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WIR ERMUTIGEN MENSCHEN, PROJEKTE ZU WAGEN

„Oldenburg bräuchte eigentlich noch [hier richtig geile Idee für ein Kulturprojekt einfügen]!“ Schon mal so einen Gedanken gehabt, aber nicht gewusst, wie man das Projekt am besten realisiert? Hier kommt Daniel van Lengen, neuer Berater des Landesverbandes Soziokultur Niedersachsen, ins Spiel. Wir haben mit ihm über sein Beratungsangebot für (zukünftige) Kulturschaffende und seinen Appell an alle Veranstaltungsfans geschnackt.


Potraitfoto von Daniel van Lengen, dem neuen Kulturberater des Landesverbandes Soziokultur Niedersachsen mit Büro hier in Oldenburg in der Kulturetage
Daniel hat sein Büro in der Kulturetage Oldenburg. Foto: Kulturschnack

Hallo Daniel, was fällt eigentlich alles unter den Begriff „Soziokultur“?


Soziokultur ist ein Überbegriff und relativ schwer zu greifen, denn Soziokultur umfasst alles, was in irgendeiner Art und Weise Gesellschaftliches mit Kulturellem verbindet. Das könnte kulturelle Bildung, Theater, Kunst, Musik oder Kabarett in Verbindung mit gesellschaftskritischen Fragen oder Beteiligungsprojekten sein – gemeinsam mit Menschen aus allen sozialen Schichten. Soziokulturelle Zentren sind wiederum häufig Orte, die vorher eine andere Nutzung hatten. Also beispielsweise ein Bahnhof, eine Lagerhalle, eine Produktionsstätte, welche brach lag und sich dann durch die Soziokultur angeeignet wurde. Das geschieht, um den Ort der Öffentlichkeit zugänglich zu machen und dort Angebote sowie eine Infrastruktur zu schaffen, mit der alle etwas anfangen können und eben nicht nur ein ganz kleiner Teil der Gesellschaft.


Und welche Aufgaben hat der Landesverband Soziokultur Niedersachsen?


Der Verband vertritt die Interessen der Soziokultur auf Landesebene im Auftrag des Landes Niedersachsen. Es geht vor allen Dingen darum, dass wir weiterqualifizieren. Wir beraten im Bereich der GEMA, der Künstlersozialkasse, Buchhaltung, Buchführung oder allgemein des Förderwesens. Außerdem stößt der Landesverband aktuelle Diskurse an, also inhaltliche und gesellschaftliche Fragen auch mal durch Veranstaltungen zu stellen. Ganz wichtig ist außerdem die Vernetzung untereinander und mit anderen Verbänden. So kann Kulturpolitik gemeinsam betrachtet und gemeinsam erarbeitet werden, um Kulturschaffenden im weitesten Sinne alles einfacher zu machen. Besonders das Stellen von Anträgen für Projektgelder.


Weshalb ist die Arbeit des Vereines denn so wichtig?


Logo des Landesverbandes Soziokultur Niedersachsen
Der Landesverband ermöglicht die Berutungen - kostenlos! Logo: Landesverband Soziokultur Niedersachsen

Soziokulturelle Vereine sind in vielen Bereichen zum einen erst mal unterfinanziert. Das ist ein Problem. Mit Kunst und Kultur lässt sich nämlich nur schlecht Geld verdienen. Zum anderen sind es häufig ehrenamtliche Strukturen. Und wenn es hauptamtliche Strukturen gibt, dann sind diese Funktionen häufig überlastet. Wir haben einfach viel zu viel zu tun. Wir engagieren uns, damit die Arbeit für die, die sie umsetzen wollen, viel einfacher wird. Dafür braucht es Geld für konkrete Projekte, aber auch Struktur. Viele soziokulturelle Zentren sitzen beispielsweise in denkmalgeschützten Gebäuden. Da ist die Infrastruktur mal besser, mal schlechter. Hier hinterfragen wir: Wie kann man das erneuern? Wer kann das erneuern? Die Arbeit des Landesverbandes ist unheimlich wichtig, damit man sich mit jemandem austauschen kann, der auch aus der gleichen Branche kommt. Wir ermutigen Menschen, Pionierin oder Pionier auf einem Gebiet zu werden, Projekte zu wagen und Ideen weiterzuspinnen.


Du bist seit Ende letzten Jahres als Berater für den Verband tätig. Wie sieht dein Arbeitsalltag aus?


Mein Arbeitsalltag gliedert sich in drei Teile auf. Der eine ist viel Recherche im Bereich Kulturpolitik. Welche aktuellen Entwicklungen gibt es dort? Welche Themen beschäftigen die Branche derzeit? Und welche Hilfen gibt es? Dann bekomme ich Beratungsanfragen von verschiedenen Einrichtungen oder Kulturschaffenden. Über die muss ich mir auch ein Bild machen. Wer ist das überhaupt? Was machen die? Bei konkreten Anliegen prüfe ich, ob ich das Thema selbst bearbeiten kann oder an andere – vielleicht auch externe – Expertinnen oder Experten weitergebe. Und der dritte Punkt ist die Beratung selbst, die für alle kostenlos ist, die sie in Anspruch nehmen. Mein Beratungsgebiet geht von der niederländischen Grenze bis rüber nach Hamburg. Ich fahre dann entweder in die Zentren, wenn es ein komplexeres Thema ist, oder wir vereinbaren ein Telefonat, ein Meeting und besprechen das dann.


Konnte sich für dich denn schon herauskristallisieren, wo der größte Beratungsbedarf ist, mit dem die Leute auf euch zukommen?


Potraitfoto von Daniel van Lengen, dem neuen Kulturberater des Landesverbandes Soziokultur Niedersachsen mit Büro hier in Oldenburg in der Kulturetage
Im Beratungsgespräch. Foto: Kulturschnack

Es gibt mehrere Aspekte. In den Förderanträgen für die Projekte werden die festangestellten Menschen, die sich um Buchhaltung, Planung, etc. kümmern, selten berücksichtigt. Hier fehlt es an einer institutionellen Förderung, also an Finanzierungen für diese Stellen und die laufenden Kosten der Einrichtungen. Oldenburg macht in dieser Hinsicht allerdings schon ganz viel. Außerdem ist natürlich die Sanierung von alten oder denkmalgeschützten Gebäuden, in denen sich viele soziokulturellen Orte befinden, zu jeder Zeit – aber gerade aktuell – ein großes Problem. Und abschließend sind Generationenwechsel ein wichtiges Thema. Auch im ehrenamtlichen Engagement werden die Menschen älter und müssen ihre Posten an jüngere Menschen abgeben. Gleichzeitig gilt es, Nachwuchs für die Vereinsarbeit zu begeistern. Bei solchen Anfragen helfen wir mit Workshops oder eigenen Veranstaltungen des Landesverbands.


Welche Voraussetzungen müssen denn erfüllt sein, damit ich mich von euch beraten lassen kann? Brauche ich ein fertig ausgegorenes Projekt oder kann ich auch mit einer groben Idee zu euch kommen?


Ich finde es gut, dass du das so sagst. Solange man seine Idee als Projekt bzw. Kulturprojekt denkt, können wir dich schon beraten. Für uns ist natürlich immer wünschenswert, dass es eine Bereicherung für die Gesellschaft ist oder ein gesellschaftspolitisches Thema aufgreift. Wir geben dir dann Impulse für deine Projektidee. Welche Kooperationen könnte man eingehen? Welche Fördermöglichkeiten gibt es? Ist es überhaupt ein soziokulturelles Projekt? Darüber lohnt es sich auf jeden Fall frühzeitig mal zu sprechen.


Du kennst die Arbeit des Landesverbandes aber nicht nur aus Beraterperspektive.


Ich habe den Mehrwert der Beratung der Soziokultur als Leiter eines soziokulturellen Zentrums selbst erfahren. Ich leite aktuell auch das Kulturzentrum „Zollhaus“ in Leer. Und dort bin ich in Coronazeiten auf den Landesverband gestoßen und in engen Kontakt mit meinem Vorgänger Dieter Hinrichs geraten, der uns in so vielen Fragen beraten und Ideen geliefert hat. Dieter hat das Zollhaus bereits vor 30 Jahren intensiv beraten. Wir sind froh, dass wir uns auf diesem Wege „wiedergefunden“ haben, bevor er dieses Jahr in den Ruhestand gegangen ist. Der Verband und Dieter haben uns eine Menge Mut zugesprochen und mit Informationen versorgt. Daher an dieser Stelle noch einmal: Danke Dieter!


Das Zollhaus hat Ende letzten Jahres einen offenen Brief veröffentlicht, in dem ihr an die Menschen appelliert, die Kulturszene wieder mit Ticketkäufen zu unterstützen und Veranstaltungen weiterhin zu besuchen. Wie würdest du die Lage ein paar Monate später einschätzen?


Schwarz weißes Portraitfoto von Marco Hannecken, der einen offenen Brief im Namen des Kultur- und Veranstaltungsortes  Zollhaus Leer veröffentlicht hatte.
Ein schonungsloser Brief. Quelle: Instagram @kulturzentrum_zollhaus_leer

Zu dem Zeitpunkt war die Lage wirklich ganz schwierig, weil die Ticketverkäufe katastrophal waren. Wir mussten Veranstaltungen absagen. Jetzt im neuen Jahr – und ich kann nur für das Zollhaus sprechen – spüren wir tatsächlich den Trend, dass wieder vermehrt Tickets gekauft werden. Wir haben mit vielen Menschen gesprochen, während und nach der Pandemie. Viele haben uns gut zugesprochen und unterstützt, als es nicht mehr möglich war, auf Veranstaltungen zu gehen. Ich bin mir aber nicht sicher, ob die Gesellschaft verstanden hat, wie wichtig es ist, sich zu begegnen, soziale Kontakte zu suchen und zu pflegen. Kultur zu genießen und die Seele baumeln zu lassen. Die Emotionen, die Musik, das Schauspiel oder die Kunst im Allgemeinen lässt uns Mensch sein. Wir müssen wieder lernen, dass es schöner ist, gemeinsam etwas zu unternehmen als Abend für Abend in der eigenen Bude zu hocken. Mein Appell ist also: Geht auf Konzerte und trefft euch wieder.


Was möchtest du uns noch mit auf den Weg geben?


Ich finde es ganz toll, mein Büro hier in der Kulturetage zu haben. Die Kulturetage ist ja für Oldenburg sowieso eins der ersten soziokulturellen Zentren. Auch sie war mal eine alte Fabrik. Und Kulturschaffende haben sie in Richtung kreativ:LABOR erweitert. Das kreativ:LABOR ist auch ein typischer Ort für Soziokultur. Hier kommen Gruppen zusammen, tauschen sich aus, haben die Möglichkeit, sich zu vernetzen.


Also ist der Sitz deines Büros auch stellvertretend für das, wofür ihr euch einsetzt.


Genau richtig.


Danke für das Gespräch!


 

Weitere Infos zum Landesverband Soziokultur Niedersachsen gibt’s hier: http://soziokultur-niedersachsen.de/aktuelles.html


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