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ENDLICH SALONFÄHIG

Etwas ruhig ist es geworden um die Creative Mass. Was einst als große kulturelle Selbstermächtigung entstand und zeitweise als eine Art Kulturparlament gedacht war, ist mittlerweile auf eine eher unregelmäßige Plattform des Austauschs zusammengeschrumpft. Das ist bedauerlich, aber auch nicht dramatisch. Denn auch in dieser Form hat sie ihre Berechtigung - und lädt nun erstmals zum „Oldenburger Kultursalon“ ein.


Mai 2017: Eine Demo der Oldenburger Kultur für mehr Aufmerksamkeit für ihre Belange in Oldenburg
Die kreative Masse: Viele Menschen gingen im Mai 2017 auf die Sti raße, um einen Oldenburger Kulturort zu bewahren. (Bild: Creative Mass e.V.)

Über dreihundert Menschen - so viele waren es damals, im Mai 2017, als die kreative Szene und ihre Sympathisant:innen auf die Straße gingen, um die Alte Maschinenhalle am Pferdemarkt in ihrer rohen Form zu erhalten. Es war ein Erweckungsmoment für die Kulturakteur:innen und für Menschen, die sich bis dahin gar nicht dazuzählten. Die Erkenntnis: Wir haben eine Stimme - und wir wollen gemeinsam etwas erreichen.


In der Folge wurde - mit Unterstützung der Stadt Oldenburg und in Zusammenarbeit mit dem Institut für Partizipatives Gestalten (IPG) - ein großer Prozess ins Rollen gebracht, um die Bewegung über den Moment und den Anlass hinaus zu verstetigen. Jedoch erwies sich der Prozess als zu komplex: Im Laufe vieler Treffen und Diskussionen verlor man etliche Mitstreiter:innen. Und wichtiger noch: Man verlor dabei auch Vibe und Drive. Vereinfacht ausgedrückt erstickte die Creative Mass an den eigenen Ansprüchen - auch wenn alle Einzelziele für sich genommen richtig waren.


 

DER OLDENBURGER KULTURSALON:

MONEY MAKES THE WORLD GO ROUND


FREITAG, 24. NOVEMBER, 19 UHR

KULTURETAGE/ STUDIO K

26122 OLDENBURG EINTRITT FREI

 

Szene im Kasten


Dass es so kam, ist den Beteiligten kaum anzukreiden. Alle waren beseelt vom Vorhaben, etwas Neues und Wunderbares zu schaffen. Die zermürbende Komplexität des Projekts - von der Selbstfindung über die Finanzierung und Organisation bis zur Raumsuche - nahm jedoch selbst den größten Enthusiast:innen den Wind aus den Segeln. Aber: Das war nicht das Ende.


Die Kulturtage in Oldenburg, Schauplatz des Oldenburger Kultursalons
Ort des Geschehens: Schon die letzte „Szene“ wanderte in die Kulturetage. Hier wird auch der „Kultursalon“ stattfinden. (Bild: Kulturschnack)

In den letzten beiden Jahren setzte die Creative Mass zwei Akzente: Erstens übernahm sie die Pflege des Oldenburger Portals, das Akteur:innen aus Oldenburgs Kultur und Kreativwirtschaft im Netz auffindbar macht. Zweitens veranstaltete sie unregelmäßige Treffen zum Kennenlernen, Vernetzen und Austauschen, die sogenannten „Szenen“. Bei der Premiere war damals auch der Kulturschnack zu Gast, im Folgenden viele weitere Vertreter:innen aus der Kulturlandschaft.


Insgesamt sechs Termine fanden statt. Doch obwohl es ein angenehm niedrigschwelliges Format war, konnte es stets nur ein bis zwei Dutzend Menschen zur Teilnahme motivieren. Das ist keine schlechte Bilanz, aber eben auch nichts, was dem Begriff der "Masse" nahe käme. Deshalb hat sich der Creative Mass-Vorstand um Mathilda Kochan, Katharina Semling und Andreas Büttner etwas Neues ausgedacht: nach der Szene kommt der Salon - und mit ihm ein Ortswechsel von der Musikschule ins Theater k.



Mathilda Kochan, Leiterin des Oldenburger Theater k, Teil der Kulturetage Oldenburg
Lust auf Neues: Mathilda Kochan steht bei der Creative Mass und beim Theater k für Veränderungen. (Bild: Kulturschnack)

Zeit für was Neues


Das hat viel mit Mathilda selbst zu tun. Seit Jahresanfang leitet sie das Theater k und erkannte das Potenzial der eigenen Räumlichkeiten für die Creative Mass: „Das Foyer des Theater k ist ein kleiner Salon, deshalb war die Namensänderung naheliegend“, erklärt die junge Theaterchefin.


Bei dem Wechsel ging es jedoch um weit mehr als nur einen anderen Ort. Die „Szenen“ konnte man als zwanglos-unprogrammatisch beschreiben, sie waren angenehm und entspannt. Jedoch fehlte ihnen das gewisse etwas, um sie zu einer Attraktion für viele zu machen.


Das wird beim Oldenburger Kultursalon anders - und das hat mit zwei Veränderungen zu tun. „Wir wollen jeweils ein aktuelles Thema diskutieren“, benennt Mathilda eine der beiden Neuerungen. Bei der Premiere gehe es um die finanzielle Ausstattung der Kulturszene - ein Thema, das mit Blick auf Krisen und Kosten aktuell besondere Bedeutung besitzt. Eingeladen sind Gäste, die sich in diesem Bereich bestens auskennen - wie etwa Christiane Cordes, Leiterin des städtischen Kulturamts, oder Ulf Prange, Landtagsabgeordneter der SPD.


„Wir wissen natürlich, dass Geld nicht glücklich macht und da man bekanntermaßen Geld hat und nicht darüber spricht, reden wir nicht über Geld, sondern singen, lachen, talken, quatschen, teilen, netzwerken und musizieren – wie es sich in einem Kultursalon gehört.“

Szene aus dem 1. Oldenburger Kultursalon in der Kulturetage Oldenburg
Schwacher Puls: Ist die Szene unterfinanziert? Mit dieser Frage beschäftigt sich der 1. Oldenburger Kultursalon (Bild: Bernhard Weber-Meinardus)

Die zweite Neuerung steht mit der ersten in Zusammenhang, denn sie betrifft die Art und Weise, wie das aktuelle Thema aufbereitet wird: „Der Salon ist quasi eine inszenierte Podiumsdiskussion“, berichtet die ausgebildete Opernsängerin und Regieassistentin. Das heißt, es wird vorbereitete Inhalte und Impulse geben.


Einen Grund für diese Veränderung liefert sie gleich mit: „Im Foyer des Theater k steht uns eine Bühne zur Verfügung. Da muss man halt spielen!“ Das tun in diesem Fall Uwe Bergeest, Marina Ruhl, Ralf Selmer und Anne-Sophie Zarour, die auch durch den Abend führt. Aber bedeutet das etwa, dass die Gäste womöglich auch auf die Bühne müssen? Mathilda antwortet mit einem Augenzwinkern: „Vielleicht...?“



Bühne für die Masse


Beim Oldenburger Kultursalon vermischen sich also zwei Strömungen: Das Anliegen des Formats bleibt die Diskussion, also der Austausch mit dem Ziel eines Erkenntnisgewinns und einer Veränderung. Durch den Einsatz der Bühne bekommt der Abend aber auch ein spielerisches, unterhaltendes Element und eine dramaturgische Klammer - ein klarer Gewinn gegenüber den „Szenen“.


Ob die Neuerung letztlich trägt, bleibt abzuwarten. Für viele dürfte es zunächst schwer zu erkennen sein, um was es geht: Sachliche Diskussion oder Darstellendes Spiel? In der Antwort darauf - eine Mischung aus beidem - liegt aber gleichzeitig das Potenzial des Formats. Schließlich hat es so etwas noch nicht gegeben und könnte durchaus reizvoll sein.


Am wichtigsten ist aber, dass die Creative Mass ihre Berufung als Interessenvertretung und Sprachrohr wiederfindet - und im Zuge dessen vielleicht auch Vibe und Drive. Über dreihundert Menschen werden zur Premiere voraussichtlich nicht kommen. Aber wenn dauerhaft ein Zehntel davon den Weg ins Theater k findet, dann wäre das auch ein Erfolg - und die Masse somit: endlich salonfähig.

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