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SCREEN TIME #3: ERKAN ACAR

  • Thorsten Lange
  • 14. Sept.
  • 6 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 26. Okt.

Das 32. Internationale Filmfest Oldenburg hat begonnen - und der Kulturschnack ist mitten drin! Für unser Format SCREEN TIME treffen jeden Tag eine Person aus dem Festivalbetrieb: Regisseur:innen, Schauspieler:innen oder jemand ganz anderen. Mit ihnen sprechen wir über die Filme, das Kino, die Unabhängigkeit und was uns sonst noch einfällt. Das Ergebnis? Findet ihr als Video auf unserem Insta-Kanal - und als Interview hier!


Screenshot aus „Under the Burning Sun“ von Yun Xie, der auf dem 32. Filmfest Oldenburg läuft
Zwischen Leben und Tod: Da muss eine Schlüsselszene geradezu auf einem Friedhof spielen. (Bilder: Mavie Films, Canva, Kulturschnack)

Den kenn' ich doch! So oder so ähnlich lautet der erste Gedanke, bei vielen Menschen, wenn sie Erkan Acar begegnen. Bei uns wäre es sicher auch so gewesen, hätten wir nicht schon vorher gewusst, dass wir ihn treffen würden. Wir waren also vorab im Bilde, dass uns ein sehr sympathischer Mensch gegenüber sitzen würde, der in zahlreichen deutschen Komödien und Krimis als Schauspieler mitgewirkt hat und der deshalb vielen Menschen bekannt vorkommt.


Hier aber sitzt er uns in anderer Funktion gegenüber. Erkan ist nämlich auch Drehbuchautor, Regisseur und Produzent (Mavie Films). In Oldenburg feiert sein neuer Film „Ghost Bastard“ seine feierliche Premiere. In SCREEN TIME #3 konnten wir mit Erkan darüber sprechen, warum er sich für eine Vorhölle zwischen Leben und Tod interessiert, ob man von der Arbeit im Filmbusiness auch mal genervt sein kann und von wem seine Tochter womöglich ihr Schauspieltalent geerbt haben könnte.



GHOST BASTARD

VON ERKAN ACAR


SA 19.00 UHR

CASABLANCA TICKETS


SO 14.30 UHR

THEATER HOF/19




Erkan, viele kennen dich als Schauspieler. Bei „Ghost Bastard“ hast du zwar eine Nebenrolle, bist aber auch Drehbuchautor und Regisseur. Ein Film, drei Jobs: Brauchst du so viel Abwechslung?


Ja, auf jeden Fall! Ich liebe einfach das Medium Film. Ob ich vor der Kamera stehe, Regie führe oder die Geschichte entwickle, das gehört für mich alles dazu und das hat alles seinen Reiz. Ich brauche die Abwechslung auf jeden Fall.


In „Ghost Bastard" befindet sich Phillipe Reinhardt als ein Geist in einer Art Zwischenhölle zwischen Leben und Tod. Warum hast du dir Gedanken zu diesem Thema gemach?


Ich habe mir ehrlich gesagt als Kind schon Gedanken darüber gemacht, ob wir wirklich auf der Welt sind oder ob wir nicht in so einer Art Limbus stecken. Mit Religion und Gott habe ich mich sehr oft und sehr intensiv beschäftigt und diesen Gedanken fand ich persönlich sehr interessant. Das ist ja so was wie Unendlichkeit. Dann habe ich mir die Frage gestellt, ob es nicht irgendwann mal langweilig wird, wenn man tatsächlich unendlich leben könnte. Und ich denke, wenn die Liebsten nicht mehr da sind, will man irgendwann auch nicht mehr da sein.


Hast du Angst vorm Tod?


Ich glaube wie jeder andere auch, klar. Man macht sich halt Gedanken. Ich glaube, wenn ich der Letzte auf der Welt wäre, dann hätte ich gar keine Angst, ohne die Liebsten um mich herum. Aber ich glaube, wie jeder andere auch habe ich Respekt, weil man halt nicht weiß, was danach kommt.


Der Film ist trotz des Themas nicht sofort tief philosophisch oder gar gruselig, sondern in erster Linie lustig. Kann Tod auch Spaß machen? Sollten wir lockerer damit umgehen?


Oh, das ist eine sehr gute Frage. Darüber habe ich mir ehrlich gesagt nicht viele Gedanken gemacht. Aber ich denke schon, ja. Wenn man die Dinge mit mehr Humor sieht, fällt es einem halt viel leichter.



Screenshot aus „Under the Burning Sun“ von Yun Xie, der auf dem 32. Filmfest Oldenburg läuft
Trauer und Komik: Dei beiden Pole liegen in Erkan Acars neuem Film nah beinander. (Still: Mavie Films)

Die Schwere kommt bei „Ghost Bastard“ im Verlauf aber noch. Die zentralen Themen sind Verarbeitung und Vergebung. Was bedeutet der Film denn für dich persönlich? Warum wolltest du ihn drehen?


Ich wollte wirklich sehr gerne übermitteln, dass Vergebung eine große Sache für uns alle ist. Man ist ja oft enttäuscht, wenn man bestimmte Erwartungen hat und dann fällt es wirklich schwer zu vergeben. Aber man vergisst meistens die Tatsache, dass man selbst auch mal in die Position kommen kann, um Vergebung bitten zu müssen. Ich persönlich bin überzeugt davon, dass es einem selber auch viel besser geht, wenn man jemandem vergibt.


Was gefällt dir denn am besten am Film? Welche deiner Vorhaben und Ideen sind besonders gut rübergekommen?


Mein Ziel war es wirklich, Philippe Reinhardt so authentisch wie möglich zu inszenieren und ich denke, dass es uns auch gut gelungen ist. Ganz wichtig ist mir aber auch die Entwicklung von Elli. Wir fangen ja mit ihr an und zu diesem Zeitpunkt ist sie schon sehr grob und zäh, „böse“ oder unsympathisch. Wir sehen im Film aber eine Entwicklung und das hat die Aliyah (die Elli spielt, Anm. d. Red.) auch toll gemacht. Darauf bin ich auf jeden Fall stolz.



Gut gelaunt: Erkan Acar spricht gern über seinen neuen Film „Ghost Bastard“ und über die Zusammenarbeit mit seiner Tochter und einem guten Freund. (Bilder: Kulturschnack)



Ein gutes Stichwort, weil Elli von niemand anderem gespielt wird als deiner eigenen Tochter Aliyah. Wollte sie oder musste sie?


Müssen erst mal gar nicht. Sie wollte das wirklich. Ich war natürlich erstmal zurückhaltend und hab meine Partner efragt, aber die fanden die Idee auch super. Wir haben dann auch wirklich ein Casting gemacht und haben festgestellt, dass sie es echt draufhat. Es ist natürlich ein komisches Gefühl, wenn der Papa seine eigene Tochter mitbringt oder vorschlägt. Das kann ja nicht gut gehen, denkt man da. Aber sie hat das wirklich super hinbekommen und das macht mich natürlich unendlich stolz. Und alle meine Partner und alle, die den Film gesehen haben, können das bestätigen und das freut mich umso mehr. Auf jeden Fall war das ihre eigene Entscheidung. Sie hat gesagt, sie hätte schon Lust darauf.


Glaubst du, man kann Talent vererben?


Oh, super, gute Frage. Aber ich denke ja.


Hattest du Angst, dass es zu Spannungen zwischen euch kommt, wenn am Set etwas nicht so funktioniert wie gewünscht?


Natürlich hatten wir am Set paar kleine Auseinandersetzungen, aber nichts Außergewöhnliches. Ich war wirklich sehr davon überzeugt. dass es klappt, Schließlich hatten wir zuvor schon Probeaufnahmen gemacht, die Feuerprobe war also schon bestanden.


Screenshot aus „Under the Burning Sun“ von Yun Xie, der auf dem 32. Filmfest Oldenburg läuft
Nervig: tatsächlich versteht es Philippe Reinhardt sehr gut, den Geist von seiner penetranten Seite zu spielen. (Plakat: Mavie Films)

Wenn man einen neuen Film beginnt, hat man ja sicher hunderte Gedanken, Vorstellungen und Ideen, Wie viele davon sind im Nachhinein gut und wie viele schlecht?


Im Vorfeld kann man es tatsächlich nicht zu hundert Prozent einschätzen. Es ist oft mir persönlich schon passiert, dass ich dachte „Okay, die Idee ist wirklich genial!“ und in der Umsetzung habe ich festgestellt, dass sie es doch nicht war! (lacht) Aber im Umkehrschluss denkst du dir auch, dass manche Ideen nicht so geil sind und in der Umsetzung sind die dann viel schöner. Da ist man selbst auch überrascht. Man hat eben nie ausgelernt, man lernt immer was dazu.


Unabhängige Produktionen haben ja oft ein relativ begrenztes Budget. Ist das zwangsläufig was Negatives oder kann das auch was Positives sein, weil man dann kreativer sein muss und etwas aus einem herausgekitzelt wird?


Man wird da definitiv kreativer, weil man mit den Umständen klarkommen und aus ihnen das Beste machen muss. Das bringt aber auch eine Magie mit sich, denn man weiß ja nicht, was auf einen zukommt, weil man dadurch dann auch experimentiert.


Du hast jetzt Ghost Bastard jetzt wahrscheinlich schon zigmal gesehen, einzelne Szenen wahrscheinlich hunderte Male. Kann man irgendwann in einer bestimmten Phase von seinem eigenen Schaffen auch mal genervt sein?


Definitiv. Wenn man unter Zeitdruck steht und man immer wieder reinguckt und feststellt „Okay, da funktioniert etwas noch nicht“, dann kann das passieren. Irgendwann denkt man so: „Jetzt kann ich mir mal eine Pause!“ Ich habe ja schon ein paar Filme gemacht und beim vorletzten war es teilweise wirklich schlimm. Aber ich muss sagen, bei diesem Projekt war das schon was anderes, weil meine Tochter mitspielt. Man will sich ja auch irgendwie beweisen und sagen: Sie mal, ich hab da etwas Gutes erschaffen, auch und gerade mit dir. Deshalb war diese Phase bei Ghost Bastard eigentlich wirklich relativ angenehm.



Screenshot aus „Under the Burning Sun“ von Yun Xie, der auf dem 32. Filmfest Oldenburg läuft
Tatsächlich ein Geist: Irgendwann sieht Elli ein, dass ihr neuer Begleiter eine Art Untoter ist. Doch wie wird man ihn wieder los? Und will sie das überhaupt?. (Still: Mavie Films)

Ihr feiert mit „Ghost Bastard“ in Oldenburg eure Weltpremiere. Du hast schon einige davon erlebt. Ist es trotzdem noch etwas Besonderes? Bist du noch nervös?


Auf jeden Fall. Nicht zuletzt, weil die Konstellation neu für mich ist. Phillipp ist ein guter Freund von mir, wir kennen uns mittlerweile seit ungefähr 17 Jahren und das ist unsere erste Zusammenarbeit. Und dann ist da noch die Kombination mit meiner Tochter! Natürlich ist das aufregend!


Du bist Berliner, im Verhleich dazu ist Oldenburg natürlich Provinz. Wie sind deine Eindrücke von der Stadt?


Ich finde sie super charmant. Ich bin zum ersten Mal hier und ehrlich gesagt habe ich jetzt nicht wirklich viel gewusst über Oldenburg. Aber die letzten zwei Tage habe ich viel erfahren, bin viel rumgekommen und finde es super schick und freue mich, dass wir unsere Premiere hier auf dem 32. Filmfest Oldenburg feiern können!


 
 
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