Bestandsaufnahme: Die 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen. 16 Jugendliche. Ein Papiertheater. Wie das zusammenpasst? Thomas Robbers hat es uns verraten.
ICH SPIELE KEINE ROLLE - ODER DOCH? EINE AUSSTELLUNG DES SOCIAL LAND ART PROJECT E.V. BIS ZUM 27.01.2023 SCHLAUES HAUS OLDENBURG SCHLOSSPLATZ 16 26122 OLDENBURG
Welche Rolle spiele ich in meinem Leben? Welche in dem anderer? Und wie wirke ich auf die Welt da draußen? Diese Fragen zählen zu den ganz großen, die man sich mit dem Erwachsenwerden (und seien wir doch mal ehrlich, auch viel später noch) stellt.
Schülerinnen und Schüler des Oldenburger Landesbildungszentrum für Hörgeschädigte haben sich diesen Fragen angenommen – und sie gemeinsam mit den 17 Nachhaltigkeitszielen der UN in ein Theaterstück umgewandelt. Diese haben die Vereinten Nationen aufgestellt, um für eine bessere Zukunft zu sorgen und bestehen aus sozialen, ökonomischen und ökologischen Aspekten. In insgesamt drei Geschichten behandeln die Schülerinnen und Schüler – anhand ihrer eigenen Erfahrungen –, wie sie die aktuelle Lage um Menschenrechte, Vorurteile und Gleichstellung wahrnehmen.
Schwierige Umstände – effektive Lösung
Initiiert wurde das Projekt vom SLAP e.V., was für Social Land Art Project steht. Der Verein fördert seit 1999 Projekte im Bereich kulturelle Bildung, um allen Menschen den Zugang zu Kunst und Kultur zu ermöglichen. Thomas Robbers ist seit Jahren bei SLAP tätig und hat das Theaterstück gemeinsam mit zwei Kolleginnen und den Jugendlichen auf die Beine gestellt. Er ist von der Arbeit der Schülerinnen und Schüler immer noch schwer begeistert. „Es war eine tolle Klasse und es hat unglaublich viel Spaß gemacht“, schwärmt er.
Dabei waren die Umstände anfangs nicht allzu freundlich zu dem Projektteam.
Wegen der Pandemie und ihrer Einschränkungen war es der Klasse nicht möglich, ihre Werke auf die Theaterbühne zu bringen. Zum Glück macht Not ja bekanntlich erfinderisch. Die 16 Jugendlichen der neunten Klasse haben stattdessen kurzerhand ein Papiertheaterstück entwickelt. Noch nie davon gehört?
Drei Geschichten, ein Theaterstück
„Papiertheater war im Grunde der Vorläufer vom Fernsehen“, berichtet Thomas. Es wurde im 19. Jahrhundert als Gesamtpaket angeboten und brachte das Theatererlebnis in erschwinglicher Form nach Hause. Bühne, Charaktere und Kulissen – alles wurde aus Papier gefertigt. In Familien wurden hingegen Eltern zu Puppenspielern und Erzählerinnen, während die Kinder die Rolle des Publikums einnahmen.
Thomas weiß, wovon er spricht: Neben seiner Arbeit für den Verein SLAP arbeitet er sowohl seit langem als Grafikdesigner und ist darüber hinaus auch Lehrbeauftragter für Kunst und Kultur an der Uni Oldenburg. Für ihn hat das Papiertheater einen entscheidenden Vorteil: „Es ist sehr vielfältig. Die Jugendlichen müssen ein Drehbuch schreiben, die Bühne bauen, die Figuren zeichnen.“ Perfekt also für die Arbeit während einer Pandemie, in der selten gleichzeitiges Arbeiten für die Jugendlichen möglich war.
So entstanden drei Geschichten, die unter dem Titel „Ich spiele keine Rolle – oder doch?“ zusammengefügt wurden. Die Stücke wurden schließlich abgefilmt sowie zusammengeschnitten und werden den Mitschülerinnen und Mitschülern des Landesbildungszentrums am Ende des Halbjahres sogar präsentiert. Seit Anfang des Jahres stellt außerdem auch das Schlaue Haus die Filme aus. Doch die Darstellungsform ist nicht der einzige Bereich, der sich bestens für das Projekt eignete.
Missverständnisse und Freiräume
Das zentrale Leitthema des Stücks – die 17 Nachhaltigkeitsziele – war ebenfalls mit einer Menge Vorbedacht für die Jugendlichen mit Hörschädigungen ausgewählt worden. „Es sind Punkte, die die Schülerinnen und Schüler extrem betreffen“, weiß Thomas. Auch ihre eigenen Erfahrungen mit einer Welt, die nicht immer verständnisvoll auf sie reagiert, haben die Jugendlichen daher in die Geschichten einfließen lassen. „Ein Stück handelt beispielsweise davon, dass ein neuer Schüler in die Klasse kommt. Diese weiß nichts von seiner Hörschädigung und es kommt zu Verständnisproblemen. Bis die Lehrerin ihn schließlich missversteht und vom Unterricht suspendiert“, berichtet der Kunstpädagoge.
Dass SLAP ausgerechnet mit dem Landesbildungszentrum für Hörgeschädigte zusammenarbeitet, ist ebenfalls kein Zufall. „Schulen wie diese bieten die nötigen Freiräume für unsere Projekte“, verrät Thomas. An Gymnasien sei eine Kooperation beispielsweise eher schwierig, weil dort strenge Vorgaben bezüglich der Lehrpläne herrschten.
Eine Frage des Zutrauens
Für Thomas ist das Projekt bereits ein voller Erfolg. Und er zieht auch persönliche Erfüllung aus der Arbeit mit den Schülerinnen und Schülern.
„Ich mag es unglaublich gerne, mit den Jugendlichen Werke zu produzieren, die ihnen Außenstehende nicht zutrauen“, verrät er schmunzelnd.
Wer sich selbst einen Eindruck davon machen möchte, wie die Schülerinnen und Schüler die Welt, ihren Platz darin sowie die Rolle der Nachhaltigkeitsziele der UN wahrnehmen, kann das noch bis zum 27. Januar 2023 im Schlauen Haus tun.
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