Oder zerreißen sie mich in der Luft – die Journalistin, die plötzlich ein Gartenbuch schreibt? Aber ich wollte es genau so machen, zu einhundert Prozent. Und am Ende hat genau das gefruchtet: Die Menschen mochten die Anfängerperspektive, die klaren Erklärungen, auch die peinlichen Momente und das Scheitern. Das Buch wurde ein Bestseller – und beim zweiten Buch hat dann niemand mehr diskutiert.
Werbeblock: Das Video behandelt Judiths allererstes Buch für Erwachsene. Es sollte aber entgegen aller Planungen und Erwartungen den Grundstein für die erfolgreiche Kinderbuchreihe „Judiths kleine Farm“ legen. (Video: GU-Verlag)
Lass uns noch über die Wirkung von Büchern reden. Das Motto der KIBUM lautet ja „Körper & Seele: KIBUM bewegt“. Kann ein Kinderbuch in Zeiten von TikTok überhaupt noch etwas in Kindern bewegen?
Wenn es sie erreicht – ja. Das ist die entscheidende Frage: Wird vorgelesen? Wird selbst gelesen? Wir haben wunderbare Kinderbücher, aber sie müssen zu den Kindern gelangen.
Genau deshalb ist eine Messe wie die KIBUM so wichtig. Sie schafft Sichtbarkeit und Verbindung zwischen Autoren, Verlagen und Familien. Ich bringe da gerne meine Reichweite ein – weil es schlicht eine gute Sache ist. Nicht, weil ich morgens aufwache und denke: „Was kann ich heute Gutes tun?“
Ich kann dazu beitragen, dass viele der 2.000 Neuerscheinungen dort ihre Leser:innen finden. Und ob mein Buch eines davon ist, ist zweitrangig.
Stichwort Instagram: Stehen Bücher und digitale Medien für dich eher in Konkurrenz oder eher in Symbiose?
Für mich ist es eine Symbiose. Alle Medien sind Werkzeuge, um Menschen zu erreichen. Früher gab es Rauchzeichen, heute gibt es Fernsehformate, Podcasts, Social Media. Ich nutze alles – Fernsehen, Radio, Online-Magazin, Podcast, Bücher, Spiele, Experimentier-Kästen, Instagram, Facebook. Überall erzähle ich dasselbe: Ich habe wenig Zeit. Ich habe wenig Ahnung. Aber ich kann trotzdem aus meinem Garten leben – und du kannst das auch. Ich will Menschen motivieren, es einfach auszuprobieren. Digitale Medien haben große Vorteile: Kinder, die nicht lesen können oder Sehbehinderungen haben, können Podcasts hören. Und Kinder, die meine Bücher lesen, erkennen auf der letzten Seite die echten Tiere. Sie gehen mit ihren Eltern auf meinen Social-Media-Kanal und sehen: Charly gibt’s wirklich. Jack gibt’s wirklich. Luzie gibt’s wirklich. Das macht die Geschichten tiefer. Ich lese sogar die Bücher selbst ein – kostenlos in der Kosmos-App. Weil ich weiß, wie wenig Kindern noch vorgelesen wird. Der Verlag wollte erst ein klassisches Hörbuch verkaufen. Ich habe gesagt: „Macht das gern – aber ich möchte zusätzlich eines kostenlos beisteuern.“ Am Montag sitze ich wieder im Studio und lese Band 3 ein.
Das alles zusammen – Buch, Audio, Social Media – ermöglicht es, Kinder wirklich zu erreichen. Es gibt Risiken, klar. Aber man kann moderne Medien auch positiv nutzen.
Du hast trotzdem so etwas wie eine Mission: Lesen ist wichtig.
Absolut. Ob auf dem Tablet oder im gedruckten Buch – Hauptsache, Kinder sehen Buchstaben, die im Kopf zu Worten werden, die wiederum Bedeutung haben und Bilder erzeugen. Lesen trainiert Fantasie, Sprache, Denken – wie ein Muskel. Natürlich darf es auch Netflix geben, aber nicht nur. Sonst bleibt das Gehirn passiv und erzeugt keine eigenen Bilder mehr.
Und wie siehst du in dem Zusammenhang KI – als Konkurrenz, als Gefahr, als Werkzeug?
Natürlich beschäftigt mich das. Aber wir werden es nicht aufhalten. Es wird Autor:innen, Illustrator:innen, Verlage betreffen. Es wird Jobs kosten und neue schaffen. Es ist eine der größten disruptiven Entwicklungen der Menschheitsgeschichte. Ich bin aber ein Mensch, der sich auf das konzentriert, was er ändern kann. Also frage ich: Was können wir Menschen besser? Wo ist unsere Nische? Wenn KI irgendwann bessere Geschichten schreibt – dann muss man sich vielleicht sogar fragen, ob man nicht die bessere Geschichte wählen sollte, auch wenn das für eine Autorin wie mich schade wäre. Meine Geschichten entstehen aus realem Leben, aus meinem Garten, aus echten Momenten. Ob KI das nachbilden kann – wird man sehen.
Aber ja: Ich finde diese Zeit auch spannend. In meinem Leben kamen Internet, Smartphones, jetzt KI, bald Quantencomputer. Ich bin neugierig – und ich glaube, wir werden alle unseren Weg finden.
Vielseitige Kinderbuchautorin |
Frei raus geschnackt |
Judith Rakers & Ariana Baborie fragen sich einmal pro Woche: Was war eigentlich los? Bei ihnen selbst, in der Welt und im Internet.
![]() Es wird frei raus geschnackt – ganz nach Lust, Laune und Lage der Woche. Persönliche Anekdoten, kuriose Schlagzeilen, virale Fundstücke und die ein oder andere Glanzleistung werden liebevoll seziert – mal ernst, meistens heiter, immer ehrlich. Mal albern, mal tiefgründig, immer nach dem Motto: „Was war los gewesen?“. Jeden Freitag in der ARD Audiothek und überall, wo es Podcasts gibt. Feedback, Freundschaftsbriefe & liebe Grüße an: baborieundrakers@swr3.de! |
Letzte Frage: Wie geht es weiter – „Kleine Farm“ für immer?
Ich mache das so lange, wie ich Spaß daran habe. Das habe ich auch bei der Tagesschau immer gesagt – und nach 19 Jahren bin ich gegangen. Diese Freiheit behalte ich mir. Vielleicht mache ich das jetzt 20 Jahre lang weiter. Vielleicht mache ich eine Eisdiele auf Rügen auf. Wer weiß? Ich bleibe bei mir. Das ist das Wichtigste.
Ich freue mich auf alles, was wir von dir noch bekommen – deine Arbeit, deine Leidenschaft, deine Bücher. Es hat großen Spaß gemacht.
Mir auch. Ein schönes Gespräch auf Augenhöhe.
Durch offene Türen gehen
Natürlich ist Judith Rakers ein Profi. Dass sie uns nach einem langen Tag auf der KIBUM ausführlich Rede und Antwort steht, dass sie dabei noch gut gelaunt ist und wunderbare Sätze sagt - das gehört zu ihrem Job. Sie kann das, selbst wenn eigentlich der Hals kratzt und der volle Kalender an den Kräften zehrt. Doch da ist mehr als das. Judith mag hier und da Sätze abspulen, die sie woanders auch schon mal gesagt hat. Immer wieder blitzt da aber der Mensch hinter der öffentlichen Person auf. Und dabei wird spürbar: Hier sitzt eine Autorin, die tatsächlich fühlt, was sie sagt, und liebt, was sie tut.

Das allein macht natürlich kein gutes Buch. Doch man kann aus unserem Interview herauslesen, welch offener, interessierter und reflektierter Mensch Judith ist. Sie hat viel gesehen und erlebt, vor allem aber hat sie die richtige Einstellung zum Leben gefunden. Wenn Türen sich öffnen, dann sollte man hin und wieder auch mal durchgehen - so lautet ihr Maxime. Dies hat letztlich zu ihrem spannenden, organische gewachsenen Lebensweg geführt - und ebenso zur lesenswerten Kinderbuch-Serie „Judiths kleine Farm“.
Nein, Stars und Sternchen, Glitzer und Glamour werden auch künftig kein fester Bestandteil der KIBUM sein. Dennoch gehört es zu ihren Qualitäten, prominente Schirmherr:innen wie Judith Rakers für Oldenburg zu gewinnen und Begegnungen mit ihnen zu schaffen. Das war ein Erlebnis für die Kinder - aber auch für die vielen Erwachsenen, die sie vielleicht noch ein bisschen besser kennen als ihr Nachwuchs. Letztlich spielt das Alter aber (fast) keine Rolle. Hauptsache ist: Wir lesen. Und wenn es um „Homefarming“ geht? Umso besser! Organisches Wachstum können wir schließlich alle gebrauchen.

















