DIE BLAUE ZONE
- kulturschnack
- 15. Aug. 2023
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 21. Sept. 2023
Um die Farbe Blau sind viele interessante Redewendungen und Geschichten entstanden - vom Blaumachen über das Blaue vom Himmel bis zum blauen Wunder. Doch mit alledem hat das Kulturfestival „BlueOL“ nichts zu tun. Mit seinem Namen nimmt es Bezug auf bestimmte Regionen der Erde. Wieso und auf welche? Das erklären wir hier.

Das Alter ist absolut. Man fühlt sich mal besser und mal schlechter, aber die Zahlen sprechen eine klare Sprache. Dennoch gibt es global gesehen feine Unterschiede, was das Altern angeht. Nicht überall hat man die gleiche Lebenserwartung - und nicht überall altert man auf dieselbe Weise. Diese Variationen untersuchte der amerikanische Autor Dan Buettner - und benannte im Jahr 2005 fünf Regionen, in denen die Menschen deutlich älter werden als in anderen Teilen der Welt. Zu ihnen gehören die europäischen Inseln Sardinen (Italien) und Ikaria (Griechenland) sowie Loma Linda in Kalifornien, Nicoya in Costa Rica und Okinawa in Japan.
Diese sogenannten „Blue Zones“ sind seitdem Gegenstand vieler Studien und Untersuchungen - schließlich würde sich der Rest der Welt nur allzu gern abgucken, wie man besonders alt wird. Aber warum sind sie eigentlich blau? Das ist überraschend einfach erklärt: Bei ihren Untersuchungen umrahmten die Gruppe um Buettner auf den Landkarten diejenigen Bereiche mit besonders vielen Über-Hundertjährigen mit der Farbe Blau. So ergaben sich: blaue Zonen.
BLUE OL KULTURFESTIVAL 55+
1. - 3. SEPTEMBER 2023
JUGENDHERBERGE OLDENBURG STRAßBURGER STRAßE 6
26123 OLDENBURG
EINTRITT FREI!
Blau machen
Was das alles mit Kultur zu tun hat? So einiges: Denn seit 2019 gibt es in Oldenburg ein Kulturfestival mit dem Namen „BlueOL“ - und es nimmt auf diese blauen Zonen Bezug. Zwar kennt das Team um die Initiatorin Christiane Maaß vom städtischen Kulturbüro keinen Geheimtipp, wie man garantiert eines Tages die „100“ knackt. Dennoch darf man eine Art Jungbrunnen erwarten. Denn es gibt durchaus wichtige Zutaten, die ein hohes Alter wahrscheinlicher machen: Nämlich Inspiration durch Kultur - und das Zusammensein mit anderen.

Das Festival richtet sich in erster Linie an jene, die sich mit ihrem eigenen Alter schon tiefergehend auseinandersetzen, in erster Linie an Menschen ab 55 Jahren. Das heißt: Was gerade auf TikTok trended, wird man bei „BlueOL“ nicht sehen. Stattdessen gibt es es ein Programm aus Musik, Comedy und vielen Workshops, das für die Zielgruppe hoch interessant ist, wie vor allem das zweite „BlueOL“ im Jahre 2021 gezeigt hat.

Das Blaue vom Himmel
Ein deutlicher Schwerpunkt in der Programmplanung liegt bei den Workshops. Sie tragen Namen wie „Bodypercussion-Rhythmusspaß“, „Bewegungstheater kann jeder“ oder „Glückskörper-Körperglück“; sie legen also einen Fokus darauf, selbst aktiv zu werden. Gleiches gilt für das von Peter Maffay (oder Karat) inspirierte Musiktheater „Über sieben Brücken musst du geh'n“. Christiane stimmt zu: “Bei BlueOL geht es um das kreative, mutige Gestalten des eigenen Alters - für diejenigen, die jetzt in den Ruhestand gehen.“
Eine wichtige Rolle nehmen auch die Workshops speziell für Männer ein, etwa die Schreibwerkstatt „Papiertiger“. „Männer haben offensichtlich ein spezielles Kulturbedürfnis“, stellt Christiane fest. Bei der letzten Auflage habe die Frauenquote unter den Teilnehmer:innen bei etwa neunzig Prozent gelegen. Davon habe man sich aber nicht abschrecken, sondern motivieren lassen und neue Angebote gemacht. Mit Erfolg: „Die Nachfrage der Männer ist dieses Mal viel besser!“
Das zeigt nicht zuletzt, dass alle, die Mitmachangeboten eher skeptisch gegenüberstehen, Wege finden können, sich für diese Formate zu begeistern. Zwar wird man an den drei Festivaltagen aus keinem Bewegungsmuffel einen Bühnenstar machen. Es wird also nicht etwa das Blaue vom Himmel versprochen. Immerhin jedoch erhalten alle Menschen aus der Zielgruppe ein interessantes Angebot, dem man zumindest eine Chance geben sollte.
Wobei manche Programmpunkte sogar altersunabhängig interessant sind. Der Comedy-Abend von Marcelini & Oskar etwa bringt auch Leute zum Lachen, die das Berufsleben längst noch nicht abgeschlossen haben; er ist allerdings kostenpflichtig. Auch das Konzert von Heart of Gold am 1. September richtet sich zwar an die Silver Ager, klingt für Jüngere deswegen aber nicht schlecht. Zumal die Songauswahl der Cover-Band einfach gut funktioniert: „Heart of Gold haben letztes Mal tolle Stimmung gemacht“, blickt Christiane zurück. Das habe sogar Folgen gehabt: „Aus dem Auftritt ist der 1. Oldenburger Rockchor hervorgegangen. Das sind vierzig bis sechzig Leute bei jeder Probe!“ Sein erstes Konzert gibt er - passenderweise - im Rahmen von BlueOL.

Viele andere Angebote richten sich tatsächlich dezidiert an die Zielgruppe 55+, für die Workshops benötigt man zudem Anmeldungen. Wir können also nicht unseren üblichen Tipp geben, einfach mal hinzugehen und sich darauf einzulassen. Theoretisch könnte genau das sich aber lohnen. Denn neben den Programmpunkten lässt sich etwas anderes beobachten: Was mit Menschen passiert, die gemeinsam etwas erleben. Und das ist interessant, selbst wenn man nicht direkt zur Zielgruppe gehört.
Das blaue Wunder?
Ein Ort, an dem die Menschen auffällig lange leben, ist Oldenburg leider nicht. Aber vielleicht begeben wir uns auf den Weg dorthin? Wenn immer mehr Menschen - unabhängig vom Alter - entdecken, was ihnen wirklich gut tut, dann wird es zunehmend wahrscheinlicher, dass auch die Lebenserwartung steigt. Und neben geographischen und klimatischen Fragen gehören dazu eindeutig auch: Die Inspiration durch Kultur - und das Zusammensein mit anderen. Insofern wird die Stadt Anfang September dann doch: eine Blaue Zone.


