STAATSAKT #8: DER RÜCKBLICK
- kulturschnack
- 8. Juli
- 8 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 11. Sept.
Das Oldenburgische Staatstheater ist das Flaggschiff der Oldenburger Kulturlandschaft. Sein Output allein würde unsere Stadt schon zu einer Theatermetropole machen. Um halbwegs den Überblick zu behalten, gibt es nun den Kulturschnack Staatsakt. Hier treffen wir uns mit den Akteur:innen und sprechen mit ihnen über Premieren, Projekte, Persönliches. Das ist Theater - im Rampenlicht und hinter den Kulissen!

„Vorhang zu!“: So heißt die traditionelle Abschlussveranstaltung am Ende einer jeden Spielzeit am Oldenburgischen Staatstheater. Am 6. Juli fiel dieser Vorhang tatsächlich ein letztes Mal, seither befindet sich das Haus in der kollektiven Sommerpause. Heißt es deshalb auch für den Staatsakt hitzefrei?
Nein, wir haben uns mit dem Generalintendanten Georg Heckel getroffen, um seine erste Spielzeit Revue passieren zu lassen. Schließlich gelten diese personellen Wechsel an der Spitze als besonders aufregend, anstrengend und anspruchsvoll. Wie haben das Oldenburgische Staatstheater und seine Leitung die letzten zwölf Monate erlebt? Was waren die Highlights, gab es Überraschungen, was kommt als nächstes? Im KULTURSCHNACK STAATSAKT NR. 8 hat uns Georg Heckel diese Fragen - und noch einige mehr - beantwortet.
A C H T E R
S T A A T S A K T
E R S T E R A U F T R I T T
Eine Theaterbühne zur Mittagszeit. Kurz vor der Sommerpause findet ausnahmsweise keine Probe statt, dennoch werkeln einige Mitarbeiter:innen hinter den Kulissen: Das große Abschlusswochenende der Spielzeit steht kurz bevor. Zwei Kulturredakteure testen und verwerfen einige Orte für ein Gespräch mit dem Intendanten, bringen schließlich aber ihre Kameras in Position. Es kann losgehen.

GEORG (in den Saal kommend) Ach, da oben seit ihr schon!
THORSTEN Ja, wir dachten, wenn wir schon mal auf die Bühne können, lassen wir uns das nicht entgehen! Vielleicht wartet hier noch eine Karriere auf uns...
GEORG Alles klar, ich komme zu euch hoch!
(Georg klettert gekonnt auf die Bühne, letzte Details werden besprochen, dann beginnt das Gespräch.)
THORSTEN Georg, deine erste Spielzeit als Intendant des Oldenbrgischen Staatstheaters liegt hinter dir. Was überwiegt jetzt am Ende? Ist es Stolz? Erschöpfung? Oder etwas ganz anderes?
GEORG Das ist jetzt schon gleich zum Start eine der schwersten Fragen, die du mir stellen kannst. (lacht) Tatsächlich ist es Erschöpfung, die liegt über allem, überhaupt keine Frage. Geändert hat sich das aber heute Morgen, als wir die Generalprobe für „Vorhang zu!“ hatten. Plötzlich sind die Bilder wieder da, die Musik und die Texte und die Eröffnungspremieren. Alles ist plötzlich wieder lebendig. Mit anderen Worten: Man springt ein Jahr zurück. Dann ist plötzlich totales Glück.

THORSTEN Die nächste Frage wird vermutlich nicht einfacher. (lacht) Was war denn dein persönliches künstlerisches Highlight im letzten Jahr?
GEORG Eigentlich kann man das nicht beantworten, schließlich gibt es unendlich viele Highlights. Und es gab tatsächlich sehr, sehr viele glückliche Produktionen. Also auch für mich ganz beglückend, weil so ungewöhnlich. Aber für mich waren tatsächlich die 16. Internationalen Tanztage ein Highlight, weil ich bisher an noch keinem Theater so ein Einzelereignis hatte. Alles passte perfekt: Die vielen internationalen Compangnien, die unterschiedlichen Stile und die große Begeisterung der Oldenburger:innen. Das in zehn Tagen wirklich zu fluten, das hat mich wirklich geflasht. Die Antwort lautet also: Tanztage.
Ein Highlight der Spielzeit: Die Internationalen Tanztage Oldenburg konnten auch den eigenen Intendanten begeistern. (Bilder: Stephan Walzl)
THORSTEN Die finde ich auch mega. Ich hatte früher gar keinen Bezug zum Ballett, das kam erst durch die Tanztage. Ein tolles Format. Du hast erwähnt, dass es so etwas an deinen vorherigen Stationen nicht gab. Was war denn für dich der größte Unterschied zu deiner Zeit in Detmold?
GEORG Du hast dir echt gute Fragen überlegt. (lacht) Das ist natürlich die Struktur. Demold ist Europas größte Reisebühne, hier arbeitet man stationär. Dadurch hatte ich das Gefühl, ich komme viel näher an die Produktionen ran.
Ich bin zwar immer noch nicht da, wo ich gerne hinmöchte, weil ein erstes Jahr immer so maximal beanspruchend ist. Aber ich spüre, dass ich hier zu allen Sparten und zu den Produktion der Sparten wieder mehr Nähe haben werde. Und das ist sehr, sehr schön.

THORSTEN Du musstest ja damals zwangsläufig die erste Spielzeit aus der Ferne planen. Gibt es irgendeine Hoffnung oder Erwartung, die im Nachhinein voll aufgegangen ist?
GEORG So einen Spielplan baut man ja aus vielen Schichten und mit vielen Facetten. Und man weiß vorher nicht, wie ein Publikum wirklich auf Neues reagieren wird. Und Neues heißt ja Veränderung, man muss sich von seinem gewohnten und angestammten Platz auch innerlich etwas entfernen.
Ich war begeistert, dass die Oldenburger:innen sich nicht nur begeisterungsfähig, sondern sogar begeisterungslustig gezeigt haben. Sie hatten tatsächlich Lust darauf, sich auf viel Neues einzulassen. Das fand ich großartig! Im Vorfeld war das eigentlich meine größte Sorge und die hat sich komplett in Luft aufgelöst.
THORSTEN Gab es auch etwas, von dem du sagen würdest: Das hat gar nicht geklappt?
GEORG Das gab es bestimmt. Da müsste ich jetzt ein bisschen näher drüber nachdenken, aber ich würde bestimmt nicht mit dir drüber reden. (lacht)
THORSTEN Wenn du jetzt mal auf dich selbst schaust: Wie fühlst du dich inzwischen? Als wir im letzten Sommer gesprochen haben, warst du eindeutig noch Gast in Oldenburg, schließlich warst du gerade erst angekommen. Wie ist es jetzt: Fühlst du dich schon als Oldenburger?
GEORG Ein Gast bin ich ganz sicherlich nicht mehr. Die große Offenheit der Menschen und der rege Kontakt mit ihnen haben dazu beigetragen, dass wir hier erstaunlich schnell angekommen sind; auch meine Familie. Für mich selbst ist zwar das Theater der Lebensmittelpunkt, aber ich habe immer die Augen offen gehalten für Ereignisse, bei denen ich gerne dabei bin. Das wirkliche Ankommen dauert allerdings länger als nur ein Jahr.
Bunte Vielfalt: Das Theaterjahr 2024/2025 bit eine enorme Abwechslung und stieß beim Oldenburger Publikum auf großes Interesse. (Bilder: Stephan Walzl)
THORSTEN Zum Glück hast du ja noch ein paar vor dir. (lacht) Damals habe ich dich auch gefragt, ob du schon einen Lieblingsort gefunden hast und du hast ein Café in der Innenstadt genannt. Ist es dabei geblieben oder hast du neue Entdeckungen gemacht?
GEORG Tatsächlich habe ich es nicht oft in dorthin geschafft. Ich mag die Innenstadt und vor allen Dingen diese eine Café. Wahrscheinlich war ich nicht öfter als vier Mal dort - aber immerhin!

THORSTEN Sagen wir mal so: Du arbeitest relativ viel. Dazu gehört es ja auch, dass ihr im laufenden Betrieb die nächste Spielzeit planen müsst. Das Programm habt ihr schon im Mai vorgestellt. Wie fühlt es sich eigentlich an, während man die einen Premieren noch feiert, die nächsten schon zu planen? Kann man die Spielzeiten noch auseinanderhalten?
GEORG Ja, kann man. Aber du hast Recht, das ist verwirrend für den Kopf, Und ich muss dich sogar noch korrigieren: Wir planen nicht die nächste, sondern der übernächste Spielzeit - und perspektivisch auch schon die Zeit danach. Dieser Prozess ist tatsächlich sehr verdichtet. Und in dieser ersten Spielzeit galt das noch mehr, wir mussten wir uns eigentlich selbst überholen. Das Team musste aufgebaut werden, das Programm auf die entsprechenden Darstellenden und mit den Werkstätten abgestimmt werden. Dann ging man gerade so rechtzeitig in die Spielzeit. Es galt also, den Apparat zu beherrschen lernen und gleichzeitig zwei weitere Spielzeiten vorzubereiten. Aber das ist dann der normale Rhythmus.

THORSTEN Wenn ihr so eine Spielzeit plant, guckt man da eigentlich nur auf seine eigene künstlerische Vision oder schaut man auch auf das Publikum und richtet sich nach dessen Vorlieben?
GEORG Die künstlerische Vision und die Orientierung am Publikum sind kein Widerspruch. Man spielt ja für das Publikum, das ist das A und O. Aber natürlich gibt es ganz viele Ebenen.
Man schaut in die Welt und versucht zu spüren, was sie bewegt und dann gilt es, daraus eine Essenz oder einen Mix herauszufühlen, die bzw. der auch in zwei Jahren noch Bestand hat, wenn sich das Ganze realisiert.

THORSTEN Kann man sagen, dass bestimmte Dinge beim Oldenburger Publikum sehr gut ankommen und andere weniger gut? Oder lässt sich da keine pauschale Behauptung aufstellen?
GEORG Nein, pauschal geht das gar nicht. Auf der einen Seite kommt eine sehr ambitionierte, manchmal auch politisch diskutierbare Version wahnsinnig gut an, ein anderer Teil liebt es, im allerbesten Sinne unterhalten zu werden und zu lachen. Es gibt ein schönes, großes, breites Spektrum.
Am Anfang haben wir uns gefragt, wie breit sie sich fangen lassen, die Oldenburger:innen, Und die Antwort war: Sie lassen sich super breit fangen. Insofern versuchen wir so breit wie möglich zu bleiben.
THORSTEN Bleiben wir bei der nächsten Spielzeit. Gibt es etwas, auf das du dich da schon besonders freust? Irgendein Experiment, irgendein großes Ereignis oder vielleicht auch etwas ganz kleines?
GEORG Zum einen die Begegnungsformate. Das ist ja tatsächlich unser sparten Übergrafen, das Thema unter diesem kleinen Pfeil gegenüber. Da bin ich tatsächlich sehr gespannt, was dann wirklich Nahkontakte uns Neues erzählen. Und ansonsten tatsächlich wieder das ganze Programm. Da gibt es einfach viel Schönes.

THORSTEN Jetzt ist aber erst mal Sommerpause angesagt, auch für dich. Was schätzt du, wie viele Tage wirst du nicht an das Oldenburgische Staatstheater denken?
GEORG Null. Un wenn du jetzt nach 24 Stunden fragst,, kann ich dir jauch sicher sagen, Null. Aber das ist normal, du lebst Theater. Das gilt auch für alle, die hier Theater machen, unterstelle ich jetzt mal. Das ist eben eine Leidenschaft, mehr als ein Beruf.
THORSTEN Das merkt man dir auch an. Apropos: Was machst du denn am 30. und 31. August?
GEORG Da geht hier im Staatstheater der Vorhang wieder auf und darauf freue ich mich jetzt schon! Wir zeigen vieles von dem, was im Laufe der nächsten Spielzeit auf unseren Bühnen zu sehen sein wird. Ich hoffe, wir sehen uns dann?
THORSTEN UND KEVIN (gleichzeitig) Auf jeden Fall!!





























