Es ist wahrscheinlich der Traum einer jeden Künstlerin und eines jeden Künstlers. Man beginnt seine Karriere, steht ganz am Anfang und doch passiert es: man wird von den richtigen Menschen gesehen, entdeckt und gefördert. Denn mit seinem Werk in einer immer schneller werdenden Welt überhaupt noch Gehör zu finden, das wird immer schwieriger. Johanna Raabe ist genau das passiert und gelungen, denn Sie ist die diesjährige Gewinnerin des Förderpreises der Kulturstiftung Öffentliche Oldenburg.
JOHANNA RAABE
AUSSTELLUNG ZUM FÖRDERPREIS MALEREI 2022
KULTURSTIFTUNG ÖFFENTLICHE OLDENBURG
BIS 11. SEPTEMBER DI - SO 10:00 - 18:00 UHR
LANDESMUSEUM OLDENBURG OLDENBURGER SCHLOSS
SCHLOSSPLATZ 1 26122 OLDENBURG
Besser kann es einfach nicht laufen. Da hat man gerade erst seine Karriere als Künstlerin so richtig begonnen, schon existiert sie: die eigene, große Ausstellung. Im wortwörtlichen Sinne hat sie damit direkt die Spitze Oldenburgs erklommen, denn zu finden sind ihre Werke im Dachgeschoss des Oldenburger Schlosses, mit Blick über den Schlossplatz und die Innenstadt, im Landesmuseum für Kunst- und Kulturgeschichte Oldenburg.
Schon bei der Gestaltung der Broschüre zur Ausstellung und den Plakaten fällt auf: hier wird mit minimalistischen Mitteln, große Wirkung erzielt. Denn es sind nicht viel mehr als einige, schwarze Farblinien eines größeren Ganzen sowie der Name der Künstlerin: Johanna Raabe. Doch das reicht völlig um den Gedanken auszulösen: Was hat es damit auf sich?
Dabei steht die erst 21-jährige Preisträgerin noch ganz am Anfang ihrer künstlerischen Ausbildung und beeindruckte die Jury aber trotzdem schon mit ihrer außergewöhnlich qualitätsvollen Bewerbung. Ihr Kunststudium hat sie gerade erst in Dresden begonnen, kann aber schon jetzt ein beachtliches künstlerisches Portfolio vorlegen. Beste Voraussetzungen für die Zukunft.
Viele Wege führen zur Kunst
Auch wie unterschiedlich die persönlichen Wege sind, hin zu der Entscheidung sein Leben der Kunst zu widmen, zeigt der Lebenslauf von Johanna ganz gut. Denn entgegen der Vorstellung und den Klischees, die man vielleicht haben mag, dass alle Künstlerinnen und Künstler als solche geboren werden und ihr Leben lang wissen, dass sie zu nichts anderem als der Kunst bestimmt sind, entschied sich Raabe erst recht spontan nach ihrem Abitur für den Weg einer professionellen Künstlerin, auch wenn sie schon seit ihrer frühen Kindheit viel zeichnete. Doch ein professioneller Kurs an einer Kunstschule oder dergleichen? Das hieß es bis dato: Fehlanzeige.
WAS ES MIT DEM PREIS AUF SICH HAT ... Der Förderpreis der Kulturstiftung der Öffentlichen Oldenburg war 2022 für die Sparte Malerei ausgeschrieben. Die Kulturstiftung hat den mit 8.000 Euro dotierten Preis vor nunmehr 20 Jahren erstmals vergeben, um noch nicht arrivierte und abgesicherte junge Künstler ausfindig zu machen und junge künstlerische Positionen, die nicht Bekanntes umspielen, sondern neues Terrain suchen, zu präsentieren. Der Preis soll junge Künstler der Region zu künstlerischer Innovation ermutigen. Er ist damit nicht zuletzt auch Werbung für die „Kunstregion Oldenburger Land“. Der Preis wird alternierend für die Sparten Malerei, Fotografie und Skulptur/Installation ausgeschrieben. |
Doch nach ihrer gefällten Entscheidung führte sie ihr Weg nach Meersburg an den Bodensee, wo sie ihr Vorstudium in Kunst und Gestaltung absolvierte. Inspiriert von einer ihrer Dozentinnen, entdeckte Johanna Raabe mit der Zeichenkohle eine völlig neue Form des Ausdrucks für sich, die sich jetzt bereits in der Ausstellung wiederfindet. Beim Besuch der Ausstellung ist es absolut beeindruckend, wie routiniert und erfahren die Gestaltung der zu sehenden Portraitzeichnungen wirkt. Denn obwohl die einzelnen Linien, das Grobe der Kohle immer erkennbar bleibt, ist in den Gesichtern die dargestellten Menschen trotzdem eine wahnsinnige Tiefe zu erkennen. Als hätte sie es geschafft, mit jedem Strich auch ein wenig über das Leben jedes einzelnen zu erzählen. Wer war diese Person, was hat sie erlebt?
Die Linie
Hier zeigt sich auch eines der, wenn nicht sogar das absolut prägende Element der gesamten Ausstellung, das schon wie zu Beginn dieses Artikels erwähnt, selbst beim Plakat und der Broschüre zu erkennen ist: es ist schlichtweg die Linie.
Denn die Ausstellung zeigt ganz unterschiedliche Arbeiten, Ansätze und Reihen in den einzelnen Räumen des Dachgeschosses, wie zum Beispiel auch abstrahierte Waldlandschaften und Industriegebiete, die mehr als gelungen eine ästhetische Transformation der Wirklichkeit in künstlerische Kompositionen bewerkstelligen. Für Besucherinnen und Besucher bedeutet das: auch wenn das eigene Auge alles andere als ein klassisches Abbild eines beispielsweise Industriegebietes zu sehen bekommt, bleibt doch faszinierenderweise bleibt das Industriegebiet trotzdem zu erkennen und das was man sieht fühlt sich vor allem auch nach Industriegebiet an. Auch hier schafft sie es also wieder mit Hilfe der Art und Weise ihrer Linienführung eine eigentlich abstrakte Darstellung so wirken so zu lassen, dass man beinahe glauben möchte, ihre Version der Realität sei die authentischere und käme der eigentlichen Sache viel näher.
Lasst euch also auch entlang Johanna Raabes ganz persönlicher Linienführung durch die Ausstellung geleiten und entdeckt die künstlerische Welt eines jungen Ausnahmetalents, von dem wir sicherlich noch in Zukunft wieder hören - und hier lesen - werden.
Comments