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KOLUMNE: YAY! DIE KULTUR IST ZURÜCK!

Seit Mitte 2020 schreibt Kulturschnacker Thorsten eine Kolumne für die Spielzeitung des Staatstheaters. Was dieses Mal drin steht? Lest ihr aus der Website des Staatstheaters - ihr hier.


Das Bild zeigt eine Gruppe Balletttänzerinnen
Wunderbare Ästhetik, fantastisches Körpergefühl: Ballet im Staatstheater (Foto: Stephan Walzl)

Was macht eigentlich das Publikum?


Und? Wie geht es Ihnen mit den neuen Freiheiten? Haben Sie schon einen Zweitwohnsitz im Staatstheater beantragt? Begrüßt Sie der Intendant mit einer High-Five? Sind Sie mit dem Garderobenpersonal längst per Du? Oder: gilt nichts von alledem? Das wäre zwar schade, aber mehr als verständlich.


Die neue Normalität ist zwar normal, aber eben auch neu. Man muss sich erst an sie gewöhnen, auch wenn man sie noch von früher kennt. Das ist nicht anders als bei alten Bekannten, die man lange nicht gesehen hat. Auch da heißt es: Erstmal eingrooven.


Zum Glück haben viele Menschen die Gelegenheit ergriffen und sind wieder eingetaucht in die Welt der Bühnen und des Rampenlichts. Darunter natürlich viele eigefleischte Szenekenner, für die all das oben genannte schon lange gilt. Aber erfreulicherweise sind auch viele neue Gesichter unter den Gästen. Menschen, die Kultur paradoxerweise noch mehr schätzen gelernt haben, als sie nicht verfügbar war.


Obwohl ich mich frage: ist das tatsächlich ein Paradoxon? Schließlich sagt man: You don’t know what you’ve got till it’s gone. Du weißt nicht zu schätzen, was du hast – bis es nicht mehr da ist.


Wieder auf Betriebstemperatur


Klar, nicht jede Vorstellung ist ausverkauft. Aber das waren sie früher auch nicht. Wichtiger ist: es herrscht auch keine Leere. Und selbst wenn, dann gähnt sie nicht. Es ist ein spürbares Grundrauschen da, eine zurückgekehrte Lebendigkeit. Zwar ist es oft noch ein Herantasten und Eingewöhnen. Natürlich, wie könnte es auch anders sein?


Aber: die vielen Spielstätten sind wieder auf Betriebstemperatur – und das Publikum allmählich auch. Alles weitere muss wachsen. Zusätzliche Angebote werden offene Lücken schließen. Gewachsene Zuversicht wird leere Plätze füllen.

Schritt für Schritt – oder Sitz für Sitz – werden wir zu der Situation zurückkehren, an die wir uns erinnern, wenn wir denken, dass irgendwas (noch) nicht stimmt.


Dazu tragen alle bei: vor allem die Kulturschaffenden, deren Spiel- und Gestaltungsfreude ansteckender sein kann als jedes Virus. Das beweisen auch die aktuellen Programme von Staatstheater, Laboratorium, Hof/19, wrede+, Kulturetage, Wilhelm13 und all den anderen Häusern, Bühnen und Clubs. Halten Sie die Augen offen oder lesen Sie aufmerksam diese Zeitung – sonst verpassen Sie was!


Wichtig waren – und sind – auch die verschiedenen öffentlichen und privaten Geldgeber, die in den letzten Monaten viele neue Förder-Formate geschaffen haben, was so manches entschärft, erleichtert oder ermöglicht hat. Auch die Stadt Oldenburg hat mit den Strukturbrücken wichtige Hilfe geleistet – so selbstbewusst darf man an dieser Stelle sicher mal sein.


Wenn das Licht ausgeht


Aber: was wäre das alles ohne Sie, liebes Publikum? Wie viel Spaß würde es machen, in leeren Hallen und Sälen zu spielen? Wie viel Sinn würde es ergeben, so etwas zu fördern?


Nein, ohne Menschen, die zusehen und zuhören, die still genießen oder laut mitsingen, geht es einfach nicht. Sie sind elementare Bestandteile des ganzen Spektakels – nicht wegzudenken, ohne dass der Rest seinen Sinn verlöre.


Deshalb sind wir alle dankbar – und ich denke hier mal die Szene mit – dass so viele schon wieder mit dabei sind. Und deshalb hoffe ich, dass meine Eingangsfragen das nächste Mal einen Hauch weniger absurd erscheinen. Vielleicht wird man nicht gleich ein Stammgast mit Namensplakette am Lieblingssitz. Aber wenn man ab und zu wieder in einem Saal sitzt, wenn das Licht ausgeht, dann wäre das viel wert. Vor allem: für Sie selbst. Also: Sehen wir uns? Gerne auch mit High-Five und per Du.


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