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DIE MAGISCHE ZAHL

  • kulturschnack
  • vor 2 Stunden
  • 4 Min. Lesezeit

Die Zahl 24. Nicht wegzudenken ist sie in der Welt der Animationskunst. Ihr gelingt es, scheinbar wie von Zauberhand, einzelne Zeichnungen in Bewegung zu versetzen und ihnen das Leben einzuhauchen. Das Horst-Janssen-Museum hat dieser Zahl, ihrer Magie und denjenigen, die sie entstehen lassen nun eine eigene Ausstellung mit dem Titel "Bilder pro Sekunde" gewidmet.


Filmstill aus der Ausstellung Bilder pro Sekunde im Horst-Janssen-Museum Oldenburg, Tim Romanowsky, Nodon, Filmstill, 2D digitaler Zeichentrick, 2019 © (Tim Romanowsky) VG Bild-Kunst Bonn, 2025
Tim Romanowsky, Nodon, Filmstill, 2D digitaler Zeichentrick, 2019 © (Tim Romanowsky) VG Bild-Kunst Bonn, 2025

BILDER PRO SEKUNDE

HORST-JANSSEN-MUSEUM AM STADTMUSEUM 4-8 26121 OLDENBURG NOCH BIS 12. OKTOBER EINTRITT FREI Wichtig: Da der Fuß- und Radweg vor dem Museum weiterhin vom Lappan aus gesperrt ist, kann der aktuelle Eingang des Museum nur vom Pferdemarkt kommend oder über die Raiffeisenstraße erreicht werden.


Wer kennt es noch, das gute alte Daumenkino? Der Animationsfilm im Do-It-Yourself-Format. Eigentlich so simpel - ein kleiner Stapel Papier, ein paar einfache Zeichnungen reichen bereits aus und doch: wenn man ein solches Heft, vermutlich irgendwann zum ersten Mal in seiner Kindheit in den Händen gehalten hat, ist es nichtsdestotrotz ein absoluter "Wow"-Moment. Man kann kaum glauben, was sich dort vor den eigenen Augen abspielt. Einzelne Striche und Momente, werden zu einem Ganzen, aus dem einzelnen Bild wird ein Film und er erzählt den Betrachtenden eine Geschichte. Und sei es nur die, einer singulären Bewegung.


Foto: Horst-Janssen-Museum
Foto: Horst-Janssen-Museum

Während wir oder besser gesagt unsere Augen also stetig ausgetrickst werden und Film und Fernsehen über diesen Umstand hinwegtäuschen möchten, dass wir lediglich eine riesige Aneinanderreihung einzelner Momentaufnahmen dargeboten bekommen, geht das Horst-Janssen-Museum, als Museum für Zeichenkunst, bewusst einen anderen Weg. Es lenkt in "Bilder pro Sekunde" das Licht der Aufmerksamkeit wieder auf den eigentlichen Protagonisten, den heimlichen Star der Show und beweist dabei Mut zum Experiment, was auch Aline Helmcke, Kuratorin der Ausstellung und selbst Animations-(Künstlerin), unterstreicht:


"Der experimentelle Zeichenfilm folgt keinen festgelegten Mustern. Es geht um den Prozess, um unerwartete Ideen, die sich aus dem Konzept, dem Kritzeln, Skizzieren und Beobachten, dem Assoziieren und dem Nebeneinanderstellen von Bildern ergeben. Diese Elemente prägen die Wirkung des Films ebenso stark wie das Erzählte selbst."

Abseits des Mainstreams


In Zeiten von Netflix, Prime und Konsorten ist es eine mehr als willkommene Abwechslung, hier die Möglichkeit geboten zu bekommen, filmische Werke zu erleben, die jegliches Marketingkorsett von sich weisen und ihre eigene künstlerische Individualität behaupten. Hier gibt es keine glattpolierten, am Reißbrett entstandenen und von Algorithmen getriebenen Inhalte. Es geht auch nicht um Einschaltquoten oder Klicks sondern um die pure Freiheit, Dinge auch einfach nur um des Ausprobierens willen auszuprobieren. Gerade weil der heutige Content, den wir tagein tagaus konsumieren, sei es vor dem TV oder dem Smartphone, so sehr von Konformität, Reproduktion und einer höchstmöglichen Wiederkennbarkeit geprägt ist, ist die in "Bilder pro Sekunde" zu sehende Bandbreite an unterschiedlichen Ansätzen, Ausdrucksmöglichkeiten und Herangehensweisen umso erfrischender.


Foto aus der Ausstellung Bilder pro Sekunde im Horst-Janssen-Museum Oldenburg vom Exponat The Mother of the Mothers of Inventions von Jörg Mandernach
Die Animation, die in den reellen Raum hineingreift und ihn einnimmt. Foto: Horst-Janssen-Museum

Die ausstellenden internationalen Künstlerinnen und Künstler Robin Rhode, Sasha Svirsky, Alice Saey, Damien Tran, Jörg Mandernach, Juliane Ebner, Tim Romanowsky, Laura Ginès Bataller, Matt Bollinger und Yoriko Mizushiri zeigen ein Spektrum, das sich vom analogen Papier oder auf Folie gezeichnetem Film, über digitalen Zeichentrick, bis hin zu Zeichenperformances, interaktiver Animation und einer kinetischen Raumarbeit erstreckt und die gezeigten Kurzfilme dabei geschickt ergänzt. Denn gerade weil die Wahrnehmung einzelner Arbeiten über die üblichen Grenzen von Leinwand oder Bildschirm hinausgeht, erlebt man diese sowohl bewusster als auch ganzheitlicher. Aline Helmcke betont dabei:

„Mit welcher Intention und in welcher Technik gezeichnet wird, schafft im Zusammenspiel mit der jeweiligen thematischen Auseinandersetzung ganz unterschiedliche ästhetische Erlebnisse. Dieses Potenzial unmittelbar erfahrbar zu machen, ist Ziel der Ausstellung. Darüber hinaus werden Skizzenbücher und Originalzeichnungen zu sehen sein, die als Teil der Ideenentwicklung oder während der Filmproduktion entstanden sind.“

Animationskunst für Alle


Wer lässt sich schon gerne die Gelegenheit entgehen, nicht nur einen Film zu konsumieren, sondern beispielsweise interaktiv in den Ablauf und auf das Entstehen des Films einwirken zu können. So erwartet einen, in einer Ecke der Ausstellungsfläche ein großes Keyboard, als Teil des Beitrags "Animated Graph For After the Flood" von Laura Ginès Bataller, das Besucherinnen und Besucher dazu einlädt durch das Spielen des selbigen die Vision der Künstlerin auf spielerische Art und Weise nach und nach zum Leben zu erwecken. Ebenso einnehmend und schön zu beobachten ist die große Mobile-Installation "The Mother of The Mothers of Inventions" von Jörg Mandernach, die mit Hilfe von Kartonschnitten und zwei Projektionen einen Schattentanz aufführt, der Bewegtbild, reale Bewegungen und auch die Schattenwürfe der Betrachtenden miteinander verwebt.


Alice Saey, Cages, Filmstill, 2D-Animation, Filmloop, 2021 © Centre Pompidou/Alice Saey aus der Ausstellung Bilder pro Sekunde im Horst-Janssen-Museum Oldenburg
Credit: Alice Saey, Cages, Filmstill, 2D-Animation, Filmloop, 2021 © Centre Pompidou/Alice Saey

Deshalb eignet sich die Welt der Animation wirklich ganz wunderbar dazu, das Horst-Janssen-Museum auch gegebenenfalls mit den eigenen Kindern zu erkunden, weil alle Generationen hier auf eine Sprache treffen, die sie unmittelbar verstehen und mit der sie etwas anfangen können. Jüngere erkennen im Medium der Animation etwas Vertrautes, das ihnen gegebenenfalls aus den heutzutage allgegenwärtigen und unterschiedlichsten Kinderserien bereits bekannt vorkommt. Im Anschluss öffnet es jedoch im besten Fall die Tür zu etwas Neuem, das weit mehr ist als das, was sie aus Film und Fernsehen kennen. Verspielt, auch rätselhaft, doch vor allem etwas ganz persönliches.


Vor allem kann das gesamte Horst-Janssen-Museum weiterhin kostenfrei besichtigt werden und ist somit umso mehr eine wunderbare Gelegenheit auch spontan einen Blick ins Haus zu wagen und sich vom Gezeigten begeistern zu lassen.


Weitere Informationen zur Ausstellung sowie dem zugehörigen Rahmenprogramm findet ihr auf der Website des Museums unter: www.horst-janssen-museum.de





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