Das Horst-Janssen-Museum zeigt aktuell seinen Namensgeber als begeisterten Fotografen, der sich auch in den Momenten abseits seines eigentlichen Schaffens stetig an der Kamera künstlerisch betätigte.
I THINK THE POWER OF PHOTOGRAPHY DID HIT MR. JANSSEN - FOTOGRAFIEN VON HORST JANSSEN NEU GESEHEN VON OLIVER GODOW - BIS 24. SEPTEMBER - EINTRITT KOSTENLOS - HORST-JANSSEN-MUSEUM AM STADTMUSEUM 4-8 26121 OLDENBURG
Spätestens seit dem Smartphone sind wir alle zu fotografischen Chronisten unseres Alltags geworden, weil die Kamera immer in der nächsten Sekunde griffbereit ist. Doch das heißt natürlich nicht, dass die Menschen nicht auch schon davor viel fotografierten. So hat sich auch der Künstler Horst Janssen , der vor allem für sein Schaffen als Zeichner, Radierer und Literat bekannt war, Zeit seines Lebens künstlerisch in der Fotografie ausgelebt. Doch schon lange war dieser Teil seines Gesamtwerkes nicht mehr für eine breite Masse zugänglich - die letzte Ausstellung diesbezüglich ist rund 20 Jahre her. Das ändert sich nun!
Im Zuge des Forschungsstipendiums, das einmal jährlich vom Horst-Janssen-Museum selbst sowie seinem Förderverein ausgelobt und diesmal an den Fotokünstler Oliver Godow vergeben wurde, setzte man sich nun - passenderweise - ganz neu mit diesem Bereich auseinander, was zur aktuellen Ausstellung im Horst-Janssen-Museum führte. Hier konnte man sich auf einen fotografischen Fundus von rund 3.000 Fotos berufen, von denen ein Großteil bisher noch unbesehen in Archiven in Hamburg und Oldenburg schlummerte. Gemeinsam mit Co-Kuratorin Dr. Sabine Siebel nahm man das vorliegende Material unter die Lupe und stellte schnell fest, dass der Umgang Janssens mit dem Medium auch heute noch absolut am Zahn der Zeit liegt.
DER STIPENDIAT - OLIVER GODOW Oliver Godow wurde 1968 in Lübeck geboren und lebt und arbeitet in Stuttgart und Paris. Durch seine Eltern, die hier wohnhaft sind, hat er auch eine Verbindung nach Oldenburg. Er studierte Fotografie am Bournemouth College of Art & Design und schloss an der Glasgow School of Art mit dem Master in Fine Arts ab. Er erhielt zahlreiche Preise und Stipendien. Mit Soloausstellungen war er u.a. im Österreichischen Kulturforum Berlin, im Edvard-Munch-Haus Warnemünde, im Haus am Waldsee Berlin, im Maison Heinrich Heine/Cité Universitaire Paris, im Camden Arts Centre London und im Aberdeen Art Museum zu sehen. Zuletzt zeigte er auf dem Fotofestival OsloNegativ in Oslo eine raumbezogene Installation. |
Den Moment einfangen
So griff Janssen beispielsweise gerne zur Polaroid Kamera, die auch heute wieder ein absolutes Revival feiert und sich gerade bei jüngeren Menschen extremer Beliebtheit erfreut. Zwar machen sowohl Smartphone als auch das Polaroid beide ein spontanes Bilderlebnis möglich, doch in schnelllebigen Zeiten, in denen sich auf dem Smartphone im Handumdrehen eine schier unendliche Auswahl an Bildern erstellen lässt, ist die Reduktion auf den einzelnen, unwiederbringlichen Moment, der die Polaroidkamera auszeichnet, eine willkommene Abwechslung und Entschleunigung.
Auffallend ist ebenfalls, wie stark einige der Fotografien in ihrer reinen Bildästhetik heutigem Stilempfinden entsprechen. Wo wir heute "Filter" auf eine digitale Datei anwenden und so ein bestimmter und vor allem völlig variabler Look entsteht, war es damals jedoch der Film selbst, der die Farbgebung des Endergebnisses bestimmte. Trotzdem bekommt man bei einigen der Hängungen innerhalb der Ausstellung im Kontext der heutigen Zeit unweigerlich den Eindruck, es könnte sich auch auf die analoge Spiegelung eines bestens kuratierten und gepflegten Instagram-Feeds handeln. Das schafft auch für junge Besucherinnen und Besucher direkte Bezugspunkte ohne dabei möglicherweise älteres Publikum abzuschrecken.
Schneller als sein Strich
Doch warum eigentlich Fotografie? Was mag Horst Janssen daran gereizt haben, sich zusätzlich zu seinem eigentlichen Schaffen auch noch in diesem Gefilde auszuleben? Oliver Godow denkt, über die intensive Beschäftigung mit seinem umfangreichen Archiv, eine Antwort auf diese Frage gefunden zu haben. Denn eine Zeichnung, die braucht Zeit, der Moment lässt sich nie ohne weiteres "sofort" einfangen. Deshalb sagt Godow:
„Mit der Kamera konnte Janssen unmittelbar seine Bildempfindung festhalten, die deckungsgleich mit seinem Blick, seiner Intention und seinem Seelenzustand war. Die Kamera war schnell wie sein Auge und dabei schneller als sein Strich“
Doch nicht nur Janssens Werke sind hier zu sehen, Forschungsstipendiat Godow hat sich ebenfalls auf fotografische Art und Weise mit dem Künstler Horst Janssen auseinandergesetzt und die Ergebnisse ausgestellt. Denn über die Phase der Auseinandersetzung mit ihm konnte er eine recht prägende Gemeinsamkeit zu ihm feststellen. All seine Fotografien und Polas zeugten von einem rastlos Suchenden, von einem Workaholic, aber auch einem Egomaniac. Auch er selbst lebe mit der Kamera, 24/7.
Und so hat Godow mit sachkundiger Expertise, aber auch mit subjektivem Blick eine Ausstellung kuratiert, die den Betrachter das fotografische Werk Janssens neu entdecken lässt, ein Werk, das Godow mit folgenden Worten beschreibt: „Komplett RETRO und trotzdem NOW.“
Weitere Infos zur Ausstellung gibt es unter folgender Adresse: www.horst-janssen-museum.de
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