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WIE BEGEGNET MAN DEN USA?

Bereits zum siebten Mal bietet die Begegnungen-Reihe des Kulturbüros in diesem Jahr die wunderbare Gelegenheit, ein fremdes Land jenseits von Reiseführerwissen intensiv kennenzulernen. Mit China und der Türkei gab es in der Vergangenheit durchaus schon Länder, die kontrovers diskutiert wurden. Nun sind es ausgerechnet die Vereinigten Staaten von Amerika, die besonders viel Gesprächsstoff bieten. Wie geht man nur mit Trumps USA um?


Langer Schatten: Die USA haben sich mit Trump deutlich verändert. Aus einem langjährigen Verbündeten wurde ein weltpolitischer Poltergeist. Wie gehen wir damit um? (Bild: Shutterstock/Canva/Kulturschnack)
Langer Schatten: Die USA haben sich mit Trump deutlich verändert. Aus einem langjährigen Verbündeten wurde ein weltpolitischer Poltergeist. Wie gehen wir damit um? (Bild: Shutterstock/Canva/Kulturschnack)

Alles schien gut zu sein, als die Wahl für die Begegnungen 2025 auf die USA fiel. Der Präsident hieß damals Joe Biden: ein routinierter - manche sagen auch: langweiliger - Politikveteran mit kooperativem Selbstverständnis. Und obwohl er schon damals innerhalb Amerikas nicht sonderlich beliebt war und Donald Trump bereits wieder die Medien dominierte, schien eine Wiederholung der traumatischen US-Wahl von 2016 unwahrscheinlich.


Doch genau dazu kam es. Der Milliardär aus New York gewann die Wahl deutlich und ist nicht mehr nur der 45., sondern auch der 47. Präsident der Vereinigten Staaten. Wobei der neue Trump den alten ziemlich blass aussehen lässt. Konnte man sich Anfang 2017 über den Dilettantismus im Weißen Haus noch amüsieren, verbreitet der Immobilienmogul nun weltweit Angst und Schrecken. Laut einer Befragung des Markt- und Sozialforschungs-Instituts Ipsos bezeichnen nur noch elf Prozent der Befragten die USA als einen Bündnispartner mit gleichen Werten. Das transatlantische Verhältnis scheint gestört, vielleicht sogar zerrütet. Und die Frage ist: Wie begegnen wir den USA?


 

USA BEGEGNUNGEN


20. SEPTEMBER BIS 27. NOVEMBER 2025 MIT ÜBER ZWANZIG EINRICHTUNGEN UND AKTEUR:INNEN AUS DEN BEREICHEN LITERATUR, THEATER, MUSIK, BILDENDE KUNST, POLITISCHE UND WIRTSCHAFTLICHE BILDUNG/INFORMATION SOWIE BEITRÄGEN AUS DEN BEREICHEN FILM, SOUND, GESCHICHTE UND GASTRONOMIE.


VERSCHIEDENE SPIELORTE

26122 OLDENBURG


 

Das Volk als Verständiger


Dass die Wahl auf die USA fiel, lässt sich nicht mehr ändern. Das kann aber auch niemand ernsthaft wollen, denn es ist alles andere als eine schlechte Wahl. Im Gegenteil, sie könnte zetgemäßer kaum sein. Dass wir es bei den diesjährigen „Begegnungen“ mit den USA zu tun haben werden, ist nämlich nicht etwa ein Fluch, sondern ein Segen. Nie war es spannender sich mit diesem Land zu beschäftigen, das in seiner Zerissenheit kein klares Bild bietet. Und nie war es wichtiger, denn wenn die Politik als Verständiger ausfällt, sollten es die Völker selbst in die Hand nehmen.



Weltgeschichte in Titelbildern: Die SPIEGEL-Cover stehen stellvertretend für die wechselnde Wahrnehmung der Vereinigten Staaten in der Bundesrepublik.


Die USA sind sehr viel mehr als Trump, MAGA und America First. Auf der großen Politikbühne sehen wir gerade die hässliche Fratze des nationalen Egoismus. Man täte den 300 Millionen Einwohner:innen des „Land of the Free, Home of the Brave“ aber Unrecht, wenn man davon ausginge, dass dieses Gesicht repräsentativ ist. Laut Umfrafgen steht nach wie vor etwa die Hälfte der Menschen in Amerika hinter Trump. Doch das macht sie nicht zwangsläufig zu schlechten Zeitgenossen - und das Land nicht gleich zur No-Go-Area. Das sieht auch die Mehrheit der Deutschen so: In der erwähnten Ipsos-Befragung bezeichnen zwei Drittel die USA als notwendigen Partner in der Welt, nur jeder zehnte sieht sie als Rivalen.


ZEITGEMÄßES FORMAT DIE BEGEGNUNGEN-REIHE Alles begann am 1. September 2010. An diesem Tag startete mit den „China Begegnungen“ die Premiere der gleichnamigen Reihe. Das durchaus gewagte Experiment, ein einzelnes Land über einen langen Zeitraum hinweg kulturell intensiv erlebbar zu machen, glückte auf Anhieb. Es war vor allem der damit einhergehende Facettenreichtum, der das Publikum auf unterschiedliche Weise fesselte - und seither für einige Fortsetzungen sorgte.

Jenseits der Klischees: Von Anfang an war klar, dass Traditionen zwar eine Rolle spielen, aber vor allem Umbrüche und Veränderungen im Mittelpunkt stehen. (Bild: Kulturbüro)
Jenseits der Klischees: Von Anfang an war klar, dass Traditionen zwar eine Rolle spielen, aber vor allem Umbrüche und Veränderungen im Mittelpunkt stehen. (Bild: Kulturbüro)

Bewährt hat sich insbesondere der Ansatz, ein unaufgeregtes Portrait der Partnerländer zu zeichnen. Es geht nicht etwas darum, die bekanntesten Künstler:innen zu zeigen oder sich an existierenden Klischees abzuarbeiten. Die Begegnungen-Reihe liest vielmehr zwischen den Zeilen und versucht, Nuancen der jeweiligen Nation zu betonen, die ansonsten oft übersehen werden, die aber viel über ihr Wesen verraten. Das ist in bisher sechs Auflagen in der Regel geglückt:

2010: CHINA 2012: SÜDAFRIKA 2014: TÜRKEI 2017: POLEN 2019: GROßBRITANNIEN 2022: ISLAND 2025: VEREINIGTE STAATEN Seit 2010 hätten die „Begegnungen“ den Positionen und Ausdrucksweisen von Kulturschaffenden aus sich rasant verändernden Gesellschaften Aufmerksamkeit geschenkt, heißt es auf der Website des Kulturbüros. Es sei vor allem die Kunst, die auf ihre eigene Weise diese Umbrüche zum Ausdruck bringen könne und Position beziehe. Aber auch Experten aus Wirtschaft und Wissenschaft hätten mögliche Erklärungsmuster und Sichtweisen angeboten. Die vorläufige Bilanz lautet wie folgt: „Somit haben sich die „Begegnungen“ in der Vergangenheit einer großen Aufmerksamkeit seitens der Oldenburger Bürgerinnen und Bürger erfreut – und konnten die Anzahl der Besucher sowie der partizipierenden Kulturinstitutionen stetig erhöhen.


Die goldrichtige Wahl


Wenn wir wissen wollen, wie es um die USA wirklich steht, dann können wir uns nicht an dem orientieren, was aus dem Oval Office zu uns hinüberschwallt. Dann müssen wir uns ein eigenes Bild machen und Menschen begegnen, die anders als der Präsident keine nationalistisch-hegemoniale Agenda verfolgen, sondern einen offeneren und toleranteren Weltblick haben.


Breites Bündnis: Die Begegnungen haben traditionell viele Beteiligte. Über 20 Einrichtungen und Akteur:innen sind auch beim Thema USA voller Vorfreude. (Bild: Kulturschnack)
Breites Bündnis: Die Begegnungen haben traditionell viele Beteiligte. Über 20 Einrichtungen und Akteur:innen sind auch beim Thema USA voller Vorfreude. (Bild: Kulturschnack)

Wie begegnen wir also den USA? Am wichtigsten ist, es überhaupt zu tun! Deshalb liegt Oldenburg mit der Wahl goldrichtig. Politisch mag viel Porzellan zerschlagen sein. Auf der zwischenmenschlichen und kulturellen Ebene könnten einige Risse aber wieder gekittet werden. Es gibt es keine Gründe, sich gegenseitig plötzlich zu ignorieren oder gar zu misstrauen. Vielmehr zeigt sich, dass die Politik eben doch „nur“ Politik ist und dass auch der mächtigste Mann der Welt nicht für sein ganzes Volk sprechen kann. Dafür sind die USA viel zu divers - auch wenn genau das dem Präsidenten nicht passt.


Die USA Begegnungen bieten uns vom 20. September bis 27. November 2025 neun Wochen lang die Gelegenheit, ein Land zu treffen, das derzeit ein höchst unklares Bild bietet. Die mehrwöchige Veranstaltung wird daran zwar nichts ändern. Aber sie erinnert uns daran, dass die USA sehr viel mehr zu bieten haben als Provokationen und Politkrawall, nämlich eine vielfältige, facettenreiche und faszinierende Kultur. Freuen wir uns auf sie - und begegnen wir ihr mit Offenheit, Interesse und der Hoffnung auf eine gute Zukunft.

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