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EIN GANZ NORMALER TAG?

„Was machen wir eigentlich zum Diversity Day?" - Diese Frage ist bei den Redaktionsmeetings des Kulturschnack nicht gestellt worden. Warum eigentlich nicht? Unaufmerksamkeit? Desinteresse? Ignoranz? Oder steckt etwas anderes dahinter? Ihr ahnt es: Genau das ist der Fall.


Eine Zeichnung mit vielen unterschiedlichen Gesichtern
Ganz normal: Erst durch die vielen Unterschiede ergibt sich ein stimmiger Gesamteindruck (Bild: Shutterstock)

Ende Mai bricht in vielen deutschen Marketingabteilungen leichte Hektik aus: „Was machen wir eigentlich zum Diversity Day?“. Alle, die irgendwie open-minded und auf keinen Fall outdated wirken wollen, denken sich öffentlichkeitswirksame Aktionen aus, mit denen sie demonstrieren, wie tolerant und integrativ sie sind. Das ist wunderbar, solange eine Ernsthaftigkeit dahintersteckt, die über den Tag hinausgeht. Diversity ist schließlich kein Marketing Stunt, sondern einen Haltung.


Aber warum gab es am 31. Mai keine große Aktion vom Kulturschnack? Wo bleiben Konfetti und Fanfaren, mit denen wir Diversität feiern? Ganz einfach: Weil wir die Szene in Szene setzen, nicht uns selbst. Und sie, diese Szene, lebt und feiert Diversität besser als wir es je könnten. Der gestrige Artikel „We can be Sheroes“ ist vielleicht der beste Beweis.



Alltag als Optimum


Wir stellen immer wieder fest: Die Kultur ist in vielen großen Fragen unseres Zusammenlebens weiter als die Gesamtgesellschaft. Kein Wunder: Kunst ist eine Anziehungspunkt für innovative, neugierige, kreative, progressive Menschen. Die Welt kann für sie gar nicht groß und abwechslungsreich genug sein. Diversität gehört für sie deshalb nicht nur zu den Stoffen für das nächste Stück, nicht nur zu den Themen für den nächsten Social Media Post. Diversität gehört für die Kultur zu ihrem Alltag. Und was hier jetzt ganz klein klingt, ist in Wahrheit das genaue Gegenteil, nämlich das Größte.


Banner zum German Diversity Day
Feierte 2022 sein 10-jähriges Jubiläum: Der German Diversity Day (Bild: Charta der Vielfalt e.V.)

Aber machen wir uns nichts vor: Wir sollten - und müssen - das Thema Diversität noch weiterhin offensiv bespielen. Nicht zuletzt deswegen gibt es entgegen aller Beteuerungen unsererseits nun doch diesen Artikel. Und deswegen begrüßen wir jede einzelne Aktion einer Marketingabteilung, die gestern gelaufen ist. Aber: Wenn wir uns vorstellen, wohin wir wollen, was also als Ergebnis als dieser Posts und Postulate stein soll - dann ist es eine Welt, die unsere Kultur jetzt schon lebt.


Erst gestern haben wir im besagten „Sheroes“-Artikel geschrieben, dass die Kultur gesellschaftliche Normen und Konventionen gerne hinterfragt. Und wir haben angedeutet, dass sie dabei häufig richtig liegt. Das Thema Diversität ist ein weiteres Beispiel dafür, und zwar für beides.

Wenn man so will, dann ist die Kulturszene in vielen Bereichen eine Utopie, die von der Restgesellschaft erst noch erreicht werden will. Die Akteure sind gewissermaßen Pioniere, denen es sich zu folgen lohnt. Denn eines ist sicher: Sie haben sich Gedanken zu Fragen gemacht, die sich viele andere nicht einmal gestellt haben. Und sie sind zu Antworten gelangt.



Bühne frei für die Szene


Zu viele Lorbeeren? Mag sein. Gelegentlich neigen wir zu Übertreibungen. Aber es bleibt dabei: Die Kultur wirkt im Vergleich zu unserer gesamten Gesellschaft wie eine Ausnahmeerscheinung. Aber das vor allem deshalb, weil sie sich zu leben traut, wozu viele andere noch nicht bereit sind. Weil sie bei vielen inhaltlichen Themen schlicht weiter ist als der „Rest“.


Genau deshalb gab es auch keine bunte Aktion vom Kulturschnack zum Diversity Day, sondern einfach nur einen Artikel, der dieses Thema streift. Mit der Kultur bewegen wir uns in einer Welt, die Diversität bereits lebt, schätzt und feiert. Und die ihrerseits genau weiß, wie man dieses Thema bespielt und inszeniert. Deshalb: Bühne frei für die Szene - wir halten uns zurück. Bis auf diesen Text.


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